Ich danke allen hier für die Unterstützung und Hilfestellung auf meiner Bitcoin-Reise. Ich hab mich intensiv in der Szene umgesehen, Bitcoins gekauft, in die Bitbox gepackt, mich an Lightning versucht und viel, viel gelesen. Die Kurse sind massiv gestiegen und ich habe in wenigen Wochen 30% Buchgewinn da stehen. Alles gut?!? Nein!
Mich hat das alles nicht überzeugt. Meine Bitcoin-Reise soll enden und ich werde nun am Ausstieg arbeiten. In der Bitcoin-Szene nennt man das dann wohl ‚Er hat Bitcoin nicht verstanden‘ ;-)…
Falls jemand, der ebenso an BTC zweifelt, an meinen Gründen interessiert ist: Hier kommen sie, wie gesagt, keine absoluten Wahrheiten, sondern meine Meinung!
Bitcoin ist technisch obsolet - Das OnChain-Buchungssystem ist selbst den Grundvoraussetzungen nicht (mehr) gewachsen. Verlässliches Traden, Bezahlen oder Anlegen in akzeptabler Antwortzeit oder mit akzeptablen Gebühren ist nicht (mehr) möglich. Der nächste Bullrun - oder besser die nächste Baisse wird das unübersehbar werden lassen. Lightning habe ich eher als ‚argumentative Gehstütze‘ erlebt. Das mag geeignet sein, um auf Bitcoin-Konferenzen seinen Kaffee zu zahlen und stolz den Bon im Netz zu präsentieren - aber als alltagstaugliches, diskretes und sicheres Zahlungsmittel kann ich mir das nicht vorstellen.
Bitcoin ist als Währung ungeeignet - So, wie der Bitcoin derzeit aufgestellt ist, ist er als Tauschmittel für den Alltag nicht zu gebrauchen. Er ist technisch zu aufwändig, hinterlässt mir viel zu viele Datenspuren (die Smartphone-Apps haben sogar zusätzlich noch kommerzielle Datentracker) und die hohen Bildungsanforderungen werden meiner Meinung nach eine Massenakzeptanz verhindern.
Bitcoin ist ungerecht - Die Bitcoins befinden sich in der absoluten Mehrzahl bereits in den Händen einiger weniger. Diese „Wale“ werden die alten Stakeholder im Bereich des Finanzwesens im besten Fall vielleicht ablösen - ändern an der Verteilung wird das aber nichts. Vielleicht werden dann noch ein paar Satoshis an all die Armen dieser Welt zum Mitspielen verschenkt - aber insgesamt wird die unstillbare Gier durch Bitcoin eher noch größer. Der Mensch ist das Problem - und da deckt Bitcoin eher die Schattenseiten auf.
Bitcoin ist teuer - Wenn ich mir anschaue, was heute schon an Gebühren aufgerufen wird - in einer Zeit, wo Miner einen erheblichen Teil von Kosten und Profit noch durch Blockrewards bekommen, kann ich mir ausmalen, was das in Zukunft noch kosten kann. Millioneninvestoren kann das egal sein, die reden von Peanuts. Ich werde dann aber vermutlich keine gute Kosten-/Nutzen-Relation mehr haben.
Bitcoin ist Ressourcenverschwendung. Egal, ob eine ‚Energiewende‘ klappt oder nicht: Wir werden Energie sparen müssen. Da passt der Bitcoin mit seinen Anforderungen mir einfach nicht in die Zeit. Ich würde mit derart hohem Ressourcenhunger lieber irdische Probleme (ich meine nicht das Problem „Fiat“!) lösen oder zu anderen Planeten fliegen oder so etwas. Nur für schnödes Geld soviele Ressourcen? Nein!
Bitcoin verrät seinen Gründungsmythos - fast alle Bitcoiner freuen sich über den erwarteten Einstieg der institutionellen Großinvestoren. Für mich ist das nichts weiter, als eine Vereinnahmung einer guten Idee von den etablierten Protagonisten des Finanzsystems. Wenn sie Bitcoin nicht besiegen können, werden sie es eben übernehmen. Bitcoin spaltet die Welt noch weiter - nicht nur materiell, sondern auch intellektuell.
Bitcoin ist Religion - Prediger und Päpste der Religion penetrieren die Vision des Finanzparadieses. Der Bitcoin ist Projektionsfläche und Heilsversprechen. Dabei machen sich die medialen Fürsprecher in erster Linie durch erzeugte Nachfrage und Kurszuwächse die Taschen voll. Sie schrecken aber trotzdem nicht davor zurück, dem Volk auch noch Spenden abzugreifen oder blankes Produktmarketing („Kauft Bitboxen“, „Investiert einfach bei Bitland und Coinparadies“) zu betreiben. Dabei ist - wie bei jeder Religion - völlig unklar, was von den Heilsversprechen jemals wahr werden wird und was nicht. Man kann von religiösen Influencern nicht erwarten, ein realistisches Bild zu vermitteln, deshalb werden die Funnydegrees oder RockRainers dieser Zeit nie öffentlich zweifeln. Genauso wenig, wie ein Imam, ein Guru oder der Papst.
Für mich persönlich ist der Bogen da bereits völlig überspannt: Es gilt als sicher, dass es nur gut werden kann mit BTC - und sogar Kriege soll das heilige Geld verhindern können! Soviel Hybris macht mich dann doch eher skeptisch!
Ich habe hier ja sogar Menschen gelesen, die alles was sie besitzen, in Bitcoin anlegen. Mehr noch, es gibt hier sogar Leute, die auf Kredit in Bitcoin investieren! So sicher sind die, dass es nur gut werden kann! Für mich ist das Bullshit-Bingo und wir verlassen da jeden Boden der Seriosität. Für mich sind das Phasen, die eher meinen Zweifel vergrößern!
Natürlich werden Prediger und Profiteure das so nicht stehen lassen. Sie haben ihr Business und ihren Wohlstand schließlich auf die Heilsgeschichte des Bitcoin gebaut. Ich kann auch durchaus verstehen und gut heißen, wenn man mit Bitcoin Profite macht. Nur - meine Zukunft, meine Rente, ja sogar meine Lebensvision auf ein paar Algorhythmen zu bauen, die andere steuern - nee!
Ich werde meine Satoshis wieder zur Börse transferieren - und damit final auch noch Erfahrungen mit der Liquidation des Assets „Bitcoin“ sammeln. Und euch weiter wohlwollend beobachten. Ich halte es nämlich durchaus für möglich, dass ich falsch liege. Darin unterscheide ich mich wohl von den meisten Bitcoinern.