Die Funktionsweise und Probleme der Geldpolitik

Was ist eigentlich „Geldpolitik“, welche Probleme gibt es dabei und wie nehmen Zentralbanken auf diese Einfluss? Diese Fragen beantworten wir im Beitrag.

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Lieber Tristan, ganz herzlichen Dank für die hervorragende Übersicht über die Instrumente & Wirkung der Notenbanken. Einen wichtigen Punkt jedoch hast Du mMn vergessen: Die Umlaufgeschwindigkeit:

Wenn die MMT sagt, die EZB steuere nicht die Geldmenge und die EZB sagt, sie sei für die „umlaufende“ Geldmenge zuständig, dann haben beide Recht. Dazu ein kurzes Beispiel: Wenn wir unendlich viel Geld (=Geldmenge) haben, dieses jedoch überall in Matratzen eingenäht ist und nicht verwendet wird, dann kommt es nicht zu Inflation. Erst wenn das Geld in den Wirtschaftskreislauf eingebracht wird, also in Umlauf gebracht wird, kommt es zu einer Preisbeeinflussung. Und so kann auf der anderen Seite auch mit sehr wenig Geld bei extrem hoher Umlaufgeschwindigkeit eine Inflation entstehen.

Seit der großen Finanzkrise 2008 hat die Umlaufgeschwindigkeit immer weiter abgenommen, daher kam es trotz exzessiver Geldmengenausweitung nicht zur Inflation. Jetzt plötzlich steigt die Umlaufgeschwindigkeit und wir sehen, wie schnell dies zu Inflation führt.

Die Umlaufgeschwindigkeit beeinflusst die Notenbank (sowohl Fed, als auch EZB) inzwischen mit der „forward guidance“, also der Ausgabe von langfristigen Notenbankzielen. Das ganze wird somit einfach nur komplexer, undurchsichtiger und … es dauert halt noch ein wenig länger, bis das System zusammenbricht.

Wir beide sind uns aber offensichtlich einig, dass man mit dem Ansatz der MMT keinen Blumentopf gewinnen kann. Der Grund: Wenn die Menschen das Vertrauen in die Notenbanken verlieren, verlieren auch Zinsen, Offenmarktpolitik, TPI oder auch Forward Guidance ihre Wirkung.

Liebe Grüße, Stephan Heibel

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Lieber Stephan,

vielen Dank erst einmal für dein Lob.

Die umlaufende Geldmenge ist die Geldmenge - damit hat die Umlaufgeschwindigkeit an sich nichts zu tun.

‚‚Die Geldmenge ist das auf verschiedenen Ebenen in Umlauf befindliche Geldvolumen. Dabei handelt es sich um Bargeldumlauf und um Sichteinlagen bei Kreditinstituten von Unternehmen, privaten Haushalten, dem Staat, Versicherungen, Bausparkassen, Handelsunternehmungen.‘‘

Man kann die Geldmenge zwar unterschiedlich definieren (M0, M1, M2 etc.), aber mit der Steuerung der umlaufenden Geldmenge ist die Steuerung der Geldmenge gemeint, nur halt bisschen mehr so ausgedrückt, dass es nicht so leicht verstanden wird.

Liebe Grüße

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Lieber Tristiano,

Wir machen uns Gedanken über das Preisniveau. Die Änderung des Preisniveaus nennt man Inflation oder Deflation. Das Preisniveau ist abhängig von der Geldmenge und der Umlaufgeschwindigkeit. Die Geldmenge wirkt sich nicht direkt auf das Preisniveau aus, sondern nur über den Faktor der Umlaufgeschwindigkeit, der größer oder kleiner eins sein kann.

Ich stimme Dir ja zu, dass die Ideen der MMT nicht aufgehen werden. Aber wenn die MMT einfach als Quatsch abgetan wird, dann werden eine Vielzahl von Professoren für dumm erklärt … und das sind sie nicht. So einfach ist die Beweisführung nicht. Wenn wir belegen wollen, dass die MMT nicht aufgeht, dann müssen wir uns ein wenig tiefer mit ihr beschäftigen.

Die Umlaufgeschwindigkeit kann man berechnen: Es ist die Häufigkeit, mit der die Geldmenge M3 in einer Periode (ein Jahr) im Betrachtungsgebiet umgeschlagen wird. Kurz gesagt: BIP geteilt durch Geldmenge. Wenn die vorhandene Geldmenge in einem Jahr zweimal „umgeschlagen“ wird oder nur einmal, dann hat das einen dramatischen Einfluss auf das Preisniveau der vorhandenen Güter.

In den vergangenen 10 Jahren ist die Geldmenge schneller gewachsen als das BIP. Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wurde also kontinuierlich langsamer, daher gab es trotz der exorbitanten Geldmengenausweitung keine Inflation.

Seit ca. einem Jahr wächst die Geldmenge nicht mehr so stark wie zuvor, das BIP hingegen wächst weiter, als hätte es 2020 (Corona) nicht gegeben. Das heißt: Die Umlaufgeschwindigkeit nimmt zu … und vor dem Hintergrund der knappen Güter (Lieferkettenproblematik) ist davon auszugehen, dass bei einer Normalisierung der Lieferketten eine Beschleunigung eintritt. Erst dann werden wir richtig hohe Inflationsraten sehen.

Also zurück zur Gegenwart: Die Zinspolitik der Notenbanken hat seit vielen Jahren kaum noch eine messbare Wirkung. Daher hat man sich allerlei Zusatzinstrumente ausgedacht. Eines davon ist die Forward Guidance, mit der man in der Bevölkerung eine Erwartungshaltung erzeugen möchte, die bei der Umsetzung der Notenbankziele helfen soll. Die Forward Guidance wirkt direkt auf die Umlaufgeschwindigkeit und muss daher gemeinsam mit dem Zinsniveau betrachtet werden. MMT glaubt, damit ausreichend steuern zu können. Du und ich glauben, dass die Menschen das irgendwann durchschauen werden … doch noch ist es offensichtlich nicht soweit.

Ich will hier nicht missionarisch unterwegs sein :wink: halte es aber für extrem wichtig, diese Feinheit im Auge zu behalten.

Liebe Grüße, Stephan

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Lieber Stephan,
wir reden hier aneinander vorbei. Ich meinte mit meiner Antwort, dass die umlaufende Geldmenge mit der Geldmenge gleichzusetzen ist und somit die EZB den MMTlern widerspricht, in dem sie sagt, dass sie die umlaufende Geldmenge steuert.
Auf die umlaufende Geldmenge hat aber die Umlaufgeschwindigkeit keinen Einfluss. Das muss getrennt betrachtet werden.

Aber natürlich hast du Recht dabei, dass die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes sich auf die Preise auswirkt. Das ist aber ein ganz anderes Thema. Aber es sind eben auch nicht nur die Geldmenge und die Umlaufgeschwindigkeit. Dazu schau doch gerne mal in den Artikel von mir über Geldmengenausweitung in Inflation rein.

Zusammenfassend: Es ist klar, dass die Geldmenge nicht 1 : 1 die Inflation beeinflusst. Das neue Geld fließt eben nicht zwingend auf Konsumgüter und wenn dann in aller Regel auch nur verzögert. Außerdem wirkt technischer Fortschritt deflationär. Irgendwelche Formeln aufzustellen, was wie die Inflation beeinflusst ist unsinnig. Aber Fakt ist, dass die Geldmenge eine Rolle spielt, obwohl ein Maurice (im Gegensatz zu den Zentralbanken selbst) das Gegenteil behauptet.

Die Österreichische Schule maßt sich nicht an genaue Vorhersagen in ökonomischen Aggregaten zu treffen, da dies aufgrund der vielen Einflussfaktoren schlichtweg unmöglich ist.

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