Wie unser Geldsystem funktioniert

Huhu Roman,

EDIT: um ganz viel lesen zu ersparen: Bei den folgenden Überlegungen fehlt ein wichtiger Fakt: Die Ausgaben der Bank werden nicht berücksichtigt, die als Reinguthaben in den Geldmarkt gelangt und damit durchaus der intrinsischen Inflation entgegenwirken.

vielleicht könntest du einmal in deinen Videos genauer erklären, warum genau unser Geldsystem und Inflation problematisch ist.

Der gute Maurice Höfgen hat dazu ein gutes Video gemacht:

allerdings ist er nicht auf die Problematiken eingegangen:
Geld wird durch Kredite geschaffen und bei Rückzahlung auch wieder vernichtet. Was aber nicht vernichtet wird ist der Zins für diesen Kredit. Wenn man sich zB. 100 Euro leiht, dann muss man irgendwann zB. bei 5% Zinsen 105€ zurückzahlen. Die 100€ Guthaben, die durch den Kredit ausgegeben wurden verrechnen sich immer mit der Schuld die sie durch deren Erstellung ergeben hat. Ohne Zins wäre es also tatsächlich ein Nullsummenspiel, aber wegen dem Zins erzeugt jeder Kredit mehr schulden als Guthaben.

Geht man nun davon aus, dass alles Geld irgendwann durch Kredite erzeugt wurde, dann wird einem klar, dass es im gesammten Geldsystem immer mehr Schulden geben muss als es Guthabengeld gibt um die Schulden zu begleichen.

Diesen Effekt nenne ich mal intrinsische Inflation weil diese Geldmengenausweitung Fundamental eingebaut in das Geldsystem ist. Egal was es noch für weitere Inflationen gib, diese Inflation muss durch prozentuale Zinsen exponentiell wachsen. Denn schaut man sich den Prozess des Kredits nocheinmal an, dann erzwingt er immer weitere Kredite. Denn wenn du dir 100€ leihst musst du 105€ zurückzahlen. Wo kommen die 5€ Zinsen her? Die Bank hat dieses Geld ja nie ausgegeben/erstellt fordert es aber ein. Das bedeutet dass du für diese 5 € einen neuen Kredit aufnemen musst oder eine andere Entität (Person, Firma, Gemeinschaft, Staat,…) finden musst, die dir das Geld gibt. Aber auch das Geld der anderen Entität ist du durch einen Kredit entstanden sodass die Schuldenlast einfach nur umverteilt wird.

Dieser Prozess kann sich hinziehen aber es läuft zwangsweise und intrinsisch auf eine exponentiell wachsende Geldmenge hin der gegenüber eine sich immer weiter ansteigenden Schuldenberg gegenübersteht.

Es gibt (wenigstens) zwei schweerwiegende Folgen dieser intrinsischen Infaltion:
Zum einen steigen die Preise immer weiter an da exponentiell immer mehr Geld auf die Märkte gespült wird. Wenn der Markt nicht auch exponentiell wächst kommt es zwangsweise zur Inflation und Real kann es nie unbegrenzt exponentielles Wachstum geben. Die folge ist also das die Preise zwangsweise irgendwann auch exponentiell steigen müssen weil das Geld in genau diesem Maße entwertet. Wenn die Menschen also nicht gegen die Inflation ankämpfen (und das müssen sie Branche für Branche Einzeld tuen), dann verlieren sie ihre reale Kaufkraft. Mit Inflation ist jeder gezwungen sich ständig auf dem natürlichen Lohngefälle seinen Platz zu sichern. Wer nicht kämpfen kann verliert halt.

Und das zweite Problem ist die Umverteilung von Werten. Wie schon erwähnt muss es immer mehr schulden im System geben als es Guthaben gibt. Das bedeutet dass durch natürlichen Handeln und Geldumlauf die Schulden im System immer zu den Schwächsten verlagert wird. Jedes Guthaben repräsentiert einen Schuldenberg den irgend ein anderer abbezahlen muss. Das perfide dabei ist aber, dass es für jeden Kredit eine Entität geben muss, die die Zinsschulden nicht zurückzahlen kann, da der Geldgegenwert ja nicht existiert. Die schwächsten Entitäten sind meist aber die Armen oder die Staaten. Staaten können diese Schulden wieder durch erhöhte Steuern auf ihre Bevölkerung umlegen bis die Bevölkerung es sich nicht mehr gefallen lassen und rebelliert. Privatpersonen oder Firmen verlieren Realwerte, die sie immer als „Sicherheit“ für Kredite hinterlegen müssen.

Wer also argumentiert, dass Inflation etwas gutes ist, der stellt kurzfristiges Wirtschaftswachstum über die Bedürfnisse der Menschen. Keine Realwirtschaft kann auf Dauer mit dem Exponentiellem Wachstum schritt halten und deswegen überwiegen langfristig die negativen Auswirkungen. Oder anders gesagt durch das Geldsystem wird es uns langfristig immer schlechter gehen zugunsten der Leute die am Geldhahn sitzen, den Bänkern.

Ich hoffe meine Gedanken waren verständlich und sagt Bescheid wenn ihr Fehler in der Argumentation findet :upside_down_face:

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Einen kleinen Nachtrag hab ich:
Banken die die Kredite rausgeben bekommen die Differenz des verliehenen Geldes (Zins) als Guthaben. Damit bezahlen sie die eigenen Strom, Gebäude und Arbeiterlöhne. Damit geben sie Geldguthaben aus ohne schulden zu erstellen.

Es muss also nicht zwangsweise stimmen, dass es immer mehr Schulden als Guthaben gibt. Somit kann es durchaus sein, dass sich im Gesammtsystem die Guthaben und Schulden die Wage halten. Intrinsisch wird die Gesammtgeldmenge aber trotsdem mehr durch die Zinsen. Den diese Geldausgabe verringern ja in keinster Weise irgend welche Geldmengen. Es gibt also trotsdem intrinsische Inflation.

Nur das Argument, dass es zwingend Verlierer geben muss stimmt damit nicht mehr unbedingt. Hier müsste man nun schauen wie groß die Differenz zwischen guthaben und Schulden wirklich ist. Da sie über Kredite nicht mehr direkt zusammenhängt kann man das nicht nur logisch/spieltheoretisch herleiten.

Edit: Hmm, Denkfehler, das von der Bank in Umlauf gebrachte Guthaben (geschöpft durch den Zins) kann ja wieder mit den entstandenen Schulden durch den Kredit verrechnet werden. Theoretisch ist es also doch möglich, dass es ein Nullsummenspiel wird, wenn sich dieses Guthaben irgendwann mit den Zinsschulden zusammenkommt.

Damit muss es perse keine intrinsische Inflation geben. Inflation gibt es in so einem Modell nur dann, wenn die Schulden permanent zu anderen Entitäten gelangt als das Guthaben. Wenn die Schulden zB. systematisch vom Staat abgesaugt werden während das Guthaben in Umlauf kommt.

Hallo. Etwas langsamer, damit ich das richtig versteh '.
Das mit Kredit, wo der zins übrig bleibt, is klar. Das ist, wenn der Kredit bedient wird.
Was aber mit den ganzen „geplatzten“ Krediten??!
Also ich hole mir Tausend Euro Kredit, gebe das Geld aus und kann es danach nicht mehr zurück zahlen, damit es wieder vernichtet wird. Dann ist es im Umlauf. Und das ist, wenn du dir die Bilanzen von Banken anschaust, gar nicht so selten, wie man annimmt. Und in den letzten 15 Jahren kam das relativ häufig vor, nicht nur bei Konsumenten-Krediten.
Also ich bin nicht sicher, doch das erscheint mir wie das Planspiel am grünen Tisch, was der Realität nicht entspricht.
Kann mich auch täuschen.

Gute Frage.
Die geplatzten Kredite hab ich Garnicht untersucht.

Fakt ist aber, dass ein normaler Kredit nur temporär die Geldmenge ausweitet. Wenn er zurückgezahlt wird wird das Geld auch wieder vernichtet und die Zinsen, die er mehr zahlen muss gibt die Bank auch wieder aus. Dieses Geld wird quasi vernichtet wenn die Zinzschuld und das Ausgegebene Geld der Bank beim Endanwender zusammentrifft.

Mit diesem System ist sowohl Inflation (umso mehr Kredite oder Kreditvolumen ausgegeben wird) als auch Deflation möglich (entsprechend wenn mehr Kredite Zurückgezahlt werden). Inflation und all deren Folgen haben wir, weil die Steuereinheit des Geldes, die EZB unglaubliche angst vor einer Deflation und einer möglichen deflationären Spirale hat. Deswegen ist ihr Ziel nicht Preisstabilität (0% Inflation/Deflation) sondern 2% Inflation. Die negativen sozialen Folgen von Inflation nimmt die EZB einfach in kauf.

Was aber mit geplatzten Krediten passiert muss ich leider erstmal noch nachrecherchieren. Spontan würde ich sagen, dass bei geplatzten Krediten die Bank die schulden erlassen muss, denn nur die Bank kann am Bilanzbuch was ändern. Der Schuldner kann nicht einfach Geld aus dem Hut zaubern oder er könnte den Kredit ja bedienen.
Was ich mir vorstellen kann (unconfirmed) ist, dass die Bank in diesem Fall die schulden übernehmen muss und sie somit weniger Guthaben/Gewinne aus Zinsen in Umlauf bringen kann. Damit wären die Geldschulden gegenüber des im Umlauf befindlichen Geldmenge wieder ausgeglichen. Außerdem kann bei größeren Krediten die Bank ja sicherheiten fordern die im Fall eines Platzens des Kredites in Bankeigentum übergeht. das gleiche etwas die Verluste der Bank aus.

Die Banken werden lediglich von der EZB und der L2 Geldmenge kontrolliert. Die nächste spannende Frage währe: Was passiert wenn eine Bank pleite geht?

Meinem Empfinden nach ist dieses System unnötig Überkomplex. Im Gegensatz zum Bitcoin, wo es ersteinmal nur Guthaben gibt das man entweder ausgeben kann oder es eben nicht tut, muss man im Fiatsystem Prüfen und schauen ob die Schuldenmenge wirklich der im umlauf befindlichen Geldmenge entspricht. Theoretisch kann das der Fall sein, aber ich denke dass es praktisch nie so klappen kann. Wer sagt nicht, dass es in diesem System einen Ring von Bänkern gibt, die ein fröhliches Leben führen indem sie unendlich viel Geld ausgeben und sich alles kaufen was sie wollen? Dann haben sie vielleicht hohe Schulden bei ihrer Bank, aber wenn die Schulden nie eingetrieben werden da sie ja von den Bänkern selbst geleitet werden (Notfalls über Strohmänner) was soll man da machen?

Notfalls springt die EZB oder der Staat ein denn die Banken sind ja Systemrelevant und dürfen nicht pleite gehen.

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Denn Begriff Guthaben finde ich etwas irreführend.

Grundsätzlich Schulden = Vermögen eines anderen, wobei Bewertungsverzerrungen entstehen.

Weitere Verzerrungen entstehen durch staatliche Eingriffe oder generell langfristige Kredite. Gerade Staaten und Unternehmen finanzieren sich langfristig und diese Schulden machen mit Abstand den größten Teil aus. Daher stimmt die Annahme nicht immer, dass das Geld wieder zurückgeführt wird. Die Bilanzen wachsen an und bei gleichbleibender FK-Quote steigt die im Umlauf befindliche Geldmenge weiter an.

Das Geldsystem ist nicht wesentlich komplexer als Bitcoin bzw. das ist eine zu enge Betrachtung. Der Prozess der Geldschöpfung wird ausgeklammert, da bei Bitcoin definiert/abgeschlossen. Der komplexe Rest (Zinsen, Kredite, Layer, Derivate, Treasury usw.) lässt sich 1zu1 mit bzw. auf Bitcoin abbilden.

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Ich weiß nicht, was du so von der Welt mitbekommen hast.
Deinen Ausführungen zufolge haben Kredite wenig bis keine Auswirkungen auf die Geldmenge, wenn sie zurückgezahlt wurden.

Im Kern hast du Recht, aber du missachtest den Fakt, dass es einfach mal immer und immer mehr Kredite gibt und diese kaum mehr vollständig zurückgezahlt werden, sondern stets und ständig noch hier und da ein wenig aufgestockt wird, weil die Zinsen ja so gering sind.

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Wo berücksichtige ich diesen Fakt nicht? Ich sage ja lediglich, dass das Geldsystem grundsätzlich nicht für die Inflation verantwortlich ist, es kann sowohl Inflationär als auch deflationär eingesetzt werden. Aber auf dem Geldsystem aufgebaut gibt es ja die Steuerungsmechanismen, grundsätzlich für den Euro erstmal die EZB, die das Geldsystem in eine Richtung treiben kann, heutzutage zu einer Inflation.
Und das Macht die EZB indem sie Kredite so günstig macht dass es für viele einfach attraktiv ist sich das Geld zu leihen anstatt dafür zu Arbeiten.

Und hier sehe ich halt auch den Vorteil von Bitcoin: es braucht da keine Steuerrung wohin die Reise geht.

Aber ich gebe antics durchaus recht dass ich die Fachbegriffe wie Guthaben teilweise nicht richtig wähle, bzw eine andere Definition im Kopf für mich habe als es üblich ist.

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Ja sorry, habe deinen Post in diese Richtung weiter interpretiert. Du hast ja nur über das System an sich gesprochen. Alles gut :+1:

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Der Staat gibt Anleihen raus, damit er Geld als Vorschuss bekommt, um seine Projekte (Wahlversprechen) zeitnah umzusetzen. Die Zinsen zahlt er dann mit Steuereinnahmen ab.

Aktuell gibt es keine Zinsen. Geld leihen wird also umsonst. Wenn man das Geld zurück zahlen muss, aber durch Steuern nicht genug angespart hat, bedient man diese Zahlungen mit neuen Anleihen.

Irgendwann steigen die ausstehenden Zahlungen auf eine Größe an, wo man es nie mehr realistisch mit Steuern zurück zahlen kann. Das Geld ist für immer im System und wird immer mehr.

Was Bäcker Lutze macht ist da wahrscheinlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Wie soll Bäcker Lutze auch 100*10⁹ Euro ausgeben :rofl:
Die Brötchen würden sich zum Mond türmen.

Aber ehrlich, (Vorsicht Meinung!) es ist nicht feierlich wie das Geld Rausgehauen wird, alleine von der deutschen Regierung. Was die anderen Länder in der Eurozone so machen bekommen wir ja garnicht groß mit. Und alle sind total überrascht, dass es Inflation gibt was bedeutet, dass die Leute so langsam mitbekommen das das Geld wertlos ist.
Auf jeden EU Bürger umgerechnet ist das 133 Euro. Also theoretisch zahlt jeder Spanier und Grieche 133 Euro allein für unser Militär. Und Frankreich, Italien und Griechenland… die haben auch Pläne.

Ich bin wirklich froh, dass es Bitcoin gibt, denn wenn das ganze System auffliegt und einfach das nächste Fiatsystem aufgelegt wird, dann geht der ganze Spaß von vorne los.