Ich möchte vorausschicken, ich kann Ramons Ausführungen und auch anderer BTC-Enthusiasten durchaus nachvollziehen. Dennoch quälen mich Zweifel, und zwar ganz praktischer Art, ob es ratsam ist, überhaupt in BTC und andere Kryptowährungen langfristig zu investieren. Die möchte ich zur Diskussion stellen:
Beständigkeit und Verfügbarkeit. Meine wenigen Erfahrungen sind bislang eher negativ. Erst einmal überraschten mich die hohen Transaktionsgebühren beim Eintausch von FIAT in BTC, beim Transfer auf und vom Ledger etc. Ein Verlustgeschäft, welches sich nur akzeptieren lässt, wenn anschließend der Kurs steigt. Damit ist der BTC nicht besser als Aktien.
Zweitens: Beständigkeit der Software: Bei dem Tempo, in dem die Software geändert wird, ist absehbar, dass es in wenigen Jahren schwierig sein wird, überhaupt mit seinen BTC zu handeln. Folgendes ist passiert: Ich kaufte einen Ledger unter Windows 8.1. Der ist jedoch unter den neuen Windowssystemen gar nicht mehr nutzbar. Das mag manchem irrelevant erscheinen, ist es jedoch nicht. Ganz im Gegenteil. Der moderne Kunsthandel steht vor dem Problem, dass digitale Kunstwerke schon nach wenigen Jahren nicht mehr dargestellt werden können. Wertverlust 100% , sofern sie nicht ständig an neue Datensysteme angepasst werden: Kostenfalle. Hätte ich auf meinem Ledger Kapital in Form von BTC, so wäre ich gezwungen, mein Betriebssystem ständig zu aktualisieren. Ich bin mir sicher, dass es nicht lange dauern wird, bis wir Betriebssysteme werden mieten müssen. (Schon jetzt bezahlen wir sie mit Erwerb eines PC). Wenn ich nun Jahre plane, BTC zu hodlen, wird dies tatsächlich ein Problem, wenn nicht sogar eine Risiko- und Kostenfalle.
Drittens: Einschränkungen beim Handel. Meine SAT bei Bitpanda sind nun seit 10 Tagen eingefroren. Begründung: Ich könnte Opfer eines Scam-Versuchs sein. (Was ich nicht bin) Lösung: keine. Die Faust in der Tasche ballen und warten, bis der Support endlich reagiert.
Ich kann den Optimismus vieler BTC-User nicht verstehen, die glauben, wir könnten in Zukunft barrierefrei BTC handeln. Das wird nicht der Fall sein, weil es schon jetzt nicht der Fall ist. Die Engstellen sind die Zugänge über Broker und Portale. Diese regeln (wie bei Banken) die Zugangsbeschränkungen. Es existieren multiple Möglichkeiten, den Zugang zum Handel zu beschränken oder ganz zu unterbinden. Diese werden möglicherweise in Zukunft noch zunehmen, sodass der Handel mit BTC so unattraktiv werden könnte, bis er praktisch zum Erliegen kommt.
Viertens: Bitcoin hat keinerlei echten Wert. (Ich meine schon den Aufschrei der Community ahnen zu können) Meine Begründung ist: außer realen, physischen Gegenständen, die praktisch nutzbar sind, hat nichts einen intrinsischen Wert. Brot hat einen realen Wert, Silber, Gold, sofern es technisch nutzbar ist. BTC muss mit Fiatgeld erworben werden. (Solange es nicht selbst als Zahlungsmittel verwendet wird) Fiatgeld hat jedoch ebenfalls keinen realen Wert, da es seit der Aufhebung der Goldbindung keinen Gegenwert mehr repräsentiert. (Darin dürfte in der BTC-Fangemeinde wohl Übereinstimmung bestehen)
Gegenwärtig muss BTC in FIAT umgetauscht werden, damit es überhaupt zu etwas nutzen ist.
Das macht wenig Sinn. Ein Geld, welches so volatil ist wie der BTC, ist eher ein Risiko als ein Wertspeicher. Da nutzt es auch nichts, wenn die Vision langfristig eine andere ist.
Überdies verbietet sich der Handel mit BTC schon aus diesem Grunde, da das Ziel des BTC ist, unendlich teuer werden zu können. Schon jetzt werden sich BTC-Besitzer ärgern, wenn sie in der Vergangenheit einen Kaffee für 1 BTC erworben hatten, der jetzt virtuell einen Sportwagen wert wäre. BTC ist also überhaupt als Zahlungsmittel ungeeignet.
Fünftens: Missbrauch durch Geldinstitute und Broker. Wer sagt denn, dass in der praktischen Handhabung die Menge von BTC begrenzt ist? Es ist denkbar, dass mit BTC genauso verfahren wird wie mit Gold. Es werden Scheingeschäfte getätigt, denen gar keine BTC gegenüberstehen.
Beispiel: Der Broker nimmt dein Cash, die BTC, die er dir zusagt, gibt es jedoch nur virtuell. Sie wurden gar nicht erworben. Es stehen also Zahlen auf deinem Konto, die glauben machen, irgendwo existierten tatsächliche BTC-Bestände. So wird es bei FIAT auch gemacht. Erworben werden die BTC erst dann, wenn der Kunde diese auf seine Hardware herunterladen möchte oder verschiebt (was der Broker in meinem Fall verhindert oder mit fadenscheinigen Argumenten verzögert.) Auch hier eine Parallele zum FIAT. Wollten alle Kunden ihr Geld am Automaten abheben, wäre die Bank in kürzester Zeit zahlungsunfähig und würde kollabieren. Es ist sogar denkbar, dass BTC überhaupt nicht mehr gehandelt werden, sondern nur noch Derivate. Das Argument, BTC sei ein begrenztes Gut, ist im praktischen Gebrauch eine Illusion.
Zusammenfassend: Ich bin sehr skeptisch, was BTC als Ersatzwährung betrifft und befürchte, wir als BTC-User werden sehr viel Geld verlieren, nicht nur durch Betrug, sondern durch die Machenschaften der Händler vor dem BTC-Netz.
Sechsten: Die eigentliche Gefahr des BTC ist aus meiner Sicht für den Kleinanleger und Nichtganoven die Illusion, ohne eigene Anstrengung reich werden zu können. Damit reit er sich in die Reihe der Lottospieler ein, mit ähnlich hohen Risiken und realen Verlusten an Vermögen.
Oder wie seht ihr das?