Hallo in die Runde,
ich wollte auch mal meine bisherige Meinung, Ansichten und Rechercheergebnisse zu CiazCoin kundtun.
Denn hier sind einige Punkte die man wissen sollte, bevor man „Alhamdullilah“ (Gott sei Dank) ruft und seine Wallet zückt.
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Keine Informationen.
Es fehlen jegliche Erläuterungen zum Aufbau, Infrastruktur, Produktion und Struktur des CiazCoin. Es gibt nur stichwortartige und wage Teasers und es wird mit gängigen Begrifflichkeiten in (nach meiner Ansicht) gekauften „News-Artikeln“ herumjongliert. Blockchain. Fatwa. Islam-Konform. Wallet. Etc etc etc.
Viele dieser Artikel beinhaltet auch teilweise peinliche grammatikalische Fehler :-).
Der Gegenwert des CaizCoin sei durch „Metalle“ gedeckt. Welche Metalle? Edelmetalle oder Altmetall
? Wie das funktioniert, also in Form von Lagerung von „Metallen“ (wie und wo) oder durch (islamisch nicht konforme) Zertifikate bleiben sie schuldig.
Wie bereits vom Vorredner angemerkt verdient das „Whitepaper“ seinen Namen nicht. Auf Anfragen verweist man auf das „Light Paper“, das ich nicht finden konnte und wovon ich mir nicht mehr erhoffe.
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Verkaufsstrategie.
Woran es nicht mangelt sind Erklärungen und Videos (selbst produziert und durch wahrscheinlich gesponsorte Influencer), wie man sie kaufen kann. Denn derzeit ist CaizCoin auf keiner offiziellen Börse notiert und handelbar. Deshalb bietet sich zufälliger Weise nur ihre eigene Webseite/App zum Kauf an. Es wird explizit darauf hingewiesen doch gerne mit Ether zu bezahlen.
Also….um eine angeblich islamkonforme „Kryptowährung“ zu erwerben, soll ich vorher in den Besitz von einer islamisch NICHT konforme aber weltweit anerkannte Kryptowährung kaufen.
Das klingt wie: „Bevor Du das Halal-Essen genießen kannst, musst Du dich durch’s Schweinefleisch durchfressen.“ Scheinbar kann man auch mit anderen Krypto-Währungen zahlen, aber interessant, dass man intensiv Ether in den Fokus stellt. Man scheint hier also auf harte und potenziell steigende Devisen zu setzen.
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Marketing.
Die Firma betreibt (kosten-)intensives Marketing. Banner an Fußballstadien, un-/ halbseriöse Magazine und (scheinbar) gekaufte Webartikel/Influencer, Türkisches analog-TV und Plakate an Litfasssäulen in Deutschland :-). Also….fernab der eigentlichen Zielgruppe und eher an eine Klientel gerichtet, die…
a) Digital eher unerfahren sind
b) Fromme Menschen, die verzweifelt nach Halal-Investitionsmöglichkeiten suchen
c) Menschen, die eher die untere Hälfte der Bildungsschicht ausmachen (ohne Wertung)
d) Leute die ohne von etwas Ahnung zu haben, ihr Erspartes vervielfachen wollen
Also interessanter Weise die Zielgruppen, die bereits mehrfach, fasst im Jahresrhythmus in großem Stil über’s Ohr gehauen werden. Populäre Stichwörter: Yimpas Holding, Anadolu Automobil, Ciftlik Bank, Thodex (fake Krypto-Börse).
In Interviews von bekannten türkischen TV-Sendern, die eher einem Homeshopping-Kanal gleichen, wird ebenfalls kaum etwas erläutert und nur bequeme Fragen gestellt. Es wird im Interview verwiesen, dass man ganz bald CaizCoin über Börsen kaufen kann und sie auch ganz bald die grandiose Technik zu ihrer „soliden Blockchain“ die dahinter steckt, veröffentlichen werden.
(Pause für Gelächter)
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Halal oder nicht?
CaizCoin bewirbt sich permanent damit, dass ihr Produkt mit einer Fatwa, also eine Art islamischer Rechtsprechung als Zulässig eingestuft wurde. Es gibt jedoch kein öffentliches Zertifikat dazu. Weiteres Problem ist, dass es keine offiziell Anerkannte Fatwa bzw. Halal Zertifizierungsstelle gibt. Viele Zertifizierer konkurrieren untereinander, weil es für die auch nur ein Geschäft ist. Da werden gerne mal Produkte in Fließbandarbeit als Halal abgesegnet. Die Unternehmen zahlen nämlich für die Halal-Zertifizierung,….nicht für die Prüfung
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Zahlreiche dieser Stellen geben sich deshalb offiziell klingende Namen als wäre sie DAS zentrale Gremium :-). Ich bezweifle jedoch stark, dass eine Prüfstelle, die sonst nur Wurstprodukte abstempelt, auf einmal in der Lage ist technologisch und finanzwirtschaftlich hochkomplexe Themen, für das es nur wenige Experten in Deutschland gibt (und keinen bei CaizCoin), zu bewerten und zu beurteilen. Ich frage mich also, was die angebliche Fatwa wert sein kann.
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Management.
Das Management tritt in den Interviews nicht wirklich klassisch „islamkonform“ und fromm auf. Eher eine Mischung aus dubioser Istanbuler high Society und Duisburger Gebrauchtwagenhändler. Klingt jetzt böser als gemeint. Jedenfalls weder klassische IT-Spezialist, noch klassischer Finanzspezialist. Auf die Frage des TV-Senders über ihr beruflichen Hintergrund gab sie nur schwammige Antworten mit „Import Export“ :-D. Und tatsächlich. Sie war scheinbar mal selbstständig im Lebensmittelhandel :-). Jedoch gibt es keine weiteren Informationen zu ihrer damaligen Firma und die Firmen-Webseite ist abgestöpselt. Dabei finde ich nichts Schlimmes daran Quereinsteiger zu sein, jedoch gibt man sich eine gewisse Mühe Spuren zu verwischen.
Sonst erfährt man auch nicht viel. Auch gibt es über linkedin keine Informationen zu Ausbildung und Studium. Aus gutem Grund? Wenn man sich das Team und ihre Hintergründe anschaut, sieht man den Schwerpunkt: Ganz viele Marketing Mng, Sales Mng, Content Mng, Business Developer etc. Also alles dreht sich um Verkauf und Vermarktung. Ich finde jedoch keinen IT- bzw. Krypto/BC-Spezialisten. Viele sind jung und unerfahren und wurden prompt zu regionalen CEOs :-). Die beruflichen Hintergründe (manche haben kaum welche) sind Baugewerbe, Lebensmittelhandel, oder Gründer von nicht-IT-Kleinstunternehmen (Massage Salons, Marketing, Obst/Gemüse), Praktikanten etc. Ach…einen App-Designer gibt es auch. Bitte nicht missverstehen. Jeder Beruf ist ehrwürdig und ich habe hohe Achtung vor Unternehmertum, und einige scheinen dort wirklich fleißig und erfolgreich zu sein. Aber es geht darum herauszufinden ob hinter der künstlichen und aufwendigen Marketing-Fassade etwas steckt. Und die Gesamtkonstellation wirkt nicht vertrauenserweckend. Aus der Mitarbeiterstruktur lässt sich die viel beschworene Spezialisierung und „solide Blockchain“ nicht erkennen. Sollte es tatsächlich eine Blockchain hinter Caizcoin geben, müssten externe Entwickler teuer eingekauft worden sein (wenn überhaupt). Man lenkt jedoch damit ab, dass man nun von Deutschland in die Schweiz gezogen ist, aber dennoch sehr deutsch sei (um die Gemüter zu beruhigen?) und dass man international überall bereits offices eröffnet hat. Philippinen, Moskau, Ägypten, GB etc.
Dabei frage ich mich: Wozu braucht eine Kryptowährung weltweite Offices? Will man die Währung physisch nach Gewicht und als Aufschnitt verkaufen? Und genau an dem Punkt wird es noch dubioser. Weshalb Philippinen? Die Philippinen sind als Markt gänzlich uninteressant, da nur ein geringer Teil der Gesamtbevölkerung muslimisch ist (zumeist auf Mindanao) und das Land eine extrem geringe Kaufkraft hat. Es ist weder für islamische Produkte bekannt, noch für Banking. Einzige Ausnahme: als Umschlagsplatz für Geldwäsche (siehe Wirecard). Zudem sind die Philippinen ein wichtiger Outsourcing-Standort für Callcenter und Online-Support aber auch für Social Media- und Bewertungsmanipulationen mit Smartphone-Farms. Also alles außer Seriös. Der Verdacht liegt also nahe, dass die Offices zum größten Teil nicht existieren und eher Briefkastenfirmen bzw. „Virtuelle Büros“ sind. Dieser Verdacht erhärtet sich, nachdem ein Youtuber zu Testzwecken bei CaizCoin anrief und nach nicht existierenden Kollegen mit mit Phantasie-Namen fragte. Antwort: „Sie ist gerade im Meeting….bis 18 Uhr (Feierabend), ich sage ihr, dass sie zurückrufen soll.“
:-). Das Video findet ihr mit den Stichwörtern „CaizCoin Scam“. Und wieso ist die Firma in die Schweiz gezogen, da sie ja eigentlich so deutsch ist und überall in verschiedenen Sprachen damit wirbt? Man kann es nur vermuten. Ihr sitz liegt in Cham. Und zwar in dem Kanton mit den niedrigsten Steuersätzen und mit einer hohen Dichte an gemeldeten Unternehmen. Die Vermutung liegt daher nahe, dass der schnelle und kurzfristige Gewinn nach Steuern das primäre Ziel der Firma ist. Zumal man mit dem Umzug in der Schweiz zumindest formal und kurzfristig der BaFin und dem Kryptowesensgesetz ausgewichen ist (muss ein zeitlicher Zufall gewesen sein) und man ohne lästige Grenze das aus dem Verkauf eingesammelte Geld über das schweizer Bankensystem schnell verstreuen kann….so munkelt man :-). Auch sonst erscheint das Unternehmen eher als….ja…“Unternehmen“. Keine typischen IT-Nerds, die eine unabhängige Währung schaffen. Ganz im Gegenteil. Das was man bisher erkennen kann ist eher eine sehr zentralistische Struktur (entgegen den etablierten Kryptos). Ich kann es nur von dieser Firma erwerben, sie sind die einzigen die es ausstellen und man kann sie nirgendwo einsetzen. Und so lange man es nicht einsetzen kann, bleibt es ein Spekulationsobjekt, was somit „Haram“ wäre, also nicht Sharia-Konform. Laut einem Vorredner wurden die erworbenen CiazCoins auch nicht wieder zurückgekauft. Und im Gegenzug zum Verkauf nehmen sie nur harte (Krypto)-Währung. Ob der CaizCoin nun ebenso die selbe Beschaffenheit und Eigenschaften wie ein Bitcoin oder Ether hat oder eben nur eine visualisierte Zahl auf meinem Smartphone ist ungeklärt. Stattdessen scheint das „Unternehmen“ eher damit beschäftigt zu sein viele Ausgaben zu tätigen. Mitarbeiter, (virtuelle)“Büros“, großflächige Werbung, Messeauftritte, Merchandise Artikel. Da sollte man sich doch als potenzieller Käufer oder Investor (oder Opfer) doch die Frage stellen, woher sie das Geld dafür wieder rein nehmen? Hohe Erwerbskosten (wäre ja noch halbwegs im gängigen Rahmen)? Investoren prellen? Käufer prellen?
Wie finanzieren die sich überhaupt? Bisher sah ich nur enorme Kosten.
Kredite? Naive Investoren?
Und dazu der Firmenname „Caiz Holding“. In der Türkei wo viele, die nichts können, einen auf „Macher“ machen, gründen irgendwelche Firmen ohne wirtschaftliche Basis und nennen es „Holding“. Meistens sind das leere Hallen oder rumpelig ausgestattete Büros in denen Solitär gespielt wird. „Holding“ als Begriff hat in der Türkei bei dieser „Blender-Szene“ einen hohen Stellenwert. „Nein, ich habe keine Firma….ich habe eine HOOOLDING ….BAM!“. Der Begriff Holding wird juristisch in den USA und GB gebraucht und beschreibt juristisch und formell eher die Konzernstruktur und Beteiligungsgesellschaften. In Deutschland oder der Schweiz (und soweit ich weiß Türkei) existiert keine rechtliche Regelung hierfür. Die Unternehmensform „Holding“ existiert schlicht und einfach juristisch nicht. Es klingt nur schön und groß. Deshalb nennt sich das Unternehmen unsinniger Weise „Caiz Holding AG“ :-). Das wäre so, als ob man „Doktor“ nicht als Titel sondern Vornamen führt und behauptet man sei Arzt.
Bei mir schrillen jedenfalls alle Alarmglocken. Egal welches Thema man bei CaizCoin anpackt, es hinterlässt nur noch größere Fragen und Misstrauen. Es wirkt wie ein extrem wackeliges Kartenhaus.
Ich für meinen Teil lasse meine Finger davon.
Und mein Rat an die jungen Leute die dort arbeiten und sich mit extravaganten Berufstiteln haben locken lassen, würde ich raten schnell etwas anderes zu suchen und die CV-Lücke zu füllen. Wenn das Ding implodiert (und das wird es zu 99% nach meiner Einschätzung), werdet ihr mit eurem regionalen CEO und XY Manager Titeln nichts mehr kaufen können und froh sein, dass euch in 10 Jahren hoffentlich niemand mehr darauf anspricht.
Es gibt mittlerweile lustige Wortspiele.
Statt CaizCoin (ausgesprochen Tscha-iss = erlaubte Handlung), CahilCoin (ausgesprochen Tscha-hill = Naiv, unbelesen) 
Um noch etwas die Stimmung zu heben:
Bei meiner Recherche musste ich leider oft an folgende Szene denken 
Ein Vorredner kritisierte, dass nichtmuslimische Namen ein Indiz für einen Scam seien. Dem möchte ich vehement widersprechen. Religion, Glauben und Ideale lassen sich weder durch Namen bestätigen noch widerlegen. Selbst wenn jemand kein Muslim ist würde das nichts daran ändern, dass ein Produkt Halal bzw. Shariakonform wäre. Einfaches Beispiel aus der Lebensmittelbranche. Natürliches Joghurt als Produkt ist Halal. Es ist nicht weniger Halal, wenn der Produzent Müller heißt. Es gibt viele Indizien, die Gegen CaizCoin sprechen, jedoch nicht dieser.