Bitcoin als Nachfolger von Fiat - Fragen, die ich mir stelle

Ich denke jeder merkt stärker als je zuvor, dass die Fiatwelt ins Wanken gerät. Das Dauerdrucken von Geld dürfte den Zenit des Erträglichen erreicht haben, siehe aktuelle Inflation.

Die Frage ist nun, was kommt nach Euro, Dollar, YEN etc. ?

Ich sehe folgende Optionen:

  1. Neues Fiatgeld. Die für mich wahrscheinlichste Option, da die herrschenden Eliten das Geldschöpfungsmonopol nicht aus der Hand geben wollen. Trotzdem möchte ich noch folgende theoretische Ansätze ansprechen:

  2. Freigeld nach Silvio Gesell. Kurz umrissen: „Mit Freigeld bezeichnet die Natürliche Wirtschaftsordnung ein Zahlungsmittel,* das (wie die Ware) einem Wertverfall unterworfen ist und damit unter Umlaufzwang steht. Der Besitzer von Freigeld kann jedoch der Entwertung entgehen, wenn er die Hortung des Zahlungsmittels vermeidet, es also entweder gegen Ware eintauscht, verleiht oder auf einem Bankkonto (längerfristig) festlegt.“ Hierzu gibt es auch einen Film über ein Dorf, das das tatsächlich umgesetzt hat, „Das Wunder von Wörgl“
    Meines Erachtens haben einige „bedingungslose Grundeinkommen“ - Verfechter und ihre Ableger wie „Gradido“ diese Freigeldtheorie als Grundlage. Kern ist wohl die Intention, die Inflation dieses Geldes (wie bei Fiat) zu vermeiden und es mit einem Negativzins zu belegen.

  3. Bitcoin. Wir haben also 1. ein Geld, das dank Zinsen inflationiert und 2. ein Geld, das über Zeit sogar Wert verlieren soll. Bitcoin steht für mich da genau in der Mitte.

Die Fragen, die sich mir nun stellen, sind aber folgende:

Wie will ein Staat oder ein Unternehmen seine Angestellten mit Bitcoin/Satoshi bezahlen ? Oder seine Sozialhilfeempfänger mit Bitcoin ausstatten ? Er kann eigentlich nur immer wieder „am Markt“ (mit was eigentlich ? Fiat ?) die benötigten Bitcoin zukaufen. Wie lange ist das durchhaltbar ? Ich bin da überhaupt nicht dagegen, nicht falsch verstehen, ich kann es mir in der Praxis nur schwer vorstellen.
Es würde einige frühen Halter von Bitcoin unfassbar reich machen, da der Staat sich bei diesem „Neugeld“ quasi alles von 0 weg zukaufen müsste. Alleine das würden die tendenziell linken Politiker nicht dulden meiner Meinung nach.

Wie seht ihr das ?

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Du gehst ganz klar von einem harten Wandel aus, sprich ab Morgen wird alles in Bitcoin beglichen. Das geht so natürlich nicht und du hast hoffentlich auch schon an vielen Ecken gehört/gelesen, dass eine Adoption von Bitcoin sehr schleichend vonstatten gehen muss. Das bewirkt dann, dass alle Akteure sich auf die Hyperbitcoinization vorbereiten können.
Sprich bevor ein Staat oder Unternehmen anfängt Ausgaben in Bitcoin zu tätigen, hat es zum einen schon ein paar Reserven in Bitcoin angelegt und zum zweiten müssen auch die Einnahmen schon großteils in Bitcoin stattfinden.

Nur so kann es gehen. Aber das braucht Zeit…viel Zeit!
Bis dahin müsste man, wenn man den Lohn in Bitcoin erhalten möchte, auf Dienste wie Strike zurückgreifen.

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An gemeinwohlorientierten Währungen gibt es da auch noch Circles Coop eG (basiert auf xDai), was mir ähnlich wie Gradido scheint (Krypto, Grundeinkommen). Ich hab damit noch keine Erfahrungen/Wissen sammeln können. Es basiert jedoch auf einem Vertrauensnetzwerk. D.h. du brauchst schon mal 2 Leute die dort drin sind und für dich „bürgen“. Das kann über persönliche oder virtuelle Treffen geschehen.

Ein Open Source Zahlungsdienstleister wäre der GNU Taler. Beim GNU Taler müsste die Zentralbank mitspielen und das erscheint mir bei Ländern wie Deutschland aktuell ausgeschlossen. Das könnten evtl. kleinere Ländern ausprobieren.

Dann gibt es noch Regionalwährungen und den Minuto, der auch eine Art von Regionalwährung ist, aber nicht ausschließlich. Der Minuto basiert auch auf einem Vertrauensnetzwerk, ähnlich wie Circles.

Das „Schenkungsnetzwerk“ H.e.l.f.a. ist auch eine Art regionales Vertrauensnetzwerk ist. Man kennt sich persönlich und hilft sich gegenseitig. Aber das ist keine Währung. Nur so nebenbei erwähnt…

Ich weiß auch nicht ob Gradido, Circles (beides Krypto’s) oder Minuto gut funktionieren. Ich bin auch gerade am evaluieren . Wenn eins dieser Währungen funktionieren würden, fände ich das hilfreich. Vielleicht nicht zwingend um das offizielle Zahlungsmittel komplett zu ersetzen (wobei ich da nichts dagegen hätte) sondern eher als Komplementärwährung

Im Speziellen frage ich mich ob Gradido und Circles grundsätzlich funktionieren können und wie sie im Vergleich zu anderen Krypto’s (Bitcoin/Lightning/Monero) da stehen. Von Gradido und Circles kann man halt keine Anonymität bei Zahlungen erwarten. Das könnte man aber mit Bitcoin-Lightning oder Monero erreichen.

BTW. ich glaub El Salvador hat doch Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel zugelassen. Wie sich das Volkswirtschaftlich bzw. auf die Landeswährung auswirkt, keine Ahnung.

Das klingt für mich zuerst mal nach “Alarmglocken gehen an“ einem Schneeballsystem

Bitcoin benötigt keinen Bürgen

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CIrcles kenne ich nicht, aber zu Gradido kannst du dich in dieser Diskussion gerne weiter einlesen:

Das Problem ist, dass unsere Währungshüter das ganz genauso sehen… aber bezogen auf unseren Euro/Dollar und auf unsere Wirtschaft.
„Wie sich das auswirkt? Keine Ahnung!“

Passend dazu:

Ganz nach dem Motto: wir drehen mal an ein paar Schrauben und gucken was passiert.

Stimmt, die Diskussion zu Gradido habe ich damals gestartet. Ich habe das Projekt seither nicht weiter verfolgt, ich sehe einfach keine Vorteile gegenüber Bitcoin. Das Motto „Don’t trust, verify“ + das Fehlen einer zentralen Stelle bei Bitcoin, die ihre Finger auf dem „verify“ hätte, überzeugt einfach mehr als alles andere, was ich bislang gesehen habe.

Trotzdem interessieren mich Gedankenspiele wie und ob Bitcoin sich als zentrale Verrechnungseinheit an die Stelle von Fiat setzen könnte oder ob es einfach seinen Platz neben Fiat als digitaler Wertspeicher findet. Ich tendiere aktuell eher zu Szenario 2.

auf mittelfristige Sicht auf jeden Fall!
Ob Fiat in hundert Jahren noch Relevanz hat, steht auf einem anderen Blatt.

Das mag sein das Bitcoin keinen Bürgen braucht, aber Bitcoin ist auch nicht regionalisiert (die Region stärkend) und gemeinwohlorientiert.
Bzgl. Schneeballsystem , das sollte erst mal bewiesen werden ob das wirklich so ist und wer davon profitieren sollte. Ich mag es nicht über Dinge zu spekulieren über die ich nichts weiß.
Aber vielleicht hast du schon einen guten Einblick und Erfahrungen mit Circles?

hab ich schon gesehen, danke. Was mir dort fehlt ist ein Kenner und Befürworter von Gradido der seinen Senf dazu gibt.

Zuletzt hab ich gehört das Gradido dezentral ist oder werden will. Es wurde in der letzten Zeit fleißig daran geschraubt bzw. es wird immer noch daran gearbeitet. Es ist Open Source.

Kannst du das näher ausführen?
Ich lese daraus, dass regionale gemeinwohlorientierte Geldsysteme erstrebenswerte sind.
Das ergäbe zum einen einen riesigen Flickenteppich an Währungen und zum anderen ist mir nicht klar, wie ein Geldsystem „gemeinwohlorientiert“ sein kann.
Meines Erachtens nach kann nur ein Unternehmen oder Staat gemeinwohlorientiert handeln, nicht aber eine Währung.
Ergo kann man auch mit Bitcoin gemeinwohlorientiert handeln oder glaubst du das nicht?

Da hast du Recht, Bitcoin ist dezentral und für jeden Menschen gleich.

Das aktuelle Fiat-Währungssystem begünstigt diejenigen die sowieso schon viel haben. Die können relativ leicht noch viel mehr erwirtschaften während die, die wenig oder nichts haben sich noch so sehr Anstrengen können, aber wenig Aufstiegschancen haben bzw. Chancen ihre Lebenssituation zu verbessern. Da gibt es ganz viel Literatur dazu (Armutsforscher Butterwege, Elitenforscher Michael Hartmann) und natürlich ist da nicht das Fiat-Geld allein schuld daran, aber doch zu einem erheblichen Teil mit Schuld.
Bitcoin folgt einem ähnlichen Prinzip. Wer schon viel hat, der hat große Vorteile anderen gegenüber. Das finde ich nicht grundsätzlich schlecht, aber Bitcoin ist in diesem Punkt ähnlich wie Fiat Geld. Bitcoin hat natürlich andere Vorteile dem Fiatgeld gegenüber und natürlich kann man mit Bitcoin etwas für das Gemeinwohl tun, aber darum geht es ja nicht. Die Frage ist ob die Struktur von Bitcoin selbst gemeinwohlorientiert ist. Einen Aspekt den ich sehe ist natürlich die Dezentralität und die Offenheit. Da ist sicherlich etwas gemeinwohlorientiertes drin, nämlich das der Staat den Bürger nicht mit drucken von Geld sozusagen „betrügen“ kann (Inflation). Auch Krypto’s wie Circles und Gradido haben diesen Anspruch, aber eben noch mehr. Grundeinkommen, Umweltschutz usw. Das wird auf der Webseite erklärt. Ich kennen Gradido nicht gut genug um das selbst zu erklären, aber die haben ja eine Menge Info’s auf Ihrer Webseite.
Ich kenne auch Circles und Minuto nicht gut genug um sie abschließend zu beurteilen. Ich finde es grundsätzlich interessante Ideen und Wert um sich mit Ihnen zu beschäftigen. Diese Währungen sind auch „Work in Progress“. Das heißt sie entwickeln sich weiter wenn sie Schwachstellen haben, genau so wie das auch Bitcoin getan hat.

Wie ich schon eingangs erwähnte ist mein Problem mit Gradido/Freigeld/ähnlichen Projekten der bereits im System enthaltene Werteverfall über Zeit. Die Token werden quasi jeden Monat aus dem Nichts erschaffen und damit das Ganze nicht hyperinflationär wird, ist ein zeitlicher Verfall der bereits geschöpften Token in das System integriert (quasi ein extremer Negativzins).

Dieses Prinzip lehne ich ab, da es die Menschen wieder in den unmittelbaren Konsum oder alternativ in den Wertverlust führt. Darin kann ich keinen Umweltschutzgedanken erkennen, eher das Gegenteil.

Ich favorisiere klar das Bitcoin-System. Kein Zins, weder „positiv“ noch „negativ“, eine begrenzte Stückzahl, ein feststehender, unveränderlicher Wert, der meine Lebensarbeitszeit auf unbestimmte Zeit speichern kann. Vielleicht möchte ich nicht jetzt konsumieren sondern mir erst in 10 Jahren was Bestimmtes kaufen. Bei den ganzen Gradido-/Freigeldgeschichten werde ich für meinen Konsumverzicht unmittelbar bestraft. Das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

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Hast du schon mal mit den Gradido Leuten über deinen Punkt gesprochen? Vielleicht liegt ja auch ein Missverständnis vor oder es gibt eine Lösung für das Problem bzw. man kann eine Lösung erarbeiten. Wie gesagt, es ist „work in progress“ und nicht für alle Ewigkeiten in Stein gemeißelt. So wie es bei Bitcoin auch Verbesserungen gab.
Ansonsten muss es auch nicht ein entweder oder geben sondern es kann ein sowohl als auch geben. Dann ist halt Gradido nicht für das langfristige Sparen geeignet und es gibt andere Möglichkeiten.
Wer weiß denn schon was der Bitcoin in 10 Jahren wert ist? Bitcoin ist Spekulation pur. 200% hoch, 70% wieder runter, zurück zum Ausgangswert. Das ist auch nicht was ich unter sicherem Wertaufbewahrungsmittel verstehe. Hier wird man u.U. auch dafür bestraft wenn man nicht konsumiert. Immerhin kann man potentiell wenigsten auch gewinnen wenn man nicht konsumiert, aber ich will damit nur sagen das es nicht so klar ist wie es manchmal aussieht.

Ich habe das vor längerer Zeit schon mal angesprochen. Ich denke aber, das ist ein Grundpfeiler von ihrer Philosophie und nicht verhandelbar, zumindest war das mein Eindruck. Es hat wie gesagt starke Bezüge zum Freigeld von Gesell meiner Meinung nach.

Zur Wertspeicherung gibt es nur zinsfreie Gradido-Kredite als Geldanlagen (für den Kreditgeber). Zitat: „Beide Parteien, Kreditgeber und Kreditnehmer, haben dabei Vorteile:
Win-Win für Kreditgeber und Kreditnehmer:
 Der Kreditgeber erhält seinen Wert.
 Der Kreditnehmer erhält einen zinsfreien Kredit.“

Das verstehe ich sowieso nicht: Ein Kredit ist ein Wertspeicher ? Wie soll ich denn bspw. einen Kredit über 50.000 Gradido zurückzahlen (die 50.000 unterliegen nicht der Vergänglichkeit), wenn ich nur 1.000 Gradido im Monat erhalte, die noch dazu verfallen ? Und von denen ich leben soll ? Das ist mir völlig schleierhaft.

Bei Bitcoin ist es wie folgt: Ich erhalte einen Bruchteil einer festgelegten Menge von 21 Mio. Stück. Diese 21 Mio. (aktuell noch weniger), ihre Bewegungen, ihre Schöpfung etc., alles ist einsehbar und nachvollziehbar. Bei Projekten mit „Gründern“ und dahinter stehenden Gesellschaften kann ich das nicht. Ich weiß nicht wie viele Gradido schon existieren. Wie viele sich die Gründer ins Portfolio gebucht haben (oder auch nicht). Ich kann nichts einsehen oder kontrollieren. „Don’t trust - verify“ geht hier nicht.

Danke für das Teilen deiner Gedanken dazu.
Ich finde auch, berechtigte Fragen welche die Gradido Leute beantworten sollten.
Mehr Konsum durch höhere Umlaufgeschwindigkeit ist sicherlich nicht im Sinne der Erfinder von Gradido, zumindest der Webseite nach und was dort steht.

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