Sonderlich differenziert ist der Artikel aber auch nicht.
Edit: Je häufiger ich den Artikel zur Aufarbeitung durchlese, desto fragwürdiger finde ich diesen, weil er einerseits berechtigte Kritik beinhaltet, diese aber gar keinem Nutzen gegenüberstellt. Für die ganzen Shitcoins ist das imho berechtigt, doch Bitcoin fliegt da usecase-frei mit, was mich an der Unvorgenommenheit zweifeln lässt.
Mir ist generell die Betrachtung viel zu einseitig, auch wenn viele Teile der Kritik zutreffen. Er sieht ja aktuell im Prinzip keinen Nutzen und keinen Vorteil - weder in Dezentralität, noch in zensurresistentem Geld (ok, hier gab es einen Minipluspunkt).
Ja - er unterscheidet zwischen Bitcoin und dem Rest ein wenig. Die Punkte die er dafür nennt, sind aber vor allem die religiösen Züge (also negativ):
Bitcoin hat die Grenze zum Kult, zur Religion längst überschritten, da gibt es Leute, die sind derart besessen davon, dass sie denken, es wäre die Lösung für alle globalen Probleme – von Armut bis zum Weltfrieden. Deswegen versuche ich längst nicht mehr vorherzusagen, was mit dem Bitcoin passiert. Aber die anderen Coins, die sind entweder offensichtlich nutzlos oder sie sind eine Art Anteil an einem Start-up oder Projekt.
…und das Unverständnis für wiederholte Preisanstiege. Usecases sieht er gar keine:
Ich habe zwei Jahre lang die Welt bereist, um herauszufinden, wofür all diese Coins gut sein sollen und um zu sehen, ob etwas hinter dieser verrückten Blase steckt. Und alles, was ich sah, waren Hype und Betrug
Das finde ich schon erstaunlich. Wer 2 Jahre herumreist und selbst bei Bitcoin keinen Nutzen sieht, ist aus meiner Sicht nicht so neutral und interessiert, wie er glauben machen will.
Es sie hier mal auf die tollen Reiseberichte von @Lukker im Forum verwiesen:
Da finde ich, gibt es einen sehr guten Einblick, welche Usecases Bitcoin in den verschiedenen Ländern hat, welche Stimmung zum Bitcoin herrscht - und was auch alles nicht funktioniert oder noch fehlt…
Auch wenn man Leuten wie Alex Gladstein und Anita Posch folgt, wird man ein deutlich differenzierteres Bild bekommen - und eine Vielzahl an Anwendungsfällen für Bitcoin.
Nutzerfreundlichkeit:
Die Punkte zur Nutzerfreundlichkeit kann ich teilweise nachvollziehen, in Anbetracht dessen dass ein Fehler schnell sehr teuer werden kann und es viel zu beachten gibt. Das passt natürlich noch nicht in eine Welt, wo die breite Masse finanzielle Eigenverantwortung gar nicht hat (und Systembedingt gar nicht haben kann).
Doch auch hier: Die Entwicklungen der letzten 14 Jahre werden unter den Teppich gekehrt. Mittlerweile gibt es wirklich schon sehr einfache Apps und deutliche Verbesserungen - was auch so weitergehen wird. Das es für die Masse heute noch zu kompliziert wäre, sehe ich ähnlich. Das hängt aber zunehmend weniger mit den eigentlichen Anwendungen zusammen, sondern eher mit dem Wissen (man benötigt einfach Zeit mit der Materie) und mit dem folgenden Punkt:
Dezentralität:
Zum Thema Zentralität vs Dezentralität sind auch gute Punkte dabei:
Wenn alles dezentral funktioniert, dann gibt es auch keinen Kundenservice, wenn Sie Ihre Coins verlieren, dann sind sie weg.
Beim Thema Kundenservice und Support spricht er ein Thema von großer Relevanz an. Doch auch hier wird es zunehmend Dienstleister geben, welche die Verwahrung und Absicherung für all jene übernehmen, welche die Eigenverantwortung scheuen. Durch zunehmende Regulierung, wird auch die Sicherheit erhöht, dass die Kunden da nicht gescammt werden - was natürlich mit Kosten verbunden sein wird. (die Eigenverwahrung ist aber auch nicht ganz billig, wenn man an HWW, Backups, eigene Node usw. denkt)
Auf die Vorteile von Dezentralität bzw. Nachteile von Zentralität wird leider gar nicht eingegangen - was auch erklärt, dass er sich mit den Usecases so schwer tut (oder diese nicht sehen will)
Vom (sinnlosen) NFT-Kauf erfährt man 3mal mehr, als von dem Versuch Bitcoin zu verwenden…
und spätestens hier vermute ich dann doch eine starke Absicht hinter diesem Interview - zum Thema El Salvador kommt folgendes:
Genau, da bin ich hingefahren. Und ich erlebte, dass die Bevölkerung Bitcoin total ablehnt. Es gibt da null Interesse, es für irgendetwas zu nutzen. An der Küste gibt es eine kleine Surferstadt, die als Bitcoin-Zentrum des Landes gilt. Selbst dort sind viele Händler derart genervt davon, dass sie Schilder aufgestellt haben: Hier wird kein Bitcoin akzeptiert.
Ich habe schon viele Berichte dazu gelesen und Videos davon gesehen. Das die Bevölkerung Bitcoin total ablehnt und selbst in El Zonte die Händler Schilder haben sollen „hier wird kein Bitcoin akzeptiert“ ist, nach allem was ich weiß einfach dreist gelogen.
Alles in allem kann man ein paar kritische Punkte mitnehmen, sonst ist das Interview (durchaus gute Fragen dabei!) in meinen Augen nix wert.