Javier Milei beschneidet die Grundlagenforschung in Argentinien

Habe gestern einen Artikel in Nature vom 7. März gelesen, der meine Begeisterung für Javier Milei deutlich gebremst hat. Das ist mMn ein exzellentes Beispiel für den Diskurs zwischen Bitcoinern und Vertretern der Monetary Theory wie Maurice Höfgen.

https://www.nature.com/articles/d41586-024-00628-1

Ich bin selbst seit 40 Jahren in der Grundlagenforschung tätig und war dabei durchwegs von staatlicher Förderung abhängig. Ohne Drittmittel von DGF (D), FWF (A), SNF (CH), NIH (USA) usw. ist diese Art der Forschung nicht finanzierbar. Um das Budget von Argentinien zu sanieren, hat Milei die Mittel der Agenturen für Forschungsförderung nicht erhöht und damit de facto um 50 % gekürzt. Die KollegInnen in Argentinien können damit ihre Arbeit nicht fortführen, müssen junge DoktorandInnen entlassen usw.

In einem fiktiven Bitcoin-Standard wäre die Förderung von Grundlagenforschung in der bisherigen Form vermutlich nicht mehr möglich, weil diese Ausgaben von Politkern und großen Teilen der Bevölkerung als nicht unbedingt notwendig erachtet würden (wie das Beispiel Argentinien zeigt). Ähnliches gilt wohl auch für die Subventionen von Theatern und anderen kulturellen Einrichtungen. In manchen Bereichen greift das Narrativ vom freien Markt schlichtweg nicht. Ich möchte jedenfalls nicht in einem Staat leben, in dem Entscheidungen über die Förderung von Wissenschaft und Kultur durch die breite Masse oder rechtsorientierte Parteien wie die AfD, die FPÖ oder Donald Trump getroffen werden.

Sicherheitshalber möchte ich hinzufügen, dass Forschungsförderung nicht willkürlich durch irgendeine Pappnase in einem Ministerium gewährt wird, sondern strikten Kriterien unterliegt (internationale Begutachtung von Anträgen).

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was macht dich da so sicher?

Auf welcher Grundlage willst Du jetzt schon Behaupten das sich niemand findet der dafür bereit ist seine Coins zu investieren?

Wie viele von uns würden gern gutes und sinnvolles finanzieren wenn Sie dazu in der Lage wären es aber wegen des FIAT Systems nie können werden, weil es gerade mal so reicht.

Es mag sein das so manche Förderung im Theaterbereich auf Unverständnis trifft wenn man den Anteil berücksichtigt der dieses Angebot nutzt und den Anteil dabei sieht der dieses Angebot finanziert. Wir haben eben zu viel Städte und Gemeinden die zwar ein Theater unterhalten, aber eben weder für Schulen noch für Kitas die gesetzlichen Bedingungen erfüllen.
Und es sind ja in dem Sinne eher die klassischen Theater die Geldprobleme haben. Während andere Angebote wie Musicals oder ähnliches davon nicht betroffen sind.
Unter einem Bitcoin Standard wird daher sich wohl nur das wiederfinden was von der Gesellschaft gewollt ist. Was das ist, wird aber niemals allen gefallen.

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Weil es Grundlagenforschung gibt, die als solche kein Geld abwirft und somit wenig interessant im Sinne von Investitionen ist.

Damit verschiebt sich der Forschungsfokus auf Private Institutionen mit Gewinnabsicht. (Oder Private würden mal Grundlagenforschung betreiben, aber dann würde das Wissen darum natürlich nicht der Masse zur Verfügung gestellt, was gegen den wissenschaftlichen Ethos spricht.)

Man sieht ja hier in anderen Threads, dass die direkt Demokratie als der heilige Gral gesehen wird.

So, wie ich @Beli99 verstehe, äußert er seine Sorge, dass die Sinnhaftigkeit/Notwendigkeit von mancher Forschung von der breiten Maße nicht gesehen wird und sie sich gleichermaßen der Folgen einer Einsparung in diesem Bereich nicht bewusst sind.

Eine Sorge, die ich teilen würde.

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Und wieder, nur weil etwas geschrieben steht ist es nicht wahr. Ich bin nicht in Argentinien und kenne auch niemanden persönlich der mir von dort berichten kann dementsprechend kenne ich keine Wahrheit nur Propaganda.

Freie Forschung ist wichtig, in einem Land mit über 100% Inflation ist sie aber nicht das wichtigste.
Bei uns gibt es auch nicht nur freie Forschung, viele Forschungen werden von Unternehmen bezahlt und gelenkt.

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Das ist meine Befürchtung. Ich sehe das an den Diskussionen mit meiner Schwiegermutter, die als Unternehmerin Frottierwaren herstellt. Ihrer Meinung nach lasse ich mich vom Staat (und damit auch von ihr) aushalten. Sie produziert etwas Sinnvolles, ich nur Publikationen, die kaum jemand versteht und niemandem etwas bringen. Das meint sie natürlich humorvoll, aber doch mit wahrem Kern dahinter.

Wenn es hart auch hart geht, wird man wohl eher bei Grundlagenforschung und der Kultur, v.a. bei moderner nicht für jedermann verständlicher Kunst, einsparen als in anderen Bereichen. Milei zeigt uns das doch gerade vor. Dagegen protestieren dort WissenschaftlerInnen, aber nicht die breite Masse.

Auch wenn immer vom späteren Nutzen der Grundlagenforschung gesprochen wird, muss man so ehrlich sein und klar sagen, dass >95% der geförderten Projekte keinen Nutzen erbringen. Die Förderung ist also im Prinzip auch die Förderung eines Kulturguts (das sich mMn ein Staat leisten sollte).

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Das von Nature berichtete Ausmaß der Kürzungen ist gut dokumentiert. Das ist eine Top-Zeitschrift, in der nicht einfach „irgendwas geschrieben“ wird.

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Was bedeutet den für dich einen Bitcoin Standard? Das es keine Steuern mehr gibt?

Oder denkst du das man Dinge wie Grundlagenforschung nur tun kann wenn der Staat immer mehr Geld ausgibt als er einnimmt?

Ich sehe nicht was genau das mit der Art von Geld zu tun hat die verwendet wird. Auch wenn sich Bitcoin durchsetzen würde heisst das noch lange nicht dass dann auch das ultra-libertäre System ausbricht, das ist etwa so realistisch wie der Kommunismus.

Aber gleichzeitig eben auch Basis für ganz viel angewandte Forschung aus der dann wiederum Produkte hervorgehen an denen private Personen sehr viel Geld verdienen.

Ich teile Deine Befürchtung, dass viele die Notwendigkeit von Grundlagenforschung nicht sehen und gleichzeitig sehe ich allerdings auch keine privatfinanzierte Grundlagenforschung.

Wieso sollten private Institutionen bspw. Anlagen bauen, um Elementarteilchen nachzuweisen. Mögliche Innovation daraus ist ja zunächst unbekannt. Folglich wird Geld in aussichtsreiche Forschung (in Bezug auf den ROI) gesteckt.

Und irgendwo hat sie ja auch ein wenig Recht. Es ist eben kompliziert. Forschung hat einen anderen Zeithorizont und die weitreichenden Konsequenzen zeigen sich häufig erst viel später. Aber ohne Grundlagenforschung eben leider weniger Wissen und mit weniger Wissen auch weniger Innovation.

Und ja, Subventionen sind eine schwierige Angelegenheit.

Das gleiche gilt für Forderkredite zum Hausbau, Abwrackprämien für Autos oder Zuschüsse zu E-Autos und so weiter. Darunter leiden natürlich stets die, die dieses Angebot nicht wahrnehmen (können).

Theater trägt dafür vermutlich wesentlich mehr zu Meinungsbildung und zur Informiertheit einer Bevölkerung bei, als es Musical tun. Insofern könnte man auch die Frage stellen, wie Theater ein attraktiverer Ort für mehr Menschen darstellen und wie der Zugang niederschwelliger gestaltet werden kann.

Am Ende läuft es bei diesen Fragen ja auch ein wenig darauf hinaus, ob die Summe aller Menschen (direkte Demokratie) vor dem Hintergrund eben nicht vollständig informiert zu sein, tatsächlich bessere Entscheidungen trifft als Expert:innenausschüsse, die in ihren Fachgebieten bewandert sind.

It’s complicated.

Das nicht. In Staatskonstrukten (mit Steuern) wird Grundlagenforschung immer finanzierbar sein, aber sich der ökonomischen Realität stellen müssen.

Also ja, ggfs. schwerer, aber selbstverständlich möglich.

Ich verstehe die Äußerung eher hingehend der libertären Ansichten, denen man im Forum auch begegnet. Staat abschaffen, Eigenverantwortung.

Wer forscht dann und in welchen Bereichen? Und zum Wohle aller? Unabhängig und frei?

Nö.

Die Frage ist aber, ob eine Mehrheit an Bürger:innen die Notwendigkeit für Forschung sieht, wenn sie existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sind, weil der Verdienst, die Rente oder was auch immer nicht reicht.

Und dann kann man eben unter dem Vorwand (sich um die Bevölkerung zu kümmern) schnell die Forschung beschränken.

Definitiv nicht.

Aber in der Bitcoin-Bubble hat man manchmal das Gefühl, dass es Bestrebungen dahingehend gibt. Aber vielleicht sind das auch die Personen, die einfach nur am lautesten Schreien.

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Das ist ja auch vernünftig wenn man sich die Frage stellen muss wozu man das Geld ausgeben muss und wo man Einsparungen machen muss.

Ist gerade wieder aktuell das Thema hier in der Schweiz wo wir eine recht strickte Schuldenbremse haben die es eben nicht zulässt das man einfach beliebig Geld drucken kann (meiner Meinung nach der Grund wieso die Inflation bei uns so tief war im Vergleich mit anderen Ländern). Und jetzt will man natürlich die Armee aufstocken weil man schiss vor den Russen hat, möchte sich aber nicht mit den Konsequenzen abgeben dass das Geld dann woanders fehlt, also möchte man am liebsten den unlimitierten Gelddrucker wieder zurück.

Aber deswegen schreit jetzt hier niemand das man die Grundlagenforschung einschränkt, weil eigentlich dem meisten bewusst ist das dies ein wichtiger Magnet ist um die Gescheiten Leute ins Land zu kriegen und zu fördern und das ist ein zentraler Katalysator ist für eine Wettbewerbsfähige Industrie.

Kann aber natürlich schon passieren das sich das plötzlich ändert, kommt darauf an wie gross die Angst der Leute ist.

Ja ich auch, deshalb hab ich auch so nachgefragt.

Ist definitiv ein sehr lauter Teil der Community und einer der sich oft so benimmt als wäre Bitcoin eine libertäre politische Bewegung. Das sehe ich nicht so, deshalb bin ich da jeweils auch sehr laut dagegen, in der Hoffnung dieses Narrativ etwas abzuschwächen.

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Alle Subventionen, ohne Ausnahme sollten mE nach einmal auf 0 gesetzt werden.
Anschließend wie bei Betriebsvereinbarungen Subventionen nur noch mit Laufzeit, wenn sie nicht verlängert werden laufen sie aus.

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> Blockzitat

Ja wenn es kaum einer versteht und niemandem etwas bringt, hat deine Schwiegermutter dann eventuell Recht?

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Komisch, genau so stelle ich mir eine perfekte Demokratie vor. Und nicht nur beim Thema Wissenschaft und Kultur, sondern bei Allem

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Die Schweiz ist ein Sonderfall mit (weitgehend) mündigen Bürgern, die mit direkter Demokratie umgehen können und außerdem den wirtschaftlichen Wert der Forschung erkannt haben. Mach mal in D oder A eine Abstimmung, ob der jährliche Urlaub verlängert werden soll. :smirk:

Nein, hat sie nicht. Wissenschaftliche Erkenntnis ist ein wesentlicher Aspekt unseres Daseins. Wenn wir nur fördern, was wir verstehen, bleibt nicht viel übrig. Ich bin selbst Wissenschaftler, verstehe aber nur einen winzigen Bruchteil meines eigenen Fachgebiets.
Beispiel Otto Loewi: Der wollte verstehen, wie die Signalübertragung in Nerven funktioniert und hat dazu Experimente mit Froschherzen gemacht. Anwendung und Nutzen waren für Loewi irrelevant. Er wollte es verstehen. Dass heute +70% des Arzneimittelmarkts auf seiner Entdeckung von Neurotransmittern beruht, konnte er nicht vorhersehen.

Du meinst allen Ernstes, dass „das Volk“ über die Subvention von Theatern oder die Förderung von Forschungsprojekten entscheiden sollte? Das Higgs-Boson wäre in einem solchen System definitiv nicht entdeckt worden. Schlichte Gemüter sagen jetzt vermutlich, dass ihnen dieses Teilchen links am Allerwertesten vorbei geht. Ich finde aber, dass es ein riesiger Schritt der Menschheit ist, zu verstehen warum es im Universum Masse gibt.

Definitiv ja.

Darum hättest du auch die Forschung direkt unterstützt und alles ist gut.

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Finde ich kein überzeugendes Argument, es gibt doch auch privat finanzierte Universitäten (siehe usa).

Das ist ein Märchen das euch eure Politiker erzählen weil sie verhindern möchten das ihr ihnen die Macht wegnehmt. Die Leute sind hier genau so doof wie überall sonst auch.

Natürlich würden die ersten paar Abstimmungen wohl eher in die Richtung „mehr Ferien“ tendieren. Aber wenn für die Konsequenzen kannst du dann eben keinem Politiker mehr die Schuld geben und dann übernehmen die Leute mit der Zeit auch Verantwortung und die tendieren dann auch dazu viel weiter zu denken als nur bis zu den nächsten Wahlen.

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Da unterliegst Du jetzt einem ganz gewaltigen Missverständnis. Natürlich gibt es solche Unis. Tatsächlich sind das in USA vorwiegend die Top-Unis wie Harvard, Stanford usw. Im Unterschied zu anderen (und unseren typischen Unis) finanzieren sich die nicht mit staatlichen Mitteln sondern aus Studiengebühren, Spenden, Stiftungen, Erbschaften und dergleichen.

Mit diesem Geld finanzieren sie jedoch nicht die Forschung, sondern ihre Betriebskosten. Und selbst diese nur teilweise. Die KollegInnen müssen dort erhebliche Anteile ihres Gehalts über Drittmittel (=Forschungsanträge) einwerben. Ohne Drittmittel wären sie aufs Minimum reduziert oder fliegen überhaupt raus. Die Forschung müssen die Kollegen zu 100 % aus Drittmitteln finanzieren, und von den eingeworben Mitteln sogar noch einen Teil an die Uni abdrücken („Overheads“).

In USA gibt es zwar zahlreiche private Stiftungen, Hilfsorganisationen und Fachgesellschaften, über die man seine Forschung finanzieren kann, der Großteil kommt aber von staatlichen Institutionen (NIH, NSF u.a.). Bei uns ist die Förderung der Grundlagenforschung nahezu ausschließlich staatlich. Über unsere privaten Unis breite ich aus Gründen der Höflichkeit den Mantel des Schweigens. :smirk:

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Ich hatte Eure Abstimmung über 6 Wochen Ferien vor ca. 10 Jahren im Kopf. Das hatte meines Wissens eine breite Mehrheit abgelehnt, was bei uns undenkbar wäre.

Natürlich. Von mir aus auch ein reformiertes Abstimmungsverhalten. Wer die meisten Steuern an den Staat abdrückt, hat ein höheres Mitbestimmungsrecht was die Verwendung angeht.

Übersetzt: Du möchtest nicht in einem Staat leben, in dem das Volk zu entscheiden hat. Und selbst wenn es sich Vertreter wählt, dann sollten die nicht aus einer Dir unliebsamen politischen Ecke kommen.

Das ist mehr als schockierend. Meinen Beitrag musste ich jetzt mehrfach editieren, so schlimm fand ich deine Aussage.

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Das muss ich dir jetzt mal so glauben.

Wenn du das Risiko siehst dass der Staat dich unter einem Bitcoin Standard nicht mehr finanziert, solltest Du dann besser für dass Fiat System kämpfen?

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