Kann der Bitcoin seine Versprechen einlösen?

Da ich nun schon eine Weile Bitcoin verfolge, macht man sich im Lauf der Zeit schon so einige Gedanken über das damit verbundene „Narrativ“. Insbesondere das des gerechteren Geldes, von Freiheit und die Chance auf Werterhalt, gar „generational wealth“. Sollte nun mit den ETFs viel Geld in den Markt fließen und der Kurs deutlich steigen, bin ich mir dennoch sicher, dass die Welt im Großen und Ganzen so bleibt, wie sie ist: eine Welt der extrem ungleichen Verteilung, in der sich große Teile des gesamten Vermögens auf wenige Menschen konzentriert und die allermeisten nie Bitcoin besitzen werden. Aus Unwissen, Beschränkung von außen, Armut, mangelnder Möglichkeit, was auch immer.

Derzeit halten laut Statistiken vielleicht 300Mio Menschen Bitcoin, das sind nur etwa 3,7% der Weltbevölkerung. 97% halten somit kein BTC. Aber auch innerhalb dieser 3,7 Prozent ist die Verteilung !extrem ungleich!. Laut einer Statistik, die ich gefunden habe, halten rund 75% aller Besitzer 0-0,001BTC (ca. 50%) und 0,001-0,01 BTC (rund 25%). Derzeit sind 0,01BTC (also der obere Rand dieser 75%), etwa 440USD. Selbst wenn die Zahl der Bitcoin- Wallets auf 1 Milliarde vervierfacht, so wird dies - logischerweise - umgekehrt bedeuten, dass die Höhe der durchschnittlich gehaltenen BTC Anteile weiter sinkt. Ist ja nicht genug da, dass alle 0,3btc erwerben.
Bei Anteilen von deutlich unter 0,01btc pro Investor wird der Besitz von btc am Leben dieser Personen jedoch auf absehbare Zeit nicht viel ändern. Arme bleiben auch mit 0,005 btc arm. Noch dazu, da btc im Alltag in egal welchem Land nicht beliebig einsetzbar ist. Wenn nun - wie im Bitoin Space enthusiastisch verkündet - in Argentinien btc in Kauf- Verträgen als Zahlungsmittel zugelassen ist, wird das meist nur symbolische Bedeutung haben, da die meisten wie oben ausgeführt zu wenig Bitcoin halten, als dass dies die Welt des Geldes irgendwie verändern könnte. Bauer 1 bezahlt Bauer 2 in Argentinien den Preis für ein Rind in Bitcoin. Mit Lightning. Vielleicht & schön, ist aber global gesehen so wichtig wie der sprichwörtliche Sack Reis in China. Und es wird das Leben dieser beiden Bauern insgesamt kaum ändern.
Insofern halte ich es - um es mal „konfrontativ“ auszudrücken - für eine Art Sozialromantik, wenn sich jemand von Bitcoin erhofft, dass die Welt (des Geldes) durch BTC eine gerechtere wird.
Die Ungleichverteilung wird im Wesentlichen gleich bleiben, auch wenn die absolute Zahl an Wallets zunehmen mag. Diese neuen Adressen werden hauptsätzlich Kleinstbeträge an BTC halten. Den Löwenanteil werden die 2-3% der finanzstarken Player halten. Wie schon im Feudalismus (Adel + Klerus stellten ca. 3% der Bevölkerung).
Wie seht ihr das?

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Ein faires Geld bedeutet ja nicht, dass es gleichverteilt ist. Es bedeutet einfach, dass jede Person das gleiche Fiatgeld aufbringen muss, um äquivalent die gleiche Menge BTC zu erhalten… Es gibt keine einzelne Partei, die sich mehr BTC auszahlen lassen kann als andere… Und ja, natürlich wird es weiterhin Leute geben, die mehr BTC akkumulieren können als andere, weil sie mehr Geld besitzen, und Entitäten, die heute Massen an Geld besitzen, haben somit auch auf dem ersten Blick Vorteile gegenüber Kleinanlegern… Aber auch das Problem ist ja kein Problem von BTC, sondern vom heutigen Fiatsystem und der Ungerechtigkeit, dass reichere Menschen mehr von der Inflation profitieren als nicht so reiche…
Dazu kommt dann noch, dass einem ein großer Bestand an BTC nicht viel bringt, wenn man es nicht dazu verwendet, sich etwas damit zu kaufen, somit müsste früher oder später selbst der oder diejenige mit dem größten BTC-Bestand einen Teil davon wieder ausgeben, was dann wieder auf andere Menschen verteilt werden würde. Demnach müsste sich die Geamtverteilung perspektivisch immer mehr angleichen als es sich heute im Fiatsystem verhält, in dem die reichen immer reicher und die ärmeren immer ärmer werden

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Wie ich ja hier schon ausführte - ich denke, Bitcoin wird die Ungleichheit drastisch verschärfen und Konflikte befördern. Wie in einer Stadt, in der unbegrenzt fließendes Leitungswasser auf 21 Liter pro Haus begrenzt wird.

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Ich stimme überein, all die Phantasien die auf Bitcoin projiziert werden, sind Phantasien, nicht mehr, nicht weniger. Bitcoin wurde lediglich erfunden, um eine Alternative zum Bankensystem und deren ständigen Kollaps zu bieten. Das heisst, dass es nicht unbedingt als Währung für die Allgemeinheit gedacht ist. Es ist eine Absicherung gegen die immer wieder auftretenden Kollaps der Banken. Das ist alles.

Falls natürlich Google und Apple Bitcoin als Wallets anbieten, ähnlich wie Google Pay, dann könnte sich mehr daraus entwickeln, bis dahin müssen wir uns mit komplizierten Channel Openings im Lightening Netzwerk und uns mit dem Verlieren der Münzen beschäftigen.

Man muss es halt auch nicht immer so übertreiben mit den Heilsversprechungen und Prognosen wie das jetzt wie Welt umkrempelt und alles dagewesene ersetzt.

Mal ganz nüchtern betrachtet ist Bitcoin einfach eine neue Form von Geld auf dem Markt das gewisse andere Eigenschaften hat wie das etablierte Fiat Geld. Das kannst du halt nutzen oder auch nicht je nach dem ob dir die Eigenschaften was bringen.

Ich selber spare einen Teil meines Geldes in Bitcoin weil ich dem Bitcoin Netzwerk mehr Stabilität und Neutralität zuschreibe als irgend einem staatsbetrieben Fiat Geld und weil ich andere Finanzinstrumente wie Aktien und Immobilien als aufgeblähte Blasen verstehe die jeden Moment platzen können und sich dann für Dekaden nach unten bewegen.

Aber am Ende muss das jeder für sich entscheiden. Und vorallem würde ich nicht in etwas investieren oder in etwas sparen nur weil es eventuell die grosse Revolution sein könnte wenn du ansonsten nichts damit anfangen kannst.