Ich glaube ich verstehe, was du sagen willst (auch wenn ich mir nicht sicher bin, auf welchen Beitrag die dich beziehst).
Aber meiner Meinung nach gibt es bei dem Thema „Meinungsfreiheit“ ein großes Missverständnis. Zuallererst möchte ich natürlich festhalten, dass Meinungsfreiheit ein wichtiges Grundrecht ist, das wir schützen müssen. Auf der anderen Seite erlebe ich in letzter Zeit sehr häufig eine geschickte Diskurverschiebung bei dem Thema.
Ich erlebe es derzeit immer häufiger, dass insbesondere Leute, die sich (meiner Meinung nach!) auf der einen Seite besonders wenig Mühe geben, fundierte, interessante und durchdachte Meinungen von sich geben, sich auf der anderen Seite besonders laut beschweren, wenn ihre Meinungsfreiheit (in Ihren Augen) eingeschränkt wird.
Beispielsweise gibt es sogenannten „Experten“ die irgendwelche Zahlen aus dem Corona-Umfeld zusammenschustern, falsch interpretieren oder einfach dreist lügen, einfach überhaupt keine Ahnung haben und sich dann aber im Recht sehen, dass ihre „Meinung“ auch vom Hauptnachrichtensender oder sonstigen Medien verteilt werden muss. Das gleich kennen wir vom Klimawandel und anderen gesellschaftlich wichtigen Themen.
Und auf der anderen Seite stehen Wissenschaftler (nur ein Beispiel), die sich jahrelang mit einer Materie im Detail auseinandersetzen, die den wissenschaftlichen Diskurs pflegen (der natürlich auch abweichende Meinungen berücksichtigen sollte).
In Zahlen ausgerückt kommt dann manchmal 1 abweichende Ansicht auf 99 fundierte Ansichten. Und in Medien oder auch auf Social Media enteht dann Druck, der zur „False Balance“ führt. Dann wird 1 Wissenschaftler zur Talkshow eingeladen und 1 Was-weiß-ich-wer. Und das Publikum glaubt in der Sache steht es tatsächlich 50:50.
Das Problem in diesem Fall ist nicht die abweichende Meinung, das Problem ist, wenn diese abweichende Meinung einfach nicht korrekt argumentiert wird, wenn gelogen und falsch interpretiert wird.
Dann hat das ganze nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun. Meinungsfreiheit hat nichts damit zu tun, dass jeder die Pflicht hat sich die halbgaar und zusammengelogenen Ansichten irgendwelcher Leute anzusehen. Aber genau darauf läuft es häufig hinaus.
Die Diskursverschiebung sieht aktuell so aus, dass man sich fast dafür verantworten muss, wenn man solche undurchdachten Gedanken NICHT in die Recherche mit aufnimmt. Böhmermann hat genau das vor kurzem im Fernsehen angesprochen und wird dafür (surprise, surprise, auch von manchen deutschen Bitcoinern) attackiert. In diesen Attacken wird fälschlicherweise sinuiert er hätte etwas gegen Meinungsfreiheit aber in Wahrheit hat er nur diese „False Balance“ kritisiert.
Diese Entwicklung finde ich sehr bedenklich. Die führt uns geistig in ein dunkles Mittelalter zurück. Wir brauchen dringend eine Renaissance in der logisches Denken und wissenschaftliche Methoden wieder angestrebt und hochgehalten werden. Das ist übrigens auch ganz im Sinne von Satoshi Nakamoto: Der hat nach bestem Wissen ein Paper über Bitcoin geschrieben, hat es veröffentlicht und gegen Kritik verteidigt, hat logisch argumentiert und mit der ersten Software auch den Beweis erbracht, dass es funktioniert.
Es geht nicht darum wer etwas sagt, und ob der oder diejenige einen akademischen Grad oder Titel trägt oder ein Pseudonym nutzt. Aber es geht darum was und wie jemand etwas sagt. Es geht darum sich tiefgehend mit einem Thema zu beschäftigen, logisch zu argumentieren und auch Fehler einzugestehen – aber unabhängig davon wer man ist oder ob man der erste ist. Daraus kann wertvoller Diskurs entstehen. Und genau daraus entstehen Ergebnisse, für die die Meinungsfreiheit so wichtig ist!