Zukunftsszenario: Mining unprofitabel -- na und?

Neulich wurde hier über tail-emissions diskutiert. Auch kommt die Frage nach der Blockgröße sporadisch immer mal wieder auf, oder auch eine zusätzliche Transaktionsgebühr für Miner oder die Rückführung vermeintlich verlorener Coins in den Zyklus. Die Prämisse ist stets die gleiche, nämlich dass das Mining profitabel bleiben muss.

Warum überhaupt?

Was wenn Mining nicht mehr profitabel ist?

Darum soll es hier gehen, NICHT um die Frage, wie man Mining unter widrigen Umständen profitabel bekommt.

Ich will die Grundannahmen in Frage stellen, die da lauten: Mining müsse immer profitabel sein. Das Motiv für Mining sei stets der Profit. Sobald das nicht mehr gegeben ist, scheitere Bitcoin.

Vielleicht stimmt das ja gar nicht…

Warum ist das plausibel?

Sobald Nationalstaaten oder andere große Player aus Machtinteresse beginnen zu Minen, dann könnte das über die Grenze der Wirtschaftlichkeit hinaus geschehen. Wenn Nationalstaaten die Akteure sind, wird es dann vielleicht analog zum atomaren Wettrüsten Hashrate-Abkommen geben?

Aber auch für andere gilt: Sicherheit – der Fortbestand von Bitcoin – liegt im Eigeninteresse des Hodlers. Aber je mehr Bitcoin man hat, desto größer ist das Interesse, das Netzwerk stabil und sicher zu erhalten.

Welche Dynamiken setzt es in Gang, wenn das Motiv des Miners nicht mehr der Profit, sondern die Absicherung des eigenen Geldes ist?

Was bedeutet das für die Umverteilung? Würden dann die reichen Entitäten nicht nur absolut sondern auch relativ mehr für die Sicherheit des Netzwerkes ausgeben (müssen)? Sie hätten am meisten zu verlieren. Wäre damit nicht eine Umverteilung von den Walen zu den kleinen Fischen eingebaut?

Spieltheoretisch ist das eine schwierige Situation, weil in einem dezentralen Umfeld alle als Trittbrettfahrer von der Stabilität des Netzwerkes profitieren, die aktive Absicherung aber nur mit Kosten verbunden ist. Braucht es dafür vielleicht sogar große, antagonistische Entitäten?

Freue mich über Meinungen,
Maxikowski.

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Interessanter Beitrag. Ich finde es immer gut, wenn man die Grundannahmen hinterfragt.

Meine ersten spontanen Ideen dazu ohne krasse Kentnisse in der Spieltheorie zu haben:

A) Irgendwie kann ich es mir nicht vorstellen, dass Mining betriebswirtschaftlich unrentabel und trotzdem auf lange Sicht durchführbar wäre. Wenn doch stellt sich mir die Frage, wer das zu welchen Kosten hinbekommen würde. Irgendiwe schwer sich ein deflationäres Geldystem vorzustellen.

B) Die Rechnung beim Mining ist ja im Prinzip erstmal einfach: Ausgaben sind die Hardware, Lager- & Betriebskosten und Strompreise. Man müsste die einezelnen Preisentwicklungen unter einem Bitcoinstandard durchgehen. Ich könnte mir aber davon unabhängig vorstellen, dass es eine Gruppe von Leuten gibt, die sich diese Ressourcen gegenseitig sehr günsitg zur Verfügung stellen, eben weil einzelne Mtiglieder dieser Gruppe Zugang zu den Ressourcen haben und gleichzeitig wissen, dass es eine breite Akzeptanz innnerhalb der ganzen Gruppe braucht, damit Bitcoin als Geld und Wertespeicher weiterhin akzeptiert bleibt (Hayek Währungswettbewerb etc.). So könnte ich mir denken, dass Miner eine privilegierte Position in einer Gesellschaft bekommen, in dem Sie Strom, Lager und Hardware zu sehr günsitgen Preisen bekommen. Dieses Szenario kann aber erst eintreten nachdem Bitcoin sich als ein Geld und Wertespeicher in der entsprechenden Gruppe durchgesetzt hat. Der Weg bis dahin muss natürlich ganz anders aussehen.

C) Falls das Szenario unter B denkbar wäre: Was würde es bedeuten, wenn eine Gruppierung Minern solche Privilegien machen würde? Wie groß wäre die Abhängigkeit vom Bitcoin? Welche Machtstellungen hätten dann Miner unter dem angezeichneten Szenario?

PS: Nur meine ersten Gedanken. Für eine offene Diskussion stehe ich gerne bereit und Hinweise zu etwaigen Denkfehlern nehme ich gerne entgegen.

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Wenn man Mining mit Abfallstrom betreibt ist es immer profitabel. Überschüssiger Strom fällt überall und immer wieder an. Wenn Strom nichts kostet müssen Miner auch nicht 24/7 laufen.

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Das reicht nicht zwangsläufig um die Fixkosten reinzuholen!

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Vermutlich soll der Fokus auf Bitcoin liegen. Man hat mehrere unbekannte Variablen, eine wichtige davon ist, wie sich der Kurs von Bitcoin entwickeln wird. Die Annahme, daß jedes Halving auch im Verlauf eine Kursverdopplung letztlich erbringen wird, halte ich für zu schlicht bzw. die Kausalität nicht für zwingend.

Transaktions-Gebühren wird es wohl immer geben. Auch hier unbekannt, wie sich diese entwickeln werden, wenn man deren Höhe vollkommen dem Blockplatz-Markt überlässt.

Die Preise von Mining-ASICs sind aus meiner Sicht doch keine „ehrlichen“ Hardware-Produktionskosten mit einem gewissen Profitanteil, wie es bei anderer Hardware in der Marktwirtschaft üblich ist. Mir erscheinen die eher reichlich aufgeblasen, so nach dem Motto, gewinnorientierter Hardwaremarkt-Preis zzgl. was ein ASIC ca. in einem Jahr Betrieb durch Mining erwirtschaften könnte +/- Pi*Daumen.

Ich denke auch, daß man vermehrt auf überschüssige Energie ausweichen wird, wobei die Energieproduktionsanlage nicht unbedingt den primären Zweck haben muss (und sollte!), Miner zu speisen. Vielmehr kann und sollte diese in Maßen großzügig dimensioniert sein, damit z.B. für’s Mining Überschuss da ist, mit dem Mining sich amortisieren und danach hoffentlich auch Gewinn erwirtschaften kann.

Große Mining-Farmen werden sich vermutlich erledigen, da man deren Energiebedarf nicht beliebig günstig machen kann, diese also früher oder später unrentabel werden müssen.

Ich erhoffe mir in Zukunft wesentlich mehr Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen, deren Überschuss in eine Energiesenke Mining abfließen kann, zum Vorteil aller, zur Dezentralisierung des PoW-Minings.

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Ich denke deshalb wurde von @Snuups darauf hingewiesen, dass die Miner nicht unbedingt 24/7 laufen müssten. Sie werden weiterhin nur dann laufen, wenn es sch profitiert. Das aber deutlich früher als bei Minern mit gewerblichen Stromverträgen / -tarifen. Und da die Stromkosten den Großteil der Ausgaben ausmachen, soweit ich das weiß, sind dadurch die Fixkosten sehr schnell reingeholt.

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Andererseits ist ja deine ursprünglice Frage gewesen, ob Miner auch dann laufen könnten, wenn es sich betriebswirtschaftlich nciht rechnet. Bezigen auf Miner, die durch Abfallstrom laufen hieße das folgendes: Mit Abfallstrom betriebene Miner hätten deutlich weniger Ausgaben mit extrenen Mitteln zu decken als andere Miner. Können also evtl. länger von Ihren zurückgelegten BTC zehren.

Allerdings ist es ja emine Meinung gewesen, das deine Frage nur unter einem angenommenen Bitcoinstandard diskutiert werden muss.Und hier kommt mir dunkel eine Argumentationskette von Roman in den Kopf, die mir heute auch irgendwo anders über den Weg gelaufen ist. Ich komme aber nicht ganz drauf, aber es hatte etwas damit zu tun, dass der Bitcoin die Energie repräsentiert wird, die in ihn fließt. Roman sagt ja auch oft, dass er sich nach den technsichen Aspekten von Blockchains mit der Physik und dem Energieerhaltungssatz beschäftigt hätte. Aber die Argumente hab ich sets nur teilweise begriffen.

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Eine wirklich interessante, komplexe Fragestellung. Vielleicht funktioniert dein Szenario, hier aber als Diskussionsgrundlage einige wenige Kritikpunkte.

Vor allem bei spieltheoretischen Analysen, bei denen nicht nur maximaler Profit das Ziel ist, tue ich mich schwer damit, die verschiedenen Pfade/Handlungsoptionen passend zu gewichten, und vor allem überhaupt erst einmal alle relevanten Aspekte zu identifizieren. All das unterscheidet sich je nach Akteur und damit auch die Vorstellung davon, was man als rationales Verhalten ansieht.

(Prof. Rieck hatte z.B. im Rahmen der Ukraine-Krise einige Analysen auf YT gezeigt. Aufgrund der starken Vereinfachung sind die Ergebnisse aber m.E. sehr fragwürdig. Evtl. täusche ich mich da aber auch.)

Sowohl das Streben nach mehr Geld als auch nach mehr Macht entsteht direkt aus grundlegenden menschlichen Eigenschaften wie z.B. Gier, Wunsch nach Besserstellung ggü. anderen etc. .
Bitcoins Sicherheit wird also durch grundlegende menschliche Eigenschaften befeuert. Unabhängig davon ob die Mining Profitabilität entscheidend ist, oder das Machtstreben von Staaten bzw. deren Machthabern.

Allerdings vereinfacht Profitmaximierung m.E. die spieltheoretischen Analysen im Vergleich enorm.
Wie würde man ohne Profit als zentralem Ziel mögliche Angriffsszenarien identifizieren, modellieren und analysieren? Geht vielleicht; wenn dann aber nur sehr schwierig.
Im Gegensatz dazu sind die Analysen relativ einfach, wenn man annimmt, dass der Großteil der Miner das ausschließlich aus Profitstreben macht. (Es sei mal dahingestellt, ob das eine gute Annahme ist. Wir hatten das ja schon anderweitig diskutiert.)

Unabhängig davon sehe ich einen weiteren Vorteil, solange die Mining Profitabilität der entscheidende Aspekt ist:

Jeder mit Zugriff auf günstigere Energie, evtl. Überschuss-Energie, ist incentiviert zu minen. Dieser Anreiz ist entkoppelt von den Machtverhältnissen auf globaler Ebene.

Das sollte also zu einer wesentlich stärkeren Mining Dezentralisierung bzw. „Bitcoin Machtverteilung“ führen, als wenn Mining kein Geld abwirft und sich das außer Superreichen und Staaten niemand leisten kann.

Mir gefällt z.B. die Vorstellung, dass irgendwann jeder Privathaushalt mined um zu heizen, evtl. in Kombination mit PV-Anlage, oder dass gewisse Industrien minen und dadurch am Ende wirtschaftlicher sind. Das sind Beispiele; um Details geht es mir hier nicht, bevor wieder ein Schlauberger kommt.

Bitcoin Mining wäre ein Machtinstrument. Analog zum atomaren Wettrüsten würde niemand die tatsächlichen Hashrate Reserven verschiedener Staaten/Verbünde kennen. Abkommen würden wahrscheinlich ebenso im Geheimen gebrochen, wie es heute bei den Nuklearwaffen der Fall ist.

(Ich bin wirklich kein Verschwörungstheoretiker. Aber mir kann niemand erzählen, dass Länder wie z.B. USA, Russland oder China diese eindeutig nuklearwaffen-zentrierte, gut finanzierte Forschung betreiben, um damit nicht ständig neue Nuklearwaffen zu entwickeln und zu bauen. Das nukleare Abrüsten ist für mich eines der größten Schauspiele auf der internationalen Bühne.)

Im Ernstfall wüsste man also nicht, wer aus welchen Gründen mehr oder weniger davon hätte, das Netzwerk anzugreifen. Betroffen wäre man natürlich auch selbst, wie bei Nuklearschlag und Gegenschlag. Aber wenn ein Staat denkt, der Feind wäre stärker betroffen, wer weiß.

Mit Bezug auf mein Argument von oben:

Bei Mining Profitabilität als zentralem Aspekt gäbe es im Gegensatz dazu auch viele andere Akteure, die minen. Evtl. sogar mit stärkerer Hashrate als die Staaten.

Vielleicht werden ja auch bei hoher Mining Profitabilität irgendwann größere Staaten mit einsteigen. So wie heute schon im Kleinen. Aber sie wären eben nicht die Einzigen.

Auch wenn es dir darum in diesem Thread nicht geht, ganz kurz:

Wie in anderen Threads schon diskutiert (z.B. 1, 2, 3), wäre auch eine dauerhafte Subsidy insofern fair, dass sich alle Bitcoin Besitzer durch den Wertverlust an der Netzwerk Sicherung beteiligen.
Nicht nur die Nutzer, die Transaktionen ausführen. Und zwar jeder proportional zu seinem Bitcoin Besitz.

Aber du hast recht. Je nachdem wie das staatliche Mining finanziert würde, wäre eine Umverteilung möglich.

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Ja, das kommt drauf an. Aber gerade bei älteren Minern sind diese ja sehr gering.

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