Liebe Petzi, lieber Maxpower,
erstmal vielen Dank für die aufmunternden Kommentare. Ihr habt gemerkt, dass ich verbittert klinge; vollkommen korrekt.
Negative Gefühle wie Angst, Neid, Gier essen die eigene Seele auf. Ich war voll davon und bin dabei, diese auszumisten. Wenn man folgende 5 Dinge tut, läuft man zu 100% Sicherheit ins Verderben: Sei perfekt, sei unabhängig, behalte die Kontrolle, halte durch, sei beliebt!
Ende 2020 ist bei mir alles über mehrere Trigger zusammen gebrochen. Burnout auf dem Boden einer instabilen Persönlichkeit. Musste mich für 2 Monate in stationäre Behandlung begeben bei suizidalen Tendenzen. Da ich zu nichts mehr fähig war und meinen Pflichten nicht mehr nachkommen konnte, habe ich mein Leben auf Null gefahren. Ich trennte mich von meiner Frau, vom Haus, vom Job. Wir hatten versucht, dem Stress zu entkommen, indem wir als Ärzte auf einer ostfriesischen Insel angeheuert hatten. Das Leben auf der Insel und 2 besondere Umstände (ich hatte einem Knebelvertrag mit dem Krankenhaus zugestimmt, aus dem dann statt der 60h dauerhaft 100h/Woche wurden; wir hatten ein Fertighaus gekauft, das nicht fertig wurde und Baumängel aufwies) haben meine Probleme katalysiert.
Ich bin wieder auf dem Festland, haben eine Traumstelle in einer Notaufnahme gefunden, wo ich keine WE-Dienste machen muss und auf Teilzeit arbeiten kann. Dort ist mein Ehrgeiz auch in guten Händen.
Warum schreibe ich euch das: weil ich nicht mehr weiß, was gut und schlecht ist. Ehe? Kinder? Haus? Freizeit? Bitcoin-maximierung? Ich bin vollkommen orientierungslos, wo ich hinwill. Und ich habe eine Vermutung, woran das liegt: am heutigen System. Es fehlt überall an Zusammenhalt. An Vertrauen. Alles wird anonymer und anonymer. In meinem Freundeskreis kenne ich keine glücklichen Familien. Single-Dasein boomt. Frugalismus boomt. Sparen lohnt sich nicht mehr. Abeiten „lohnt“ sich auch nicht mehr, um Brötchen zu verdienen, da man immer weniger Brötchen für seine Arbeit kaufen kann. Alles boombed und bubbled, die Freude aber boomt nicht.
Klar ich habe meine Baustellen in meiner Persönlichkeit, die ich medikamentös und psychotherapeutisch angehe. Aber ich glaube ich würde mir Unrecht tun und mich zu sehr abstrafen, zu sagen, dass diese Hoffnungslosigkeit und Orientierungslosigkeit nur an mir liegt.
Ich war in der Psychiatrie weiß Gott nicht der einzige mit Problemen. Da waren scheinbar normale Leute, die meisten sehr sensibel wie ich. Und neuerdings habe ich ein Auge auf die Leute da draußen und sehe lauter Menschen, die orientierungslos umherirren in ihrem Konsum, der als Schlafmittel für ihre Probleme wirkt.
Was denkt ihr: ist die Welt eine wabernde zur Orientierungslosigkeit unnatürliche Masse geworden?