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„Gier frisst Hirn“-Methode
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Man erhält eine E-Mail, in der ein/e Prominente/r von seinen vermeintlich super leichten Gewinnen rund um Kryptowährungen erzählt und dass es eine Schande sei, dass dies der breiten Mehrheit vorenthalten bleibt.
Es gibt allerlei differenzierte Rezensionen zu dem Anbieter, die meisten (und insbesondere die der „Fachleute“) sind -wen wundert’s?- natürlich positiv.
Hier sei bereits erwähnt, dass das alles schon Fake ist.
Man wird auf eine weitere Seite gelotst, die einem vorgaukelt, dass es nur noch begrenzt Plätze auf der Gewinnerstraße gibt und nicht mehr viel Zeit bleibt, um einzusteigen.
Die Dollarzeichen in den Augen des Ahnungslosen leuchten bereits und die Mindesteinlage von 250,- € sind ratzi-fatzi eingezahlt.
Man muss die Kopie des Personalausweises, eine Stromrechnung und am besten auch eine Kopie der Kreditkarte (natürlich an den wichtigen Stellen geschwärzt) einreichen, weil das Ganze ja einen seriösen Eindruck machen soll.
„Heute noch ruft Sie ein Broker an, wenn Ihnen das recht ist. Und damit Sie wissen, dass derjenige auch wirklich einer von uns ist, sagen Sie mir ein Kennwort. Nur, wenn er dieses Kennwort kennt, können Sie ihm vertrauen, denn es treiben sich ja doch auch Kriminelle da draußen rum…!“
Es geschah wie angekündigt und die Brokerin kannte wie aus der Pistole geschossen den Namen meines Katerchens .
Fortan telefonierten wir mehrmals wöchentlich und ich bekam Zugangsdaten zu der Börsenseite „Digital Currency Market“ (lauter grüne und rote Kerzen auf schwarzem Hintergrund -wow- da fühlt man sich doch gleich wie an der Wallstreet, zumal bei den Telefonaten eine „die-Broker-überschlagen-sich“-Geräuschkulisse zu hören war).
Für einen kurzen Moment blitzte in meinen Gedanken auch tatsächlich Leo Di Caprios schelmig-verschmitztes Lächeln auf… und verschwand auch wieder.
Wir handelten zunächst mit Währungspaaren: € → US$,
NZ$ → JPY usw. und ich staunte über eine Welt, die mir bis dahin völlig fremd war.
Aber die Brokerin, mit auffällig osteuropäischen Akzent, erklärte mir alles geduldig und mit eindruckmachenden Fachbegriffen (komplementäre Kommunikation).
Aus meinen 250,- € wurden sehr schnell 1.700,- und auch der letzte Zweifel an der Seriosität verflüchtigte sich und machte der Illusion vom schnellen Geld Platz.
Wir schreiben März 2021 und der BTC-Wert nimmt Fahrt auf.
„Also jetzt liegt es wirklich in Ihrer Hand Frau xxx, je mehr Sie investieren, um so größer der Gewinn. Heute erst hatten wir Teambesprechung und dem Bitcoin werden Zuwächse von 50 - 70% zugetraut. Sie sollten nicht zu lange zögern!“
Natürlich nicht!! , denkt der Ahnungslose. Ich bin ja schließlich schon 3 Wochen dabei, klar, dass es jetzt so richtig losgeht.
Schnell mal eben mit der Unterstützung eines Remoteprogramms die Broker-Lady mitgucken lassen und zack eine nicht unerhebliche Summe bei Kraken in Bitcoin getauscht. Die Lady verschiebt sie wieder auf die o.g. „Börse“ und die Ahnungslose wähnt sich schon im Bikini in der Südsee…
So geht das eine Weile, der Tweet des Elon Musk gibt seins dazu und die Gewinne steigen, weil auch meine Investitionsfreude steigt.
Dann kommt der findige Kraken Mitarbeiter ins Spiel, der mich in fast einwandfreiem Deutsch darauf hinweist, dass ich da offensichtlich irgendeinem Scam auf den Leim gegangen sei und dass sie das durch strengere Kontrollen bei mehreren Konten festgestellt hätten.
Oh Schreck, oh Graus, geht es mir durch den Kopf… was nun?
„Wenn Sie die gleiche Summe nochmals auf Ihr Krakenkonto überweisen, quasi als Sicherheit, dass Sie keine Geldwäscherin sind, überweisen wir Ihnen das gesamte Geld binnen weniger Stunden zurück. Plus den Gewinn, den Sie auf der anderen Börse gemacht haben.“
Häää?, denke ich. Woher weiß der das denn??
Vielleicht kennt das hier jemand, wenn einem in einem Bruchteil einer Sekunde plötzlich ALLES klar wird und kein Funken Illusion mehr bleibt?!
Kein Bikini, keine Südsee… nur noch das Gefühl, als müsste man permanent kotzen!
Ich habe dann, aus der Schockstarre erwacht, den Krakensupport angeschrieben, die haben mir 3-4 gezielte Fragen gestellt und mich dann höflich darauf hingewiesen, dass es sich um Scam handelt. Außerdem haben Sie keine deutschsprachigen MA und sie würden mir nur wenig Hoffnung machen, das Geld je wiederzusehen.
Die Technik der Blockchain muss ich hier ja niemandem erklären.
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Polizei eingeschaltet. Nach 3 Monaten nachgefragt. „Ja, ihre Anzeige ist hier eingegangen. Da ist wohl von europaweiter, organisierter Kriminalität auszugehen. Sie hören dann von uns.“
Okay…
Die Börsenseite gibt es mittlerweile nicht mehr, die Namen und die Telefonnummern alle erfunden, alles weg, alles gelöscht.
Wie meine Kohle.
Der Rechtsanwalt kämpft noch mit der Rechtsschutzversicherung. Das ist jedenfalls kostenlos.
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Das Gute daran: als ich stutzig wurde, ob es einen deutschsprachigen Support bei Kraken gibt und im Netz rumgesucht habe, bin ich auf dieses Forum gestoßen.
Wenn das mal kein Glück war!?!