Wieso nimmt ein Staat Schulden auf und druckt nicht einfach neues Geld? Die Gelddruckmaschine ist ja im Staatsbesitz?

Ich verstehe nicht wieso der Staat Schulden machen muss, er kann doch einfach selber Geld drucken oder nicht?

Da das Thema recht komplex ist, würde ich meine Frage gerne anhand eines Beispiels konkretisieren.
Ein Dorf hat 1000 Einwohner und eine Währung („W“). Es gibt einen Bürgermeister und im Rathaus wird auch die Währung „W“ gedruckt. In dem Dorf gibt es viele Handwerker und der Bürgemeister entscheidet, dass jetzt eine Brücke renoviert werden muss. Der Bürgermeister verfügt nur über 10.000 W, die Kosten betragen aber 15.000 W.

Jetzt gäbe es ja drei Alternativen:

  1. Der Bürgermeister könnte jetzt ja zb zur Bank B (im Dorf oder auch im Nachbardorf) gehen und sich 15.000 W ausleihen, würde aber mit Zinsen usw. 16.000 W zurückzahlen.

  2. Der Bürgermeister könnte den Handwerkern sagen, dass er 10.000 W gleich zahlt und die restlichen 5.000 W im nächsten Jahr (wenn die Steuern kommen).

  3. Der Bürgemeister könnte in den Rathauskeller gehen und einfach 5.000 W drucken und den Handwerkern alles zahlen.

Ich weiss, dass 2. und 3. nicht vom Staat (hier der Bürgermeister) gemacht wird, die Frage ist nur wieso? Weil die Bank bei 1. „druckt“ ja auch Geld indem sie einfach beim Onlinekonto der Personen ein paar Nullen dazu schreibt.

Wo wäre überhaupt der Vorteil zu einer Bank zu gehen?
Vielleicht bin ich auch irgendwo falsch abgebogen, ich wäre für alle Anworten dankbar :slight_smile:

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Wenn ich es richtig verstehe dann ist Staatschulden in der eigenen Währung aufnehmen fast synonim mit Geld drucken.
Das Geld wird sie einfach zu extrem niedriegen Zinsen und bei sehr langer Ruckzahlfrist von der Zentralbank geliehen (welche es aus dem Nichts erschafft).

Eine Alternative dazu ist Staatsanleihen raus zu geben welche ebenfalls sehr geringe Zinsen bei sehr langen Laufzeiten haben.

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Genau, im Endeffekt würde es zu einer Inflation kommen. Aber wieso sollte man bei jemandem Schulden machen (das schafft nur Abhängigkeiten)?

Der Staat darf rechtlich kein Geld drucken, dass dürfen nur Banken bzw. die Zentralbank.

Deswegen bleibt nur der Weg über die Verschuldung. Diese Vorgehensweise hat allerdings auch einige Vorteile:
Es wirkt legitimer, wenn der Staat sagt „wir machen schulden für Investitionen“ als wenn er einfach drucken würde. Die Zentralbank wirkt als unabhängige Instanz.

Der Staat kann Anleihen ausgeben um so Investoren an seine Praxis zu binden. Diese können dann mit geringem Risiko eine Rendite erwirtschaften und Unterstützen so das Vorgehen des Staates.

Der Staat kann, falls er die Kredite nicht zurückzahlen kann, einfach mehr Kredite aufnehmen (sog. Roll-Over) und die alten mit neuen Krediten abbezahlen. (Für Privatpersonen übrigens strengsten Verboten und Strafbar, weil Betrug.) Die Zinslast juckt den Staat nicht so sehr außer für machtpolitische Kämpfe. Notfalls wird die Schuldenbremse ausgesetzt .

Aber eigentlich ist es nur ein Taschenspielertrick. Die Geldmenge wächst und es kommt zur Inflation!

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Die Einfache Antwort:

Drucken von Geld und Schulden machen sind einfach Synonyme, also komplett gleichbedeutend.

Die lange Antwort:

Ich persönlich denke immer in Machtwerten, das vereinfacht die Betrachtung erheblich. Stell dir Macht wie eine Art Energie vor: Sie kann nicht erstellt oder vernichtet werden, aber sie kann den Besitzer wechseln. Ein fairer Machttausch ist es, wenn gleichwertige Machtformen ihren Besitzer wechseln, also z.B. 5 Kupfermünzen für einen Apfel (wenn das der Wert des Apfels ist…) Solche Handlungen sind fair, weil die Gesamtmacht sich durch so einen Tausch nicht (kaum) ändert, nur die Machtformen wechseln ihren Besitzer was ein Vorteil für beide Handelspartner ist. Unfair ist es, wenn die Machtwerte nicht gleichwertig ausgetauscht werden weil dann immer einer der Handelspartner ärmer wird und seine Macht verliert. Und jede beliebige Aktion in der Welt ist immer auch ein Austausch von Macht, manchmal vielleicht irrelevant im Machthaushalt eines Menschen wie das umherlaufen oder das Herzschlagen, aber manchmal eben auch sehr relevant wie bei einem Überfall oder Diebstahl.

Der Bürgermeister besitzt also Macht in Wert von 10kW, will aber eine Ausgabe tätigen (die Brücke reparieren), was ihm 15kW kostet. Die Kosten übersteigen also den Machtwert, den der Bürgermeister physikalisch ausgeben kann.

Im Endeffekt ist es relativ egal, woher die fehlende Macht kommt, sie muss bezahlt werden wenn die Brücke repariert werden soll. Ob der Bürgermeister

  1. diese Macht durch Steuern den Menschen direkt abnimmt
  2. oder die Handwerker nicht ausreichend bezahlt werden, sodass die Handwerker den fehlenden Machtwert liefern (das kann man auch als Steuer bezeichnen),
  3. oder der Bürgermeister zu einem Bürger geht und sich die Fehlende Macht leiht (einen Kredit bei einer Bank nimmt)
  4. oder Geld erstellt und die Menschen somit nicht fair bezahlt

ist für den Bürgermeister ersteinmal egal. Aber was passiert mit den Machtwerten in den einzelnen Szenarien genau?

Szenario 1:
Der Bürgermeister erhebt eine neue Steuer, worauf auch immer. Das bedeutet die Menschen, die diese direkte Steuer bezahlen müssen verlieren damit auch direkt ihre Macht, die an den Bürgermeister übergeht ohne dass diese Menschen etwas gleichwertiges zurück bekommen. Dann kann der Bürgermeister die Brücke reparieren oder sich ein eigenes Haus davon kaufen. Steckt der Bürgermeister das Geld wie versprochen in die Brücke, dann gibt er den Menschen durch diese Infrastruktur wieder Macht zurück, daher kann es sich lohnen, dass die Menschen diese Steuer wirklich bezahlen. Nimmt sich der Bürgermeister ein Teil davon weg um selber ein eigenes Haus für sich zu bezahlen, dann gibt es hier Korruption. Die Menschen verlieren also deutlich mehr Macht in Form von Steuern, als sie an Macht wieder zurück bekommen.
Jeh nachdem, wie viel Macht die Brücke also den Menschen Wert ist, kann es sich lohnen oder eben nicht lohnen diese Macht abzugeben. Sie könnten die Steuern dann sogar freiwillig bezahlen.

Szenario 2:
Das ist eigentlich ein Spezialfall von Senario 1: Anstatt von einer beliebigen Steuer zu reden bekommen die Handwerker weniger Geld als sie eigentlich für die Reparatur benötigen würden. Die Handwerker verlieren in diesem Handel also Macht während der Bürgermeister diese Macht gewinnt (in Form von Verpflichtungen, die er nicht leistet). Hier sind es also die Handwerker, die explizit ersteinmal an Macht verlieren aber genauso könnte es sich für sie lohnen das Verlustgeschäft einzugehen weil sie von der Brücke Vorteile bekommen.

Szenario 3 ist da spannender:
Der Bürgermeister geht zu einem Bürger (nennen wir ihn Bank) und leiht sich das fehlende Geld. Der Bürgermeister hat dann also Schulden bei der Bank aber er hat dann auch das Geld die Brücke fair reparieren zu lassen. Also Fair im Sinne, dass kein Bürger seine Macht für die Brücke explizit ausgeben muss.
Allerdings muss im Endeffekt ja trotzdem irgendjemand für die fehlende Brücke bezahlen. Das kann der Bänker sein, wenn der Bürgermeister das Geld nie wieder zurückzahlt (hier sind wir ehr im Szenario 4), das können aber genauso wieder die Bürger sein, weil das Geld im Endeffekt doch wieder irgendwann über Steuern eingenommen werden muss. Dann ist das hier doch wieder Szenario 1 mit der Zugabe, dass eine Drittpartei noch beteiligt ist, die durch Zinsen wieder Macht bekommt, die Bürger also insgesamt mehr bezahlen müssen als wenn sie gleich das Geld für die Brücke gegeben hätten.

Szenario 4:
Der Bürgermeister kauft sich Papier, schreibt darauf dass das Papier Geld ist und gibt es den Handwerkern als Bezahlung: Papiergeld.

Was hier passiert ist, dass neues Geld erstellt wird, was vorher noch nicht existiert hat. Aber die Machtbilanz bleibt gleich: Der Bürgermeister hatte kaum Machtkosten das Papier zu bedrucken, verkauft das Papier aber teuer an die Handwerker. Die Handwerker sind dann zwar mit korrekten Geldwert von 15kW bezahlt worden, der Bürgermeister hat aber trotzdem nur Machtwerte von 10kW besessen und ausgegeben.

Was hier passiert ist also, dass der Bürgermeister mit den neuen Geldscheinen Kreditscheine ausgegeben hat. Er hat die Handwerker vermeintlich mit Macht im Wert von 15kW bezahlt obwohl er nur Macht im Wert von 10kW besessen hat. Die Handwerker haben also einen Kredit von 5kW angenommen um die Brücke zu reparieren.

Das Gelddrucken ist also analog mit dem Szenario 3, diese Szenarien sind also gleichbedeutend. Der Bürgermeister kann seine Schuld wieder gutmachen, er kann also den Kredit zurückzahlen was bedeutet er kauft den Handwerkern (oder anderen Menschen des Dorfes) das Geld wieder ab und vernichtet das neue Geld. Mit so einer Aktion würde der den vorherig unfairen Handel (mehr Macht von den Handwerkern eingenommen als ausgegeben) wieder rückgängig machen weil er durch das Zurückkaufen des Geldes ja diese Macht wieder zu seinen Menschen zurück gibt. (Wobei es hier wieder eine Machtverschiebung geben kann weil ja die Handwerker den Schuldschein angenommen haben und somit Macht verloren haben während ein anderer Bürger vom Rückkaufprogramm profitiert. Dann kann man sagen, dass dieser Bürger die Macht des Handwerkers bekommen hat.)

Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass dieser Machtübergang nicht mehr ausgeglichen wird. Der Bürgermeister wird das gedruckte Geld also höchst wahrscheinlich nicht mehr abkaufen sondern im Umlauf lassen und die dafür eingenommene Macht behalten. Damit gab es aber einen Übertrag von der Macht der Handwerker zum Bürgermeister und diese äußert sich in Inflation: Das Geld, das der Bürgermeister ausgegeben hat hatte nicht den entsprechenden (Macht)Wert und senkt somit den (Macht)Wert des im Umlauf befindlichen Geldes. Und das äußert sich eben auf dem Markt des Geldes durch Inflation. Durch das Mehr an Geld ist für jeden Bürger einfacher an das Geld zu kommen als vorher, es wertet ab weil man weniger dafür arbeiten muss, also weniger seiner eigenen Macht dafür hergeben muss, egal ob das Arbeitskraft, Güter oder sonstige Machtwerte sind.

Geld Drucken ist also ein Synonym für Schulden machen, nur dass die Gleichheit des Geldes suggeriert, dass diese Schulden nicht mehr zurück gezahlt werden müssen. Denn werden sie nicht mehr zurückgezahlt, dann gibt es einen Machtfluss von denen, die das wertlose Geld für wirkliche Arbeit oder Güter abgegeben haben zu denen, die das Geld einfach erstellt haben und sich davon Güter oder Arbeit wie die Brücke gekauft haben.

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Wenn der Staat sich das Geld von der Zentralbank leiht, dann leiht er sich von einer Staatlichen Institution, auf die er ja wiederum Einfluss hat.
Staatsanleihen können zwar von Privatpersonen gekauft werden, damit erhält man aber kein zusätzliches Mitspracherecht, sondern eben nur das Recht auf eine Auszahlung am Auszahlungstermin.

In letzter Konsequenz ist es für dich im Hier und Jetzt egal, wo das Geld herkommt: Die Gesamtheit allen Geldes im Dorf ist mehr geworden, deshalb ist die Kaufkraft des Geldes, das du dein Eigen nennst, weniger geworden. Es ist insofern eine indirekte Form der Besteuerung.

Außerdem wird das neue Geld ja nicht gleichmäßig an alle Bürger verteilt, sondern es geht an den Bauunternehmer, der dem Bürgermeister jedes Jahr zu Weihnachten eine Flasche Cognac schickt, und der nun ordentlich Profite einfährt, und dir schon bald die schöne Wohnung vor der Nase wegschnappt.

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Wenn der Staat versucht eigenes zinsloses Geld zu drucken passiert folgendes.

Das haben die Nazis gemacht. 2. Weltkrieg - Abraham Lincoln - Sezessionskrieg
Gaddafi - hat ihn seinen Kopf gekostet
JFK - hat ihn seinen Kopf gekostet.

Bei dieser Lösung hätten wir eine gute Welt. Hierbei entstehen nämlich keine Schulden. Die Papiere können zirkulieren und gegen Waren und Dienstleistungen eingetauscht werden. Solange der Bürgermeister die Geldmenge nicht unkontrolliert ausweitet ist das ein gutes System, bei dem niemand verliert und die Steuern niedrig bleiben, da keine Zinsen anfallen.

Vielleicht aus dem Kontext weil nicht alles gelesen aber :joy::joy::joy::joy::joy::joy::joy::joy::joy:

Kannst du das näher erläutern? Auch bei Privatpersonen ist es meines Wissens nach üblich, Kredite aufzunehmen und von diesen Krediten die alten abzubezahlen, z.b. wenn man günstigere Zinskonditionen bei neuen Krediten bekommt. Betrug ist es nur wenn man die Bank anlügt. WIrd aber schwierig, weil die Bank ja einfach bei der SCHUFA nachfragen kann, was jede Bank auch macht, bevor sie einen Kredit vergibt.

Pardon, ich meinte das eher in Richtung Insolvenzverschleppung oder Ponzi-Scheme mit Geldfälschung. Der Staat lässt seinen Haushalt in einem ständigen Defizit laufen und deckt die Mehrausgaben, auch die gestiegene Zinslast, mit immer weiteren Schulden.

Bei einem Unternehmen würde dieses irgendwann dicht machen, weil ihm die Investoren ausgehen. Der Staat kann in der Hinsicht nicht pleite gehen, wenn er ein Geldmonopol hat, da seine Zentralbank notfalls die Staatsanleihen kauft und so ihn mit Liquidität versorgt. Die Geldmenge steigt durch diese Praxis ständig an. Und die Kosten dieser Geldmengenausweitung gehen über Umwege (Cantillion-Effekt) zu lasten des Sparers

Stell dir vor das würde ein normales Unternehmen machen:
Jedes mal, wenn das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät, wendet es sich an seinen Geldfälscherdienstleister, welcher ihn mit Krediten aus der Patsche hilft. Das Unternehmen wäre schneller weg als du bei 3 auf der Palme wärst.

Wer sagt das? Wenn der Bürgermeister das der Gemeinde anschaulich erklärt sollte es doch dafür nur Zustimmung geben :thinking:

(Möchte es nur verstehen, ist keine Kritik an deinen Argumenten)

Das steht im Gesetz. Das wurde aus dem Lehren nach den beiden Weltkriege gezogen, als der Staat massiv Geld gedruckt hat, um seine Kriegsausgaben, Reparationszahlungen usw. zu finanzieren. Der Gedanke war, dass die Zentralbank eine technokratische, staatlich unabhängige Institution sein soll, welche über Ihre Zinspolitik die wirtschaftliche Aktivität steuert. Die Geldpolitik der Zentralbank und die Fiskalpolitik der Regierung sollten somit getrennt werden. Die Regierung soll somit zur fiskalen Disziplin motiviert werden.

Praktisch funktioniert das leider nicht so wie gedacht, da werden lieber Limitationen aufgehoben. Der Staat und seine Zentralbank sind gegenseitig voneinander abhängig, keine der beiden Institutionen würde die andere Fallen lassen. Der Staat gewährleistet das Geldmonopol indem er z.B. Steuern in eigener Währung erhebt und somit jeden zwingt sein Geld zu verwenden und die Zentralbank liefert dem Staat Liquidität, indem sie sein Staatsanleihen kauft.