Das Gefühl der Geisterfahrer zu sein

Guten Morgen zusammen,

nachdem ich lange Zeit nur stiller Mitleser war, möchte ich gern einmal meine Gedanken mitteilen und hoffe, dass mein Thread nicht auf Unmut stößt.
Ich bin 2021 zu Bitcoin gekommen und habe vorher jahrelang nur in ETFs mein überschüssiges Geld abgelegt. Einzelaktien waren mir immer zu heiß und heute bin ich sehr stark in BTC investiert. Ich habe also eine extreme Wandlung mitgemacht (zumindest wäre das die Sichtweise von Außenstehenden, die Bitcoin als Hochrisiko-Investment sehen). Ich sehe einfach viel mehr darin, als nur ein Zahlungssystem. Insbesondere die spieltheoretischen und geopolitischen Aspekte, die Bitcoin mitbringt sind hier für mich hochspannend.

Derartig verliebt darin, verbringe ich dennoch auch noch gern Zeit in den konventionellen Foren wie das Reddit Sub „Finanzen“. Dabei stelle ich dann fest, wie heftig dort immer wieder gegen Bitcoin geschossen wird. Die Leute da sind aber doch auch überdurchschnittlich gebildet was Finanzen betrifft. Einer von uns beiden muss hier also wahnsinnig falsch liegen, denn es gibt hier scheinbar nur stark polarisierte Meinungen. Ich muss schon sagen, dass mich das etwas nachdenklich macht, es fühlt sich so an als würde ich massiv gegen den Strom schwimmen und mich dabei unfassbar unbeliebt machen, wenn ich mich dazu äußern würde. Wenn diese Leute sich aus meiner Sicht in einer Bubble befinden, könnte ich dann nicht auch komplett in meiner Bubble feststecken und hier einem gewaltigen Irrtum unterliegen? Aber jedes mal, wenn ich sachlich über btc nachdenke fühle ich mich eigentlich in meiner Sichtweise bestätigt.

Auch in meinem Freundeskreis habe ich mal die Fühler ausgestreckt (ohne zu versuchen jemanden zu überzeugen), aber auch hier scheint es keinen gemäßigten Mittelweg zu geben. Bitcoin ist ein Scam, ein Ponzi-Coin und hat keinen inneren Wert…

Mir ist vollkommen klar, dass es zu all diesen FUD-Themen unzählige Beiträge gibt, die Gegenargumente liefern, aber ich frage mich dennoch woher diese Polarisierung, diese extreme Abneigung kommt.

Falls ihr euch gerade fragt, was dieser Thread nun soll und was ich für antworten erwarte, ich weiß es selbst nicht so genau. Mich würde einfach interessieren, ob es dem einen oder anderen hier ähnlich geht manchmal. Seit langem treibt mich dieses Thema um und es tut gut, es mal niederzuschreiben.

Freue mich über Eure antworten :slight_smile:

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Gerade in Bezug auf Finanzen, ist mir die Meinung Anderer absolut egal. Jeder handelt doch nur zu seinem eigenen Vorteil.
Als ich 2016 erzählt habe, dass ich Bitcoin gekauft habe, hielten mich alle für beklopt. Heute sind sie sehr leise geworden.
Selber spreche ich das Thema Bitcoin nicht mehr an, jeder soll selber entscheiden was er für richtig hält.

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Gebildet mit Sicherheit. Aber Woher kommt die Bildung? Aus dem System, dass vom Keynesianismus lebt?
Diese ganzen Leute sind mit Sicherheit gebildet, schaffen es aber (noch) nicht über den eigenen Tellerrand zu schauen und Dinge zu hinterfragen, die für sie schon immer selbstverständlich waren.

Warum?
Kommt immer auf die Erwartungshaltung und den Zeithorizont an. Wenn es nur ums Geld verdienen oder Inflationsschutz geht, dann kann man mit ETFs auch zufiedenstellende Ergebnisse erreichen.
Erst wenn man seine Erwartung und seinen Zeithorizont ändert wird klar, wie viel besser Bitcoin für die meisten Menschen ist.

Das einzige, das diese Argumente aussagen ist: Ich habe mich 0,0 mit Bitcoin beschäftigt und habe mir meine Meinung von anderen Bilden lassen

Ich denke, die Größte Schuld trägt unser Bildungssystem + die Medien, die immer einen auf Weltoffen machen, jedoch dafür sorgen, dass man mit einer eigenen Meinung schnell geframed wird und einem Eigenrecherche gar nicht mehr nahegebracht wird. Es gibt irgendwelche Faktenchecker, die diese Arbeit für dich übernehmen sollen, am Ende drücken sie dir jedoch einfach nur deren Meinung auf.

Ich denke mir auch oft genug, die können sich doch nicht alle irren? Aber ganz ehrlich? Guck sie dir an, wie sie alle eine Meinung, aber keine Ahnung haben. Allein die letzten 4 Jahre sollten klar gezeigt haben, dass viele einfach zur dummen Masse gehören die nicht eigenständig denken und erst aufwachen, wenn es ihnen der Fernseher sagt

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Erstmal willkommen!

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Diese Frage stellt man sich immer irgendwann: Wieso kann ich den Wert erkennen und andere um mich herum nicht?

Meine einfache Vermutung: Es klingt „zu gut um wahr zu sein“. Aber was wäre, wenn es wahr ist? Erfindungen wie das Auto oder Flugzeug klangen auch irgendwann einmal zu gut um wahr zu sein. Diese Technologie ist so bahnbrechend, dass sie wahrscheinlich einfach nicht geglaubt wird. Wie viele von meinen Freunden immer noch sagen „Irgendwann wird die Regierung das beenden.“ Es geht nicht in die Köpfe der Leute, dass die Regierung hier machtlos ist und irgendwann sogar mitmachen wird :sweat_smile:

Ansonsten gibt es noch eine Theorie, dass Menschen mit einem großen Vertrauen in das bestehende System den Wert von Bitcoin nicht erkennen. Das habe ich versucht HIER zu erklären.

Allgemein ist es nicht zielführend, andere überreden zu wollen.

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Habe gerade dein Video geschaut und fand es sehr plausibel. Solche Gedanken hatte ich auch schon.
Hast eine sehr angenehme Art über das Thema zu sprechen, hoffe ich sehe noch viel von dir in Zukunft!

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Ich glaube diese psychologischen und gesellschaftlichen Phänomene sind völlig normal vor dem Hintgerund einer sich aus dem Nichts neu auftuenden Anlageklasse die sich anschickt das gesamte Geldsystem (und damit im Prinzip auch unsere Gesellschaftsordnung) in Frage zu stellen :slight_smile:. Dh. diese polarisierenden Reaktionen sind unvermeidlich und auch menschlich. Ich würde da ganz entspannt bleiben :slight_smile:.

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Aus Sicht der jeweiligen Bubble stimmt das auch für die andere Bubble. Dazu kommt, dass es bei manchen Denksystemen (Paradigmen) schwierig bis unmöglich ist, von innen heraus zu erkennen, dass sie falsch sind (siehe auch: Höhlengleichnis – Wikipedia). Als Agnostiker kann man auch gar nicht ausschließen, dass das für Bitcoin selbst auch gelte. Die Inkonsistenz eines Denksystems fällt oft nur von außen auf.

Dazu kommen psychologische Hindernisse. Wenn jemand sein ganzes Leben lang an etwas glaubt, dann stürzt man das nicht so einfach um. Überzeugungen verfestigen sich körperlich im Gehirn durch Verknüpfungen der Reizleiter. Ein Umdenken kann also im wörtlichen Sinne schmerzhaft und verletzend sein.

Auch werden Entscheidungen in einem anderen Gehirnareal getroffen als dem, welches für Sprache zuständig ist. Wenn sich etwas falsch anfühlt, dann sind die Hindernisse groß, und rationale Argumente verpuffen. Das ist physiologisch und evolutionsbiologisch durchaus sinnvoll wenn schnell und intuitiv entschieden werden muss.

Demut und Humor erscheinen mir deshalb die hilfreichsten Mittel um in der Welt klarzukommen.

Viele Grüße und willkommen im Forum.
Maxikowski

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Da musste ich sofort an Jeff Booth denken - er argumentiert in ähnlicher Weise.

Sehr schöne Beiträge hier. Ich empfehle das, was ich seit 30 Jahren empfehle:

Egal in was Ihr investiert: Könnt Ihr abends nicht mehr schlafen, bei dem Gedanken, dass Ihr komplett falsch liegen könntet und was das für euer Leben bedeutet, dann reduziert diese Position. Auf ein Level, das euch - unabhängig vom Kurs - immer gut schlafen lässt.

Beim Investieren kommt es nicht nur darauf an, wie oft man richtig liegt. Wie im realen Leben kommt es noch mehr darauf an, Fehlannahmen (relativ) unbeschadet zu überstehen.

Auf dieser Basis hat Ray Dalio sein All-Weather-Portfolio entwickelt, sprich es soll in allen (Finanz-)Wetterlagen funktionieren.

Runtergebrochen auf ein normales Leben würde ich sagen:

  1. Ebene: Konsumiert nicht auf Kredit.
  2. Ebene: Schaut, dass Ihr keine Schulden habt.
  3. Ebene: Investiert nicht alles, habt einen 3-Monats-Notgroschen für Reparaturen, Auto kaputt etc.
  4. Ebene: Vergesst nicht zu leben. Der reichste Mann auf dem Friedhof hat was falsch gemacht, investiert in eure persönliche Entwicklung, euer Leben.
  5. Ebene: Was dann noch übrig bleibt, steckt in einen Mix aus Aktien, Gold, Bitcon, verzinstes Geld, in einer Mischung, die Euch nicht den Schlaf raubt, sondern euer Wohlbefinden steigert.
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…das ist ein soooo schöner Satz! Er spiegelt meine durchaus erkleckliche Lebenserfahrung genauso wieder, wie mein persönliches Motto, auch wenn es mir nicht immer gelingt, dem zu folgen.

Im Bezug auf das Finanzwesen bzw. der Geldanlage ist es der Zweifel, der mich zu Bitcoin gebracht hat. Und als Zweifler sehe ich (wie viele meiner Eingaben hier belegen) natürlich auch Bitcoin durchaus kritisch.

Dass man über dieses Thema nicht leicht mit anderen reden kann, sehe ich schon bei meinem holden Eheweib: Sie hält meine Beschäftigung / mein Investment für Unsinn und Geldverschwendung.

Ich werde meinen Zweifeln gerecht, indem ich „diversifiziere“: Ich habe ein Bein in der „traditionellen“ Finanzwelt (ETF/Tagesgeld), habe zudem Bestände an Zentralbankgeld - und jetzt seit einiger Zeit auch Bitcoin.

Ich denke, dass neben Demut & Humor auch Diversifizierung helfen kann…

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Schön und gut. Als Durchschnittsverdiener in Deutschland leider nahezu unmöglich, bei dem, was das Leben hier mittlerweile kostet.

da geh ich noch mit

geht schonmal nur für Leute die kein Eigenheim haben oder weit Über dem Druchschnitt verdienen bzw groß geerbt haben

3-Monats-Notgroschen ist mittlerweile auch schon schwierig, wenn man davon ausgeht, dass man dort regelmäßig mal dran muss, für eben die von dir aufgeführten dinge, und das dann natürlich auch wieder aufstocken muss

Wenn ich dann das, was noch übrig bleibt, sofern überhaupt was übrig bleibt, noch aufteile…weiß nicht… dann habe ich am Ende 3 gramm Gold, 0,01 BTC und 3 Aktien, das hilft mir irgendwie alles dann nicht weiter.

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Ich fand in dem zusammenhang auch den Blog von Albert erhellend

oder die Tausendfüssler strategie sich progrnosefrei aufzustellen.

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Damit sind Konsumschulden gemeint.

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Konsumschulden sind für mich Punkt 1 „Konsumiert nicht auf Kredit“

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Okay stimmt, dann schaut das ihr wenn ihr schulden habt die möglichst schnell begleicht. Normalerweise macht das ja auch sinn zuerst seine Schulden zu begleichen und dann zu investieren.

Allerdings wenn mir einer einen Kredit über 1% auf sein Haus hat. Sehe ich keinen Grund das nicht auch risikoadjustiert zu investieren.

Naturwissenschaftler sind auch in ihrem Fach gebildet. Trotzdem ist die Geschichte voll von Irrtürmern. Als die Theorie vom Urknall anfing sich durchzusetzen, gab es viele Forscher die sich dagegen sträubten und das waren eigentlich auch gebildete Menschen. Und heute gibt es auch kritische Stimmen zur Urknalltheorie und die werden dann jetzt von der Mehrheit der Astronomen mehr oder weniger abgelehnt. Wenn es den Urknall, so wie man es sich heute vorstellt, doch nicht gab, dann hätten sich wieder massenweise Forscher geirrt. So funktioniert das aber, man irrt sich hoch. Menschen können sich auf ganz unterschiedlichen Level irren.

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Also bei den Dingen wo sich alle einig sind das es immer nach oben geht ist ja meistens nicht mehr so viel Rendite drin. Wenn alle bereits Bitcoin verstanden hätten dann wäre dann würden wir uns wohl auch langsam dem langweiligen stabilen vielleicht noch leicht deflationären Ära nähern.

Ist natürlich immer die Gefahr da das wir alle falsch liegen, damit muss man schon rechnen.

Aber keine Angst, falls wir Recht haben werden die ihre Meinung schon ändern. Die werden dir dann einfach unterstellen das du Glück hattest, weil kann ja nicht sein das du was gesehen hast was sie nicht konnten.

Bei mir auf der Arbeit hats in den letzten zwei Jahren von „Das ist jetzt fertig mit dem Crypto, das wird nie wieder kommen, du hättest verkaufen sollen“ nach „Na hoffentlich hast du nicht genug um schon in Rente zu gehen :sweat_smile:“ gewechselt.

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Ich weiß, ich kenne das Problem. In den letzten Jahren wurde es als Arbeitnehmer immer schwieriger überhaupt noch relevante Summen zur Seite zu legen.

Bedeutet nur sehr sehr sehr begrenzt etwas. Die Evolution hat uns nicht zu perfekt logisch denkenden Wesen gemacht hat. Wenn wir von optischen Täuschungen getäuscht werden, dann kann uns wirklich alles täuschen. Ich kann nur davor warnen, Menschen oder in diesem Fall „Authoritätspersonen“ in irgendeiner Weise zu idealisieren. People are a mess. Schau dich um auf der Welt und begreife :slight_smile: Ich glaub je mehr Lebenserfahrung man hat, desto mehr begreift man das auch :slight_smile:

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Vergiss Reddit. Reddit ist geradezu gemacht dafür, abgeschlossene Blasen zu bilden. Selbst in den subs, die nicht stark unter Astroturfing und Zensur leiden, werden „andere“ Meinungen durch das Voting-System unsichtbar.

Ich war auch mal ein paar Monate lang in r/finanzen, bevor es mir zu blöd geworden ist. Nach einer Zeit hat man alle Meinungen und Thread-Prototypen gesehen, die ein sub in der Lage ist zu erzeugen, dann hat sich der passive Konsum mehr oder weniger erledigt.

Und was eine aktivere Teilnahme betrifft: Die paar Mal, wo ich selbst etwas wissen oder diskutieren wollte, das eben nicht 0815 war, waren die Antworten völlig unbrauchbar. Also „überdurchschnittlich“ ist die Finanzbildung dort von mir aus (ist ja nicht schwer), aber sie ist weder besonders breit noch tief. Wenn man Glück hat, hat der eine oder andere wirklich den Kommer gelesen statt nur r/finanzen-Threads darüber, aber das war’s dann auch schon mit den Büchern im Regal.

Ist natürlich in einem themenspezifischen Forum wie hier auch nicht komplett anders, aber wenigstens ist jede Meinung gleich sichtbar, das macht schon einen gewissen Unterschied.

Auch keine Überraschung. Monetarisierte Informationskanäle sind anfällig für audience capture, also tendieren alle davon zur Polarisierung. Die initiale (meist passive) Meinungsbildung läuft meist über einen solchen, und dann ist eine aktivere und ausgeglichenere Auseinandersetzung mit dem Thema oft aufgrund von confirmation bias nicht mehr möglich.

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