Guten Tag zusammen.
Ich weiß, dass dieses Thema bestimmt aneckt, da so gut wie kaum hier darüber geredet wird. Da ich aber gerne in Wunden steche, wollte ich das Thema hier mal diskutieren, beziehungesweise erfragen. Also es geht wie das Thema schon zeiggt, um das Thema Impflicht.
Es muss nicht unbedingt um die diskutierte Coronaimpflicht gehen (aus Respekt oder Rücksicht sofern welche persönlich betroffen sind), sondern wir können es gerne generell diskuiteren,sofern die Parameter ein Virus betreffen, welches die Gesundheit einer Bevölkerung zu bedrohen scheint. Meiner Ansicht nach kann man aber an der momentan geführten Debatte und deren Gegenwehr, sehr gut das Dilemma an den Aspekten der Freiheit sehen, wie sie hier von manchen debattiert wird.
Also die Frage die mich brennend interessiert ist folgende: Wie steht ihr Marktliberale/ Libertären zu einer Impflicht?
Also der erste Impuls wäre aus meiner Sicht natürlich wieder die Reflexartige Antwort: Das solle jede_r für sich selber entscheiden! Aber da kommt meiner Ansicht nach, diese Reflexartige Antwort an ihre Grenzen. Ich möchte dieses versuch zu erklären,dazu sind jedoch gewisse Prämissen von Wichtigkeit.
A) Die Zeit in der von einer Impfpflicht gesprochen wird, sind anormale Zeiten.
Also, irgendwie auch klar. Wenn es kein Virus gäbe, wäre auch eine Impflicht sinnlos (scheint jetzt erstmal paradox, später zeigt sich noch die Tragweite dieser Einsicht).
B) die Inokulation (wie auch immer angewandt) wird als sicher angesehen.
Also ich gehe in meinen Ausführungen wieder in die Historie und schaue mal was sich da so zugetragen hat. Springen wir mal wieder ins 18 Jahrhundert. Also beginnen wir mal bei 1720 mit dem Einsatz der Variolation bis zum Eintritt der Jennesche Impfung zur Pockenbekämpfung ( Edward Anthony Jenner - Kuhpockenimpfung). Was ich an dieser Epoche so interessant finde ist beispielweise die Tatsache, das London alle 5 bis sechs Jahre von den Pocken heimgesucht wurde. Mit Pasteur haben wir die Entstehung und die Einflussnahme auf Wahrscheinlichkeiten entstehen sehen. Emmanuel Etienne Duvillard stellt mit seiner Analyse de l’influence de la petite vérole zu Beginn des 19 jahrhunderts Wahrscheinlichkeitsrechnungen auf.
Es ist ungemein faszinierend, wie ähnlich sich die Zeit der heutigen ähnelt. Vorallem macht man sich Gedanken ob es wahrscheinlicher ist, dass Kinder von der Impfung sterben oder das Risiko den Pocken heimzufallen. Also der Punkt den ich aus liberler Sicht für äußerst spannend halte, ist die Annahme der Differential-Risiken. Mit dem Eindringen eines Virus in den Gesellschaftskörper haben wir ein gleichzeitig ein Eindringen in den Marktmechanimus. Auch wenn damals das Humankapital noch keine alzu große Rolle gespielt hat, haben Ökonomen wie William Petty (schon weit vor den Pockenepidemien) schon auf die Korrelation von Kapitalverlust in Kriegs-und Krankheitszeiten hingewiesen haben. Also ein Virus greift in erster Linie das Humankpital einer Bevölkerung/ Landes an. In zweiter Instanz dann, das Sachkapital, (wenn Leute beispielsweise nicht mehr zur Arbeit gehen können, aufgrund gesundheitspolitischer Maßnahmen). Wenn also ein Virus den Gesellschaftkörper und die damit einhergehende Akkumulation von Humankapital bedrohe,wäre da eine Impflicht angebracht?
Mir ist natürlich klar, dass diese Frage, eine Frage ist, die das Grundrecht eines jeden Individuums berühren. Also unsere Abwehrrechte gegenüber den Staat. Wobei ich mir nicht sicher bin, warum man das Grundrecht auf menschliche Unversehrheit an Europas Grenzen offensichtlich scheißegal ist, während man hier… naja egal anders Thema und ich bin mir sicher genau so ein Stich ins Wespennest.
Also wie ist es aus Sicht eines Marktliberalismus/ Libertarismus? Also wenn man dann sagen würde, keine Impfpflicht: jede_r ist für sein Selber verantwortlich!, heißt dass dann auch, dass man bei Krankheit auf sich selbst gestellt wäre? Ich weiß, dass das harter Tobak ist, aber wäre das nicht die logische Konsequenz?
Was die momentane Situation angeht, bin ich mir selber unsicher ob ich für eine Impfpflicht wäre. Ich kann Leute verstehen, die sagen auf jeden Fall Impflicht: ich will endlich meine Normalität wieder!
Und Leute die sagen, das geht mir viel zu schnell. Ich möchte anhand dessen lediglich skizzieren, wie schwer und ambivalent dieses Themenfeld ist, ich weiß.
Wie gesagt, ich finde es keine Schande, wenn man da unschlüssig ist, sind halt auch krasse Zeiten.
Ich wünschte ich könnte für ein Tag ins Jahr 2300 reisen und die Zeiten so analysieren, wie wir es jetzt für die Jahre der Pockenepidemien machen könnten. Wäre das schön…
ich weiche wieder ab,
wenn manche Formulierungen von mir nun pietätlos erscheinen, tuts mir leid. Ich möchte keinen nahe treten. Mir ist die Brisanz durchaus bewusst, finde dieses Themenfeld aus einer analytischen Sicht zu spannend, um es zu ignorieren.
In diesem Sinne… Möge der Sturm kommen und mein Schiff ins Wanken bringen…
Ich danke für eure Gedanken und Reaktionen.