Du meinst wahrscheinlich, dass es sich erst ab einem gewissen Betrag lohnt, Geld auf den second Layer zu bringen. Der second layer selbst lohnt sich, aber eben nicht für jeden.
Ich wollte da eh mal was zu schreiben, weil das was @BlackMirrus in diesem Thread anspricht, sind ja vor allem Kommunikationsdefizite der Bitcoiner gegenüber der No-/Pre-/Freshcoiner. Das mache ich mal hier im Thread, weil es ganz gut passt.
Deine (@BlackMirrus) Kritik ist daher durchaus in Teilen berechtigt. Einige Narrative werden in einem Umfeld hoher Transaktionsgebühren nicht mehr haltbar sein, und die Bitcoin Community muss ihre Aufklärungsarbeit verbessern. Z.B. in diesen Punkten:
1. Jeder kann Bitcoin auf dem main layer halten.
Es ist natürlich korrekt, dass der main layer jedem offensteht, nur werden sich das immer weniger Menschen leisten können. Bitcoin on-chain sind ein großes Privileg, aber das wird selten offen gesagt, weil es Neuankömmlinge abschrecken kann.
Dazu kommt, dass nicht ausreichend für ein gutes utxo Management sensibilisiert wird. Erst dieses Wochenende habe ich ein DCA cold wallet gesehen, bei dem >5% für Transaktionsgebühren abgeschrieben werden müssen.
Unter 1Mio Sats (eher mehr) machen utxos meiner Meinung nach keinen Sinn mehr. Derzeit sind das ein paar Hundert Euro, das kann aber bald soviel Fiat sein, dass man das als Angestellter monatlich nicht mehr hinbekommt.
2. Lightning ist ganz einfach, du musst nur einen Raspberry Pi Kaufen, und Umbrel installieren.
Das ist falsch. Ohne ein Grundverständnis, das o.g. utxo Management und Kapital wird man keine profitable Node betreiben können. Die Palette möglicher Fehler ist groß, und wenn man nicht willens ist, sich in die Administration einzuarbeiten, kommt man als Laie schnell an seine Grenzen.
Einen payment channel für ausgehede Zahlungen aufzumachen ist eine andere Sache, aber genau diese feinen Nuancen werden meist nicht erklärt.
Was in dem Zusammenhang auch selten verstanden wird ist, dass es sich bei dem Lightning Netzerk um ein soziales Konstrukt handelt. Kennt man seine Channel Partner persönlich, dann hat man auch keine bösen Überraschungen durch force-close oder sonstiges zu befürchten.
3. Be Your Own Bank
In 1. und 2. sind die Mindestvoraussetzungen für die eigene Bank umrissen. Die technischen Möglichkeiten sind da und offen für alle. Trivial ist das nicht, aber die Zukunft sieht gut aus. Mit Konstrukten wie Fedimint, kann jeder (der eben kann) eine Bank für seine Community sein. Ist das Vertrauenslos? Nein. Könnte das in der Zukunft vertrauenslos sein? Wahrscheinlich stärker, aber vollständig eher nicht. Kann man proof of reserves einbauen? Ja.
Unterm Strich alles Eigenschaften, die herkömmliche Banken in den Schatten stellen, aber kann wirklich jeder seine Eigene Bank sein? Vermutlich nicht, aber das ist auch gar nicht notwendig, zumal das gar nicht jeder will.
4. Bitcoin ist Bargeld
Mit dem Begriff sind Erwartungen verknüpft, die in der Regel nicht erfüllt werden können, sei es bezüglich der Nachverfolgbarkeit oder der Dauer bis zum Settlement.
Bitcoin besitzt Eigenschaften von Bargeld, aber nicht alle.
5. Bitcoin sorgt für Gerechtigkeit
Da jeder einen anderen Gerechtigkeitsbegriff vertritt, lässt sich auch diese Aussage nicht aufrechterhalten. Manche finden Umverteilung gerecht oder fair, andere nicht. Manche wollen den Staat ganz abschaffen, während andere sich eine weltweite zentrale Organisation wünschen.
Bitcoin begünstigt gewisse Strukturen und eine andere Art der politischen Organisation, z.B. indem Bitcoin Umverteilung erschwert. Mit der Frage nach Gerechtigkeit begibt man sich aber auf sehr dünnes Eis, bzw. muss ganz andere Diskussionen erdulden.
6. Bitcoin fixes this
Die totale religiöse Überforderung für die meisten.
Die Sache ist: Jedes Geld einschließlich Bitcoin ist eine kollektive Illusion, die aus einem Glauben genährt wird. Dessen sind sich viele Bitcoiner bewusst, aber die wenigsten no-coiner verstehen das.
…
Mein Fazit aus diesem Thread
Hohe Transaktionsgebühren werden in der Diskussion (unter Bitcoinern aber vor allem gegenüber pre-coinern) nicht ausreichend berücksichtigt. Als Bitcoiner sollten wir deshalb die Auswirkungen hoher Gebühren offensiver thematisieren. Es ist naheliegend, sowas im bear-market ausser Acht zu lassen, wenn der mempool sich immer mal wieder leert. Damit ist jetzt erstmal Schluss, und so mancher wird sich noch umschauen und sich womöglich frustriert abwenden, weil Erwartungen nicht erfüllt werden. Das wird meiner Prognose nach die Debatte im kommenden cycle prägen und nochmals die Bühne für Shitcoins bereiten.
Ich dachte wir hätten es hinter uns gebracht, aber da droht noch eine Runde, die sich wunderbar in die Wokeness und Inklusion einfügt und Zugang, Fairness und Umverteilung für alle versprechen wird. Und besser für’s Klima sind Shitcoins ja auch.