Hallo zusammen,
ich habe Greenpeace bezüglich Ihrer Aussagen angeschrieben und tatsächlich mal eine umfangreichere Antwort erhalten. Ich habe Ihnen folgende Seite geschickt: Neuer Bericht: Greenpeace veröffentlicht wiederholt Falschaussagen zu Bitcoin & Mining! - blocktrainer.de
Und dazu noch einige Punkte angesprochen.
Interessanterweise habe ich am gleichen Tag, von verschiedenen Mitarbeitern, nahezu die identische Antwort erhalten.
Ich stelle die Antwort hier rein und habe bewusst den Namen des Mitarbeiters weggelassen.
Antwort von Greenpeace:
Sehr geehrter Herr …,
bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort. Zuerst war ich im Osterurlaub und dann gab es ein internes Missverständnis, wer Ihnen antwortet. Sorry dafür.
Zum Artikel des Blocktrainers möchte ich Ihnen folgende Einschätzung geben: In dem Artikel wird Greenpeace USA vorgeworfen, die Sachverhalte zu verfälschen. Man würde erwarten, dass dies mit stichhaltigen Argumenten geschieht. Dies ist jedoch nicht der Fall und daher läuft die Kritik des Blocktrainers aus meiner Sicht ins Leere.
So argumentiert der Blocktrainer beispielsweise, dass der Vergleich der CO2-Emissionen mit Ländern hinken würde und schlägt stattdessen einen Vergleich mit der Wirtschaftsleistung (BIP) bestimmter Länder vor, die der Summe der Vermögenswerte entsprechen soll, die das Bitcoin-Netzwerk mit seinem hohen Stromverbrauch absichert. Dieser Vorschlag ist konzeptionell falsch, da eine „Bestandsgröße“ wie das Bitcoin-Vermögen mit einer jährlichen „Stromgröße“ (BIP) verglichen wird. Richtig wäre es stattdessen, den Kapitalstock bzw. das Anlagevermögen als Bestandsgröße zu nehmen, das das BIP produziert, und diesen mit Bitcoin zu vergleichen. Das Anlagevermögen Österreichs ist grob geschätzt min. dreimal so hoch wie die Marktkapitalisierung von Bitcoin und das bei vergleichbarer Klimaschädlichkeit. Offensichtlich unterstreicht dieser korrekte Vergleich die exorbitante Klimaschädlichkeit von Bitcoin. Kleiner Exkurs: Wenn man annimmt, dass etwa ein Viertel des geschürften Bitcoin-Vermögens als verloren gilt, sieht die Klimabilanz von Bitcoin noch schlechter aus…
Ein weiteres unzutreffendes Argument im Artikel des Blocktrainers ist, dass Bitcoin bzw. das Netzwerk die „sauberste“ Industrie darstellen würde. Dies basiert auf der Annahme, dass die CO2-Intensität des Netzwerks von ca. 600 g pro KWh auf ca. 300 g pro KWh gesunken sei und damit „grüner“ als andere Industrien sei.
Diese Schlussfolgerung ist aus mehreren Gründen problematisch:
Grundsätzlich akzeptiert diese Sichtweise vorab, dass die neue „Technik“ per se sinnvoll ist und sieht den damit verbundenen Energieverbrauch automatisch als gegeben bzw. legitim an und stellt nicht die Frage, ob diese „Innovation“ überhaupt in die Zeit eskalierender Umweltkrisen passt. Ähnlich wie bei anderen neuen Entwicklungen wie z.B. Fast Fashion kann dies stark bezweifelt werden. Schließlich spart diese Technologie anders als z.B. die E-Mobilität keine bestehenden Ressourcenverbräuche ein, sondern kommt als weiteres „Konsumgut“ on top dazu und vergrößert schlicht den Ressourcenverbrauch. Strafsteuern wie eine Plastiksteuer sollen den sinnlosen Ressourcenverbrauch bei Fast Fashion eindämmen, was wäre bei Bitcoin die Lösung?
Die im Artikel zitierten Daten zur CO2-Intensität sind aus mehreren Gründen mit großer Vorsicht zu genießen. Zum einen stammen sie im Wesentlichen von dem US-Finanzinvestor Daniel Batten, dessen Erhebungen auf Befragungen der Miner beruhen, die aber nicht rechtlich relevant verifizierbar sind. D.h. die eigenen Angaben zur „Sauberkeit“ des verwendeten Strommixes ohne glaubwürdige externe Prüfung bilden hier die Grundlage (bottom up). Der Anteil, der keine Angaben macht, wird dagegen wie beim Cambridge Institute anhand des Strommixes geschätzt (top down). Sowohl der blinde Glaube an die Korrektheit der Selbstauskünfte als auch die Annahme, dass Miner ohne Angaben nicht schmutziger produzieren als der Strommix, sind fragwürdig und können zu optimistischen Schätzungen führen. Ohne institutionalisierte Überprüfung der Angaben durch Dritte, z.B. durch Wirtschaftsprüfer, ist dieses Konzept daher nur bedingt brauchbar.
Der Vergleich der CO2-Intensität mit historischen Industrien wie der Stahlindustrie ist absurd. Abgesehen davon, dass diese Industrien historisch gewachsen sind und erst umgebaut werden müssen, unterschlägt der Vergleich, dass Bitcoin nur von sehr wenigen Menschen genutzt wird. Schätzungen gehen von 100 bis 200 Millionen Menschen weltweit aus, während Stahl oder landwirtschaftliche Produkte täglich von über 8 Milliarden Menschen genutzt werden. Die Logik des Vergleichs ist in etwa so, als würde man die Emissionen von Privatjets damit rechtfertigen, dass die Emissionen von öffentlichen Verkehrsmitteln höher seien, ungeachtet der Tatsache, dass letztere von einem Vielfachen an Menschen genutzt werden.
Auch an anderer Stelle ist die Gegenrede des Artikels zumindest ungenau. Die von GP USA formulierte Befürchtung, dass mit steigender Akzeptanz von Bitcoin die Emissionen steigen, ist entgegen der Meinung des Blocktrainers natürlich zutreffend, auch wenn es stimmt, wie der Blocktrainer aufzeigt, dass die Stärke des Zusammenhangs nicht klar ist. Grundsätzlich gilt jedoch: Je mehr Bitcoin adaptiert wird, desto höher ist die Nachfrage nach Bitcoin. Dieser Nachfrageanstieg führt - 1mal1 der Ökonomie - zu einem Preisanstieg, siehe z.B. die Einführung des Bitcoin-ETF. Viele Bitcoiner selbst argumentieren, dass aufgrund dieses Zusammenhangs der Preis bis 2030 sogar auf eine Million US-Dollar steigen könnte.
Durch den höheren Preis steigt der sogeannte Mining Reward und es entsteht ein konkreter Anreiz, das Mining und damit den Energie- und Ressourcenverbrauch auszuweiten. Diese Kausalkette gilt, auch wenn, wie gesagt, die genaue Stärke des Zusammenhangs unklar ist.
Das Argument für günstigeren und stabileren Strom entbehrt ebenfalls ökonomischen Sachverstand. Mehr Nachfrage nach Strom treibt die Preise - siehe 1mal1 der Ökonomie Miner möchten möglichst viel minen, um möglichst viel zu verdienen, am besten 24/7. Das unterscheidet sie grundsätzlich von netzstabilisierenden Speichern. Bei Belastungsspitzen muss der Netzbetreiber die Miner dafür bezahlen, dass sie vom Netz gehen, was bspw. in Texas ja auch geschehen ist. All das treibt natürlich die Kosten für Strom für Dritte (insbesondere Haushalte) und ist der Grund, warum Mining in einigen Ländern eingeschränkt bzw. verboten wurde.
Das unplausible Argument der Bitcoiner lautet hier vereinfacht, je mehr Strom nachgefragt wird, desto billiger wird der Strom und stellt schlicht jeglichen ökonomischen Sachverstand auf den Kopf.
Das Netz wird auch nicht stabiler, weil Bitcoin eben kein Speicher ist, der Strom in Zeiten des Überschusses einspeichert und im Falle der Knappheit wieder abgeben kann.
Dieses “Bitcoin als Aktivposten”-Narrativ ist ein klassisches Greenwashing Narrativ-der Bitcoiner und kennen wir als Umweltorganisation schon lange von anderen Industrien, die wegen ihrer Umweltschädlichkeit unter Druck sind. So argumentieren ja auch Ölkonzerne, dass man sie für die klimaneutralen Umbau der Energiesysteme brauchen würde.
Fazit:
Der Artikel des Blocktrainers versucht, die Umweltkritik an Bitcoin, insbesondere von Greenpeace, zu entkräften, schafft es jedoch nicht, überzeugende Argumente vorzubringen. Der Versuch, den CO2-Ausstoß von Bitcoin mit der Wirtschaftsleistung zu vergleichen, wird als konzeptionell unzulänglich dargestellt, da er eine Bestandsgröße (Bitcoin-Vermögen) mit einer Stromgröße (BIP) in Beziehung setzt. Eine adäquate Vergleichsgröße wäre der Kapitalstock, der das BIP produziert. Des Weiteren wird die Behauptung, dass das Bitcoin-Netzwerk zu den „saubersten“ Industrien zähle, kritisiert. Die dafür angeführten Daten zur CO2-Intensität des Netzwerks sind zweifelhaft und nicht verifiziert. Die Argumentation des Artikels ignoriert zudem, dass Bitcoin im Vergleich zu anderen, historisch gewachsenen Industrien nur eine sehr geringe Nutzerbasis hat, was einen fairen Vergleich erschwert.
Letztlich lässt sich festhalten, dass die Kritik des Blocktrainers an Greenpeace als unbegründet erscheint, da sie auf wackeligen Vergleichen und unzureichend belegten Daten beruht. Der Artikel vermag es nicht, die schwerwiegenden Umweltauswirkungen, die mit Bitcoin und seinem Mining verbunden sind, effektiv zu widerlegen oder zu rechtfertigen.
Zum KPMG-Report ist zu sagen, dass er sich ebenfalls auf die og. Quellen bzw. Daniel Batten beruft, ohne die Qualität bzw. Unabhängigkeit der Erhebungen zu hinterfragen. Das überrascht auch nicht, da der KPM-Report im Vorfeld der Bitcoin-ETFs veröffentlich wurde und der Verdacht nahe liegt. Dass dieses Greenwahing-Narrativ von Bitcoin auch deswegen verbreitet wurde, um Bitcoin für „Big Finance“ und den Launch der Bitcoin-ETFs hoffähig zu machen.
Hilft Ihnen bzw. überzeugt Sie das?
Beste Grüße