Die Diskussion um COVID-19 und SARS-CoV-2 kam zuletzt wieder im Stream auf. Wir haben uns darauf geeinigt unsere Feierabende nicht durch das Thema zu belasten, daher Verlagerung der Diskussion ins Forum.
Wie einige von Euch vielleicht wissen, bin ich seit etwa 7 Jahren als Arzt tätig. Ich bin zwar kein Experte für Atemwegserkrankung, denke aber, dass ich eine solide Basis habe um in dem Thema diskutieren zu können. Außerdem bin ich wissenschaftlich aktiv und habe vor kurzem selbst eine Meta-Analyse veröffentlicht. Ich denke also, dass ich mit dem Grundrüstzeug ausgestattet bin um Wahrheit zu finden.
Ich möchte in diesem Thread (außer auf Nachfrage) auch nicht auf die speziellen Eigenschaften des Virus eingehen. Da gibt es mMn wenig Diskussion. In der libertären Krypto-Szene stellt sich ja häufig die Frage nach der Notwendigkeit der Maßnahmen. Und wer möchte, ist eingeladen zu diskutieren.
Vorab: Ich denke nicht, dass es ein richtig oder falsch in diesen politischen Entscheidungen gibt. Es ist wie immer eine individuelle Güterabwägung. Bitte respektiert andere Meinungen.
Und jetzt zu den Fakten
Derzeit ist eine Meta-Analyse im Review-Prozess, die die Frage der Infektionssterblichkeit behandelt. Die Infektiossterblichkeit ist ein Maß, was das Risiko angibt, an einer Virusinfektion zu sterben. Dies ist ein wichtiges epidemiologisches Maß um die Gefährlichkeit eines Virus einzuschätzen. Eine Meta-Analyse ist eine Form der Datenanalyse mit der höchsten Datenqualität. Was aus einer Meta-Analyse herauskommt, hat viel Gewicht.
Die Meta-Analyse zur Infektionssterblichkeit zu SARS-CoV-2 Infektion ergibt:
0.68% (0.53-0.82%)
Berücksichtigt man nur serologische Studien (Echtweltdaten ohne Schätzung) kommt man auf
0.60% (0.42-0.77%)
Berücksichtigt man nur serologische Studien mit höchster Datenqualität kommt man auf
0.76% (0.37-1.15%)
Legende: Angegeben sind der Mittelwert und das 95% Konfidenzintervall. Das Konfidenzintervall gibt an, in welchem Bereich sich der echte Wert mit 95% Wahrscheinlichkeit befindet, berechnet aus der Stichprobe der Studie. Darsstellung: Mittelwert (95% Konfidenzintervall)
Was heißt das?
Ganz allgemein: Für eine Infektionskrankheit der Atemwege ist COVID-19 sicher eine der schwerwiegenderen Erkrankungen. Manchmal hilft der Vergleich mit bekannten Erregern.
Eine Influenza hat eine durchschnittliche Infektionssterblichkeit von 0,1%. Verglichen mit „der Grippe“ würde SARS-CoV-2 also 7x so gefährlich sein.
Jetzt ist nicht jeder Grippe-Jahrgang gleich. Es gibt Jahrgänge, in denen fast keiner stirbt und es gibt Jahrgänge mit einer hohen Sterblichkeit. Ich erinnere mich an einen schweren Grippejahrgang 2017/2018. Damals waren die Krankenhäuser im Großraum München vollkommen ausgelastet (hat nur keinen interessiert). Die Infektionssterblichkeit dieses Jahrgang war (schätzung) 0,28%. Verglichen zu derart schweren Grippe-Jahrgängen ist SARS-CoV-2 also 3x so gefährlich.
Was bedeutet das für die öffentliche Gesundheit?
Sollten sich 100% der Bevölkerung mit SARS-CoV-2 infizieren, würden in DE etwa 540.000 Menschen sterben. Eine derartige Durchseuchung ist unwahrscheinlich, da ab etwa 60-70% eine Herdenimmunität eintritt. Wir müssen also mit 380.000 Todesfällen durch COVID-19 rechnen.
Gerechnet über die Gesamtdauer der Pandemie (mehrere Jahre). Immer unter der Vorraussetzung, dass das Krankensystem nicht kollabiert.
Wie ordnet man diese Zahlen ein?
Pro Jahr sterben etwa 1.000.000 Menschen in Deutschland. Etwa 100.000 Menschen sterben an den Folgen des Rauchens. Etwa 20.000-40.000 Menschen sterben an Grippe. 2/3 der Todesfälle in DE gehen auf Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurück.
Was macht man mit diesen Erkenntnissen?
Your move!
edit:
Wege aus der Krise
Die Pandemie ist erst dann vorbei, wenn Herdenimmunität erreicht ist. Immun gegen einen Erreger wird man durch Infektion oder durch Impfung. Es gibt also genau zwei Szenarien
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Es gibt einen Impfstoff
In diesem Fall ist die bestmögliche Strategie möglichst lange das Virus einzudämmen. Je weniger Menschen vor einer Impfung Kontakt zu dem Virus hatten, desto weniger Schaden kann es anrichten, bis es besiegt ist. -
Es gibt keinen Impfstoff
In diesem Fall ist die bestmögliche Strategie, dass nur diejenigen das Virus bekommen, die es verkraften können. Wenn die Menge der Infektionen (60-70%) vorab definiert sind, ist es vollkommen egal, wann diese stattfinden. Durch Eindämmungsmaßnahmen kann dabei sogar ein paradoxer Effekt eintreten: Dadurch, dass man die Wahrscheinlichkeit einer Infektion allgemein senkt, steigt das relative Risiko von Risikopatienten. Die optimale Strategie in diesem Szenario ist also möglichst effizient Risikopatienten zu schützen und eine Durchseuchung zuzulassen.
Offensichtlich verfolgt die Bundesregierung Strategie #1