So, jetzt aber.
Wir sind uns selbstverständlich einig darin, dass man in allen Bezugssystemen rechnen, also die Gesetze der Physik anwenden kann. Außerdem kann die Wahl eines geeigneten Koordinatensystems Probleme enorm vereinfachen. Ebenso die Wahl eines geeigneten Formalismus.
Das habe ich doch aber auch nie bestritten, deshalb werde ich nicht näher darauf eingehen. Ich habe eher das Gefühl wir reden etwas aneinander vorbei. Um diesen Punkt geht es:
Du sagst, es sind einfach nur pragmatisch definierte Systeme, da keine Scheinkräfte vorherrschen. Ich hingegen sage, es sind im Universum ausgezeichnete Systeme, die untereinander gleichberechtigt sind.
Der entscheidende Punkt dabei ist: Wer legt denn fest, in welchen Systemen keine Scheinkräfte vorherrschen?
In unserer Realität stellt sich heraus, dass das bei Abwesenheit von Gravitation all die Systeme sind, die sich relativ zum „Fixsternhimmel“ nur mit konstanter Geschwindigkeit bewegen.
Spätestens seit dem Michelson-Morley-Experiment weiß man aber, dass es keinen absoluten Raum bzw. Äther gibt. Der Fixsternhimmel, in dem sich eigentlich auch alles bewegt, wird also nicht dadurch definiert, dass er in einem einzigen, absoluten Raum ruht.
(Deshalb finde ich das Machsche Prinzip bzw. Newtons Eimer-Experiment so interessant, was ich oben verlinkt habe.)
Wenn es also keinen absoluten Raum gibt, aber es trotzdem nur diese eine Klasse von gleichberechtigten Inertialsystemen gibt, bei denen im gravitationsfreien Raum keine Scheinkräfte auftreten, kann man doch mit Fug und Recht behaupten, dass diese im Universum ausgezeichnet sind.
Wenn du dich irgendwo im Universum, weit weg von allen anderen Objekten, im näherungsweise gravitationsfreien Raum befindest, kannst du trotzdem feststellen, ob du dich in einem Inertialsystem befindest oder nicht.
Das ist letztlich auch der Grund warum das Zwillingsparadoxon eben kein Paradoxon ist.
Falls ein Zwilling in einem Inertialsystem bleibt, während der andere erst weg und dann wieder zurück fliegt, also das Inertialsystem zwischendurch wechselt, dann ist beim Wiedersehen der zurückgebliebene Zwilling älter.
Nach deinem Ansatz müssten beide Zwillinge immer gleichberechtigt sein, da Inertialsysteme nur eine pragmatische Wahl zur Vereinfachung der Rechnung wären.