Staking - lohnenswert oder nicht?

hallo zusammen,

da ich mir kürzlich selbst die frage gestellt habe, ob staking für mich in frage kommt oder nicht, möchte ich das ergebnis meiner recherche bzw. gedankengänge nun kurz mit euch teilen. vlt. zieht ja jmd. einen nutzen hieraus. ich kann schon mal vorwegnehmen - es kommt darauf an.
disclaimer: ich bin weder steuer- noch anlageberater.

  1. steuern (auf den stake)
    es ist mittlerweile abzusehen, dass staking junger coins (< 1 jahr) zur verlängerung deren haltefrist bis zur steuerfreiheit auf 10 jahre erhöht. damit ist deren verkauf/tausch innerhalb von 10 jahren (nach anschaffungstag) als "privates veräußerungsgeschäft” nach § 23 einkommensteuergesetz (EStG) zu betrachten, wodurch gewinne (je nach einkommen) mit bis zu 45% versteuert werden. die freigrenze von 600 €/a lasse ich mal außen vor.
    noch nicht abschließend geklärt ist, ob coins, die man schon länger als 1 jahr durchgehend gehalten hat und nun zum staking einsetzen möchte, von der verlängerung der haltefrist ausgenommen sind. hierzu finden sich widersprüchliche aussagen von steuerberatern/anwälten im netz. idealerweise nutzt man dennoch entsprechend ältere coins, da hier zumindest die möglichkeit besteht ggü. dem finanzamt eine verlängerung der haltefrist gegenzuargumentieren.

  2. steuern (auf die rewards)
    weiterhin ist abzusehen, dass die erhaltenen coins aus dem staking, also die rewards, als steuerpflichtige zuflüsse aus kryptowährungen nach § 22 Nr. EStG zu bewerten sind. damit sind analog zu 1. (je nach einkommen) bis zu 45% des entsprechenden coin-marktwerts ab zeitpunkt des erhalts/claims zu versteuern (auch hier lasse ich die freigrenze von 256 €/a mal außen vor). da die steuerlast auf die rewards damit zumindest abgegolten ist, kann man diese nun unbesorgt steuerfrei staken, tauschen/verkaufen.

  3. marksituation des coins (bullisch o. bärisch)
    unter berücksichtigung von 2. wäre es ratsam eher im späten bären- bzw. anfänglichen bullenmarkt zu staken. sonst drohen hohe steuerlasten, da mit fortschreitendem kursanstieg des coins natürlich auch die abzuführenden steuern auf die rewards steigen. die wirkliche gefahr besteht nun darin, dass durch unerwartetes einsetzen eines bärenmarktes (der viele monate dauern und kursverfälle bis 95% mitbringen kann) das eigene portfolio massiv an wert verliert. was allerdings bleibt sind die angehäuften steuern. wie bezahlt man nun das finanzamt? da niemand solche marktbewegungen sicher vorhersagen kann, sollte man also früh genug den absprung schaffen.

  4. sicherheit und verfügungsgewalt
    prinzipiell eignen sich „delegated proof-of-stake“-coins aus sicherheitstechnischen gründen besser zum staken, da man sie aus seiner hardwarewallet heraus staken kann und so, zumindest nach meinem verständnis, immer verfügungsgewalt über die coins besitzt. hier lasse ich mich aber auch gern eines besseren belehren. außerdem sollte man bei der wahl des staking-pools nicht ausschließlich auf die geringsten gebühren schielen, sondern die seriösität des pools in den fokus setzen. weiterhin existiert bei „delegated proof-of-stake“ keine mindest-stake-dauer. ihr könnt jederzeit frei über eure ge-stake-ten coins verfügen. mir sind aktuell ada und theta bekannt, bei denen das möglich ist → kennt ihr noch mehr?

  5. zusammenfassung und persönliche einschätzung
    damit sich staking wirklich lohnt bedarf es meines erachtens steuerrechtliche klarheit (oder einen guten steuerberater/anwalt), eine ausreichend große anzahl alter „delegated proof-of-stake“-coins in verbindung mit einer attraktiven rendite von deutlich > 5% (womit die mir bekannten coins alle rausfallen) damit sich der steuerliche dokumentationsaufwand überhaupt lohnt, sowie einen guten überblick in bezug auf die marktsituation, da staking sonst auch zu verlusten führen kann.

ihr seht also, falls man sich auf staking einlassen möchte, kommt doch einiges zusammen. wie schätzt ihr die sachlage ein? habt ihr hinweise, anmerkungen, tipps? ich bin gespannt.

danke für eure aufmerksamkeit!

viele grüße

marco1

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Meine Anmerkung: Eine tolle Zusammenfassung!

Deine Erlaubnis vorausgesetzt, verweise ich in der Steuer-FAQ auf diesen Beitrag, denn besser hätte man’s echt nicht auf den Punkt bringen können.

:+1:

hi cryptoguy,

klar, du kannst den beitrag gerne verlinken. freut mich, wenn er anklang findet.

viele grüße

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Danke - Super Zusammenfassung!
Besonders Punkt 3. hatte ich noch gar nicht bedacht.
Die einzige Lösung, um dem Risiko entgegenzuwirken ist also, mindestens die aktuelle Steuerlast zum Zeitpunkt jeder Staking-Auszahlung in Fiat zu tauschen.

Bei der Haltefrist des Stakes auf 10 Jahre,
beruft sich das FA auf das „Schiffscontainer-Modell“.
Das ist aber nur auf Schiffscontainer anzuwenden (auch laut dem Steueberaterinterview von Roman), weil man ja die gestaketen Coins nicht abschreiben kann…

Interessant wirds, wenn man die Rewards aus den Stakes wieder in den Stake gibt. Wurden ja dann schon mal versteuert.

Noch kurz zu der Haltefrist:

In dem Steuerspecial von Mirko von Bitcoin2Go hatte ich die Aussage von Winheller so verstanden, dass eine abgelaufende Haltefrist von 1 Jahr nicht wieder „aufleben“ kann. D.h. verwende ich Coin erst nach einem Jahr zum Staken, bleiben diese steuerfrei.

https://www.youtube.com/watch?v=v4znJluRTZQ

Kurze Zeit später, bin ich auf dieses Video gestoßen, in dem ein Steuerberater genau die gegensätzliche Aussage getroffen hat:

https://www.youtube.com/watch?v=rZmJwmLN6eA

Also unter diesen Unsicherheiten ist mit das Staking momentan noch zu heiß.

Ein Timestamp zur richtigen Stelle wäre sinnvoll.

Einfach mal 35 Minuten Video nach der richtigen Stelle zu suchen ist nicht das, was man gerne macht. :slight_smile:

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@schmunzel12

ich gehe davon aus, dass du dich auf die diskutierte frage zwischen 20:18 - 24:00 beziehst. tatsächlich ist das video sehr interessant und zeigt nochmal deutlich auf, dass steuerrechtlich noch nichts in stein gemeißelt ist. jeder anwalt/steuerberater interpretiert die gesetzeslage anders. ich werde meinen beitrag nochmal aktualisieren.

danke für die info!

grüße

@anon52841224: Kann deinen Hinweis nur zu gut nachvollziehen. Das war schließlich der Hauptgrund, wieso der Timestamp fehlte :smiley: Außerdem sind auch die restlichen 30 Minuten wirklich interessant und bauen teilweise aufeinander auf.

@Marco1: Ja genau, das ist der Teil.
Sehr gerne. Aufgrund der ADA-Kursentwicklung würden meinen Rewards inzwischen nicht unwesentlich ausfallen. Deshalb hab mich wie du auch tiefer mit dem Thema befasst.

Nach der recht deutlichen Aussage „Eine abgelaufene Haltefrist lebt nicht wieder auf“ habe ich mich schon auf die Suche nach Stakingspools gemacht. Aufgrund des zweiten Videos habe ich aber nochmal die Notbremse gezogen.

Ich hab keine Lust auf Spiele, deren Spielregeln nicht feststehen…schon gar nicht gegen das Finanzamt :sweat_smile:

@schmunzel12

was ich dir dennoch empfehlen kann, sprich doch mal direkt mit deinem finanzamt. lass dir nen termin geben und frag konkret nach. hierbei hast du natürlich den vorteil, dass du dich vorbereiten und auf die argumentationskette von winheller verweisen kannst. die andere sicht muss man ja nicht erwähnen :wink:

lass dir die entsprechende antwort dann schriftlich geben, so hast du zumindest gewissheit und dich abgesichert. würde mich tatsächlich brennend interessieren.

für mich persönlich ist der bullenmarkt mittlerweile schon zu weit fortgeschritten, sodass staking/lending für mich frühestens in einem (?) jahr erst in frage kommt, wenn die blase geplatzt ist (siehe oben, 3.).

grüße

Der Termin beim Finanzamt wäre natürlich eine Möglichkeit. Was aber, wenn sich in der Zwischenzeit eine gegensätzliche Rechtssprechnung durchgesetzt / Beschluss verabschiedet wurde?!

Der Timing / Marktprognose ist meines Erachtens zweitrangig. Wenn man die Rewards zeitnah (ganz oder nur Anteil der Steuerschuld) verkauft. So hast du kein Risiko fallender Kurse. Du würdest nur deine steuerfreien Coins gegen „10jährige“ tauschen. Was aber bei Rewards von 5% p.a. (mit der Zeit fallend) unproblematisch wäre. Wenn die abgelaufene einjährige Haltefrist nicht wieder aufleben würde. Und so lange das nicht feststeht, lass ich die Finger davon.

klar, absolute gewissheit hat man erst, wenn die entsprechenden gesetze verabschiedet wurden. ob das in der nächsten zeit der fall sein wird, wage ich jedoch zu bezweifeln. mal schauen.

valider punkt. sofern ältere coins tatsächlich steuerfrei bleiben würden (gem. winheller) wäre es dann aus rein wirtschaftlicher sicht am sinnvollsten die erhaltenen rewards in abhänigkeit der marktsituation zu veräußern bzw. zu halten. bezogen auf die rewards, in etwa so:

  1. phase: crash (kurse sacken in kurzer zeit extrem ab) → kein staking, da noch hohe steuerlast bei starkem wertverlust

  2. phase: bärenmarkt (schwächer fallende kurse über längeren zeitraum) → kein staking; zwar geringere steuerlast aber immernoch wertverluste

  3. phase: akkumulationsphase (boden ist erreicht, längere seitwärtsbewegung bzw. leichte kurssteigerung) → staking; rewards halten, da steuerlast gering & potential für kurswachstum sehr hoch

  4. phase: beginnender bullenmarkt (längere phase deutlicher kurszuwächse) → staking; rewards halten, da steuerlast noch im rahmen & potential für weiteres kurswachstum besteht

  5. phase: ende bullenmarkt (extreme kurssteigerung in kurzer zeit) → staking; rewards aber sofort verkaufen, da steuerlast schon hoch & potential für weiteres kurswachstum nicht mehr abzuschätzen

natürlich ist das eine extrem vereinfachte darstellung. der markt wird nie so einfach zu lesen sein. aber prinzipiell kann sich staking bei diesem vorgehen auch im späten bullenmarkt noch lohnen (no financial advice!!!).

Der Hauptgrund für den fehlenden Timestamp ist, dass man nicht gerne ein 35 Minuten Video nach der richtigen Stelle durchsucht und deshalb gibst Du den Timestamp (selbst auch Rückfrage) nicht an?

Sorry, das verstehe ich nicht.

Das mag sein, aber

  1. hat nicht jeder Zeit und Lust auf so ein 35 Minuten Video
  2. geht’s um eine ganz bestimmte Aussage in dem Video. Was da sonst noch gesagt wird, spielt im Moment (für diese Diskussion) keine Rolle.
    Wenn Du also eine Reaktion/Antwort haben willst, solltest Du Deinem Gegenüber etwas entgegenkommen und ihm den Zugang zu Informationen so leicht wie möglich machen.

Sorry, falls es in der Diskussion umgegangen ist. War gerade dabei, die passende Stelle rauszuschauen, als Marco1 den richtigen Timestamp postete. Hab seine Angabe oben auch bestätigt.

Also hier nochmal: Die entsprechenden Stelle beginnt ab Minute 20:18.

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Hab’s mir angehört/angesehen und mMn ist seine Argumentation falsch.

Er bezieht sich auf den Text „…deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre

Also man kauft, hält 1 Jahr und wenn man danach durch die Nutzung (Staking, Lending…) der Coins einen Gewinn erwirtschaftet, ist man in der 10-Jahres-Falle.

:thinking:

Dieser Teil findet aber gar keine Anwendung, denn der gesamte Text lautet „Bei Wirtschaftsgütern im Sinne von Satz 1, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre

Dieser „Satz 1“ sagt: „Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.

Demnach verstehe ich es so: Wenn ich Coins habe und diese nutze (Staking, Lending…), erhöht sich die Haltefrist von 1 Jahr auf 10 Jahre.

=> HODL = 1 Jahr
=> Staking/Lending/… = 10 Jahre

Dass sich die Spekulationsfrist von bereits steuerfreien Coins (1 Jahr Spekulationsfrist erreicht) erhöht, kann ich daraus nicht lesen.

Also…ja…hm…ich bin skeptisch, was seine Aussage betrifft.

Da finde ich die Aussage von WINHELLER logischer und sie passt auch zum Gesetzestext.

Aber: Ich bin kein Experte und wenn selbst diese sich nicht einig sind, was soll man da schon als Laie zu sagen?

EDIT:
Oder sie meinen mit „Satz 1“ wirklich den ersten Satz, aber der bezieht sich auf Grundstücke, Rechte usw., was nun mit Krypto absolut nichts zu tun hat.

Also so oder so…meiner Meinung nach passt seine Aussage nicht.

Jemand noch 'ne Idee?

ich glaube, du bingst das schon ganz gut auf den punkt. die argumentation (eigentlich das gesamte auftreten) gefällt mir bei winheller besser, erscheint mir auch professioneller. aber solange die gegenteilige professionelle argumentation existiert, auch wenn sie für uns laien nicht nachvollziehbar ist, müssen wir vorsichtig mit der thematik umgehen.

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Absolut. Deshalb halte ich mich auch vollständig aus Staking, Lending usw. raus, bis ganz klare Regeln kommuniziert werden.

Für Deutsche ist HODL immer noch die sicherste Variante und Sicherheit steht (bei mir) weeeeit vor Gewinn.

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Hey,
Habe vor 2 Wochen ein Telefonat mit einem anderen Bekannten crypto Steuerberater gehabt. Dort ging es auch um dieses Thema.

Er meinte auch das bei bereits steuerfrein coins die haltefrist nicht wieder auflebt. Des Weiteren meinte er auch das die Richtung eher zu 1 Jahr geht statt zu 10 Jahren haltefrist.

Angaben wie immer ohne Gewähr

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@SuicideAngel

danke für den input.

kannst du vlt. verraten, um wen es sich dabei gehandelt hat? nur aus persönlichem interesse.

nur zur klarstellung: meinst du hiermit, dass sich laut aussage des steuerberaters für „junge“ coins (< 1 jahr), die ge-stake-ed werden, die haltefrist hierdurch nicht auf 10 jahre verlängert, sondern bei einem jahr bleibt? das wär ja klasse.

grüße

Laut dem Steuerberater geht die Tendenz eher zu einem Jahr für coins die man kürzer als 1 Jahr hält.
Aber wie gesagt ist nicht sicher. Er meinte das es eben mittlerweile schon ein paar Urteile gab wo auf 1 Jahr entschieden wurde.

Ja, ich schreib dir ne pn