Hat die Ausweitung der Geldmenge einen Einfluss auf die aktuell hohe Inflation oder bleibt sie zu Recht meist unerwähnt von Zentralbänkern?
@Tristiano, schöner Artikel!
Mir ist aufgefallen, dass du die Quantitätsgleichung nicht angesprochen hast. Hast du das bewusst nicht getan, weil du evtl. nichts davon hältst? Würde mich sehr interessieren.
Ich selbst bin nicht vom Fach, beschreibe aber im Folgenden kurz meinen Eindruck von diesen Vorgängen.
Im Artikel schreibst du z.B. Dinge wie…
Die Geldmenge steht immer den Waren und Dienstleistungen dieser Welt gegenüber.
Dennoch steigt die Inflation nicht im gleichen Maße wie die Geldmengenausweitung.
Meines Erachtens werden genau diese Punkte wunderbar durch die Quantitätsgleichung zum Ausdruck gebracht. Hier mein letzter Beitrag zu diesem Thema, dessen Inhalt ich hier nicht wiederholen, sondern nur ergänzen möchte:
→ Geldmenge hat keine Auswirkung auf Inflation - Gegenthesen zur MMT
Die Gleichung an sich ist dabei nicht einmal irgendeine Theorie oder ein Modell, sondern beschreibt eine grundlegende Identität. Ich denke man kann nicht bestreiten, dass die umlaufende Geldmenge exakt so viel wert ist, wie die Güter, die genau mit diesem Geld gehandelt wurden.
Entsprechend ist die Umlaufgeschwindigkeit, die man leider nicht direkt messen kann, natürlich mitentscheidend für den Wert der Geldeinheit. Wenn ich dieselbe Geldmenge öfter pro Zeit zum Bezahlen verwende, kann ich auch einen höheren Wert an Gütern damit handeln.
Folgendes stiftet nun allerdings immer wieder Verwirrung bzw. führt zu Unverständnis.
Den Effekt einer Geldmengenausweitung könnte man als Laie wie ich vereinfacht auf folgende zwei Arten und Weisen anhand der Gleichung modellieren:
Modell 1
Wir vernachlässigen bei der Geldmengenausweitung, dass dem ausgegebenen Geld wiederum Werte entgegenstehen. Da das sowieso keine Güter sind, sondern Objekte, die im selben Moment erst geschaffen werden (Kredite, Anleihen), hat dieses Modell evtl. seine Berechtigung.
In diesem Fall steigt im Moment der Ausweitung die Geldmenge, aber gleichzeitig sinkt genau dadurch die Umlaufgeschwindigkeit, die ja beschreibt wie oft die gesamte Geldmenge pro Zeit zum Bezahlen verwendet wird. Das frische Geld landet aber eben nicht sofort bei den Konsumenten bzw. im Wirtschaftskreislauf, und zu Zeiten der Krise möchten auch nicht alle das Geld sofort ausgeben bzw. investieren.
Erst wenn das Geld verzögert in den Wirtschaftskreislauf gelangt, steigt auch die Umlaufgeschwindigkeit wieder, so dass entsprechend der Gleichung bei erhöhter Geldmenge der Geldwert abnimmt.
Modell 2
Man berücksichtigt, dass das frische Geld immer nur für gewisse Gegenwerte ausgegeben wird. Das sind wie schon gesagt eigentlich keine Güter, sondern Objekte, die im selben Moment erst geschaffen werden (Kredite, Anleihen).
In diesem Modell steigt im Moment der Ausweitung die Geldmenge und parallel auch der Wert der gehandelten „Güter“ bzw. Objekte; alles bei konstanter Umlaufgeschwindigkeit. Schließlich werden mit dem neuen Geld z.B. Anleihen gekauft, die es vorher nicht gab.
Stellt sich allerdings im Laufe der Zeit heraus, dass ein Teil dieser Anleihen und Kredite nichts bzw. weniger wert war als erhofft, sinkt dadurch der Geldwert. Schließlich stellen Kredite nur eine Erwartung an gesteigerte Wirtschaftsleistung dar, die enttäuscht werden kann.
Beide Modelle stellen dynamische Vorgänge dar.
Der Geldwert wird sich in keinem Fall sofort bei einer Geldmengenausweitung verringern, sondern erst verzögert. Falls die Wirtschaftsleistung parallel steigt, kann die Geldeinheit sogar ihren Wert behalten.
Genau diese Dynamik sowie auch die parallel steigende Wirtschaftsleistung werden aber m.E. bei der Beurteilung der Quantitäts-Gleichung und -Theorie oft unterschlagen.
Was hältst du davon?
Hey, danke erstmal!
Ich finde, dass es zu vernachlässigen ist, weil die Geldmengenausweitung sowieso nicht 1 : 1 die Inflation beeinflussen kann. Da spielen zu viele Faktoren eine Rolle. Angenommen ich habe einen Gelddrucker im Keller und drucke ganz viele gültige Banknoten, ohne dass es jemand mitbekommt, dann steigen ja nicht die Güter in diesem Maßen. Wie schnell sie sich dann anpassen, wenn das neue Geld in den Umlauf kommt ist ebenfalls kaum zu messen, weil die anderen Faktoren, die die Preise beeinflussen rausgerechnet werden müssen.
Meiner Meinung nach verkompliziert das nur einen doch recht simplen Zusammenhang von allgemeinen Preisen und der Geldmengenausweitung und lenkt den Fokus auf die Umlaufgeschwindigkeit, als wäre sie das „Übel“.
Deshalb bin ich da noch nicht tiefer eingetaucht. Hole ich bei Gelegenheit mal nach.
Danke für deine Ausführung.
Die Österreichische Schule behauptet ja auch nicht genau ökonomische Variablen (BIP, Inflation etc.) durch mathematische Modellierungen genau vorherzusagen. Sie ist sogar einer mathematischen Darstellung wirtschaftlicher Zusammenhänge gegenüber abgeneigt. Dem würde ich mich auch so anschließen.
Die Frage ist doch, wie man den Wert des Geldes definiert.
Definiert man den Wert von Geld als absolute Kaufkraft, womöglich mithilfe irgendwelcher Warenkörbe, dann kann man eine Inflation leicht wegreden.
Sobald man aber den Wert einer Geldeinheit als seine Kaufkraft relativ zur gesamten Kaufkraft bzw. Geldmenge definiert, dann ist der Wertverlust unstrittig. Wer das Geld druckt, der hat mehr vom Kuchen, die anderen weniger.
Das Framing der ganzen Inflationsdebatte konzentriert sich nun auf die Frage, wie sich die Preise an der Supermarktkasse, der Tankstelle und den Wohnnebenkosten entwickeln. Schon an diesen drei Beispielen sieht man, dass sie kaum abhängig, saisonal und kurzfristig von ganz anderen Faktoren getrieben sind. Der Interpretationsspielraum wird riesig und ist geeignet, von der eigentlichen (langfristigen) Ursache für Inflation abzulenken. Die eigentlich so klare Konfliktlinie wird diffus.
Will man die fatalen Auswirkungen der Geldmengenausweitung erklären, sollte man einige Begriffe tunlichst vermeiden. Als allererstes: Preis(-steigerung). Das setzt den falschen Fokus, und man begibt sich auf ein Schlachtfeld mit Ökonomen und Wissenschaftlern die jederzeit mehr Modelle aus der Tasche zaubern können als Taschentücher (q.e.d). Auch die Begriffe Wert und Kaufkraft sollte man aus oben genannten Gründen vor Verwendung klar definieren.
Das eigentlich Erstaunliche ist aber folgendes: Wir kennen in unserem kulturell gewachsenen Wortschatz keinen prägnanten Begriff für ein jahrtausende altes, wiederkehrendes Phänomen, nämlich die Verwässerung des eigenen wirtschaftlichen Anteils am Ganzen.
Welche Vorschläge gibt es für das gesuchte Wort?
Kaufkraftverlust?
???
„Legaler Diebstahl“ beschreibt es treffend. Diebstahl an sich setzt nämlich voraus, dass es rechtswidrig ist.
Danke!! Habe mich immer gewundert, warum die Quantitätsgleichung in der Debatte noch nie aufgetaucht ist. Bin da zu 100% bei dir!
Danke für den Artikel.
Ich denke ebenfalls Inflation und Geldmenge hängen irgendwo zusammen, aber ich denke auch Bitcoiner vereinfachen sich die Thematik zu sehr. Es gibt wie schon angedeutet zu viele Faktoren, die eine Rolle spielen. Wie hoch der Einfluss der GMA ist kann glaube ich niemand sagen.
Du schreibst: Auf die Konsumgüter trifft das neue Geldangebot in der Regel erst später, zum Beispiel nachdem Vermögenswerte verkauft werden, um mit dem Geld dann Konsumgüter zu kaufen.
Ist das logisch? Steht dem Verkauf von Vermögenswerten nicht ein Kauf gegenüber? Wenn ich eine Kredit aufnehme um jemandem ein Haus abzukaufen, kann derjenige doch mit dem Geld Güter konsumieren…
Was anderes: was ist mit der Türkeit? Die haben eine sehr sehr schwache GMA und hohe Inflation. Was ist mit Japan. Genau das Gegeteil: extrem hohe GMA und niedrige Inflation…
Gut parodiert hier:
Viele Grüße
Kann jemand in wenigen Sätzen einem Laien erklären wie die Geldmengenausweitung zu Inflation führt?
Ich folge hier der Definition von Inflation als Kaufkraftverlust (Da ist sich „die Wissenschaft“ ja nicht einig).
EDIT: Geldmengenausweitung und Inflation können je nach Definition auch synonym verwendet werden. Der Volksmund meint i.d.R. den Kaufkraftverlust, die Wortbedeutung entspricht eher der Geldmengenausweitung und MMT meint wiederum irgendwas anderes. Ich beziehe mich auf den Kaufkraftverlust, weil ich das aus Deiner Frage rauslese.
Stell dir vor, die weltweite Geldmenge betrage insgesamt 100$ D.h. du könntest die Welt für 100$ kaufen. Wie viel der Welt könntest du für 100$ kaufen, wenn die weltweite Geldmenge nicht 100$ sondern 1000$ beträgt?
Angebot und Nachfrage.
Das Angebot an Geld steigt, der Preis des Geldes sinkt. Folglich musst Du mehr Geld für die gleiche Ware bezahlen.