Hi. Wie funktioniert eigentlich die Geldschöpfung im Detail? Wenn ich einen Kredit aufnehme, erschaffe ich zwar Geld, aber muss es am ende ja wieder (im besten Fall) zurückzahlen. Wo findet also die langfristige Ausweitung der Geldmenge statt?
Die Bank tippt eine andere Zahl in Deinen Kontostand.
Klingt komisch - ist aber so.
Das nennen wir Geldschöpfung.
Genau. Zahlst Du das Geld zurück, so wird das Geld wieder vernichtet. Zudem muss eine kleine Umverteilung stattgefunden haben, denn Du musst der Bank zusätzlich ja auch den Zins bezahlen.
Weil schneller neue Kredite ausgegeben werden, als dass alte Kredite getilgt werden. In Summe wächst dann netto die Geldmenge.
Ist ja auch logisch. Das Problem ist die multiple Giralgeldschöpfung. Mehr zirkulierendes Geld sorgt für mehr Überschussreserven bei Banken und damit wiederum zu mehr Geldschöpfung.
Wie läuft das dann ab? Findet diese Vernichtung erst bei Tilgung statt?
Ja, Zurückzahlen eines Kredits = Geldvernichtung.
Also im Regelfall sukzessive.
Das bedeutet, das erschaffene Geld wird als Sicherheit für weitere Kredite hinterlegt? Und somit steigt die Geldmenge exponentiell?
Jepp genau so, dauerhaft werden die Kredite mit weiteren Krediten zurückgezahlt
Die Geldmenge soll durchschnittlich pro Jahr um 8% steigen. Kann es sein dass der durchschnittliche Kreditzins ebenfalls bei 8% liegt und dies zu den 8% bei der Geldmenge führt?
Dieses System kann logischer Weise gar nicht ohne Inflation funktionieren. Auch die 2% Zielinflation dürften in diesem System unrealistisch sein.
Dieses Argument habe ich auch schon gehört und würde das gerne genauer verstehen. Hat man das einmal statistisch festgestellt und daher die Behauptung? Ich sehe den Grund nicht warum schneller Kredite ausgegeben werden als zurück gezahlt. Wenn man mal genauer darüber nachdenkt, müsste n ja aufgenommene Kredite wirklich dauerhaft steigen. Also wenn 1 Kredit zurückgezahlt wird gleich 1,5 neue oder gleich noch ein höherer oder ähnlich. Wenn Ich das jetzt mal auf ein Individuum beziehe: Ottonormal-Bürger stirbt ja auch irgendwann, dann müsste ja die nachfolgende Generation kommen und sagen: Ja geil ich nehme jetzt die selbe Menge an Krediten auf die angehäuft wurden, und packe na nochmal was oben drauf. Ich kann das maximal durch Erhöhung der Bevölkerung verstehen: Mehr Menschen=Mehr Kredite. Irgendwie so dass Kredite wachsen proportional mit der Bevölkerungszahl oder ähnliches. Daraufhin kam mir dann der Gedanke, Staatsschulden: Diese steigen ja durchaus dauerhaft. Man braucht hier mal ein Grafik. Wie hoch ist der Anteil von Otto-Normal-Bürger, Wie Hoch ist der Anteil von Mr.-Reich. Welchen Anteil nehmen hier Unternehmen. Falls Unternehmen hier die wichtige Rolle Spielen, wie ist die Aufteilung von Neugründungen und Unternehmen die seit „Jahrhunderten“ existieren bzw großen Unternehmen. Und insbesondere wie hoch ist der Anteil vom Staat. Für mich Hinkt das Kredit=Erhöhung der Geldmenge noch ein wenig. Vielleicht ist aber auch mein Versuch das ganze auf Individuen zu beziehen falsch. Ich spinne das jetzt mal weiter. Existiert eine Geldmenge ohne Kredite. Wir stellen uns also mal vor: Alle Kredite sind zurückgezahlt. Diese Geldmenge nenne ich mal M. Jetzt gehen Menschen hin und nehmen Kredite auf. Äonen Jahre später müssten die durch Kredite entstandene Geldmenge um ein vielfaches höher sein als M. also sogar beliebig höher 500*M usw., oder nicht? das klingt merkwürdig. Irgendwo habe ich noch einen krassen Gedankenfehler.
Mehr Kredite, mehr Geld im Umlauf, mehr Kreditwürdigkeit, mehr Kredite, mehr Geld bei Banken, mehr Kredite, weil höheres Eigenkapital vorhanden.
Es ist ein sich selbst verstärkender Kreislauf. Geliehenes Geld verstärkt sich selbst - Stichwort: Multiplikatoreffekt.
Etwas überzeichnet:
Ich leihe mir Geld für den Kauf eines Hauses (100k€). Du verkaufst mir das Haus. Mit dem Geld bist Du kreditwürdig und erfüllst Dir den Kredit zum Bau einer Produktionsstätte für xy. Der Stahlproduzent macht mehr Gewinne durch Dich und nimmt wiederum einen Kredit auf. Es ist mehr Geld im Umlauf, die Preise steigen. Ich verkaufe das Haus für 120k€ und tilge den Kredit. Netto ist dennoch deutlich mehr Geld im Umlauf.
Wenn Kredite schneller aufgenommen werden, als sie getilgt werden, so wächst die Geldmenge. Und das tut sie normalerweise, weil in der Erwartung der Geldmengenausweitung Schulden etwas ‚Gutes‘ sind, da diese mit der Zeit entwerten. Insofern spielen alle bei dem Spiel mit. Es ist wie eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Es ist ein wildes Kartenhaus (außer es entsteht netto wirklich ein Mehr an Waren und Dienstleistungen, und unter dem Ausklammern der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes), aber solange immer neue Kredite geschaffen werden, so kann so ein Konstrukt recht lange bestehen.
es gibt allerdings eine Bremse, die bisher nicht erwähnt wurde.
Kreditausgabe, also Geldschöpfung wird auf einen bestimmten Prozentsatz des Eigenkapitals der ausgebenden Bank begrenzt. Ausnahme Zentralbank, die kann theoretisch beliebig ausgeben, aber auch drucken.
Genau, wie (implizit) erwähnt. Wichtiger Punkt.
Wer mehr Kredite ausgibt, der bekommt mehr Zinsen. Wer mehr Zinsen bekommt vermehrt sein Eigenkapital und kann absolut betrachtet mehr Kredite vergeben.
zusätzlich kann man davon ausgehen, dass bei höheren Zinsen die Kredite schneller getilgt werden und im Idealfall zu höheren Zinssätzen wieder ausgereicht werden können.
Karusell dreht weiter.
Ich Glaube der Punkt der Frage ist der Ankerpunkt der Bewertungen:
Im Goldstandard war das Geldsystem goldgebunden. Damit gab es einen Ankerpunkt im Geldsystem an dem sich alle Bewertungen in Geld orientieren konnten. Wenn eine Unze Feingold auf 20$ festgelegt sind, dann sind diese 20$ gleichzusetzen mit der Arbeit das Gold zu schürfen, zu reinigen und vielleicht einzuschmelzen. Diese Arbeit oder den Energieaufwand dafür kann man mit jeder anderen Arbeit vergleichen. Vielleicht ersteinmal nur mit dem Eisenabbau. Der geht deutlich einfacher weil es mehr Eisen gibt und somit ist Eisen billiger. Damit hat man dann schon zwei Orientierungspunkte, an denen man die Preise in Geld umrechnen kann. Und so kann man mit jeder Arbeit und jedem Produkt vorgehen. Im Endeffekt wird jede Arbeit, jeder Kredit und jede Ware mit den 20$ verglichen, die das Gold wert ist. Das ist der Ankerpunkt der Bewertungen im Geldsystem.
Jetzt haben wir aber keine Goldpreisbindung mehr. Woran orientieren sich die Menschen jetzt? Vielleicht an der Gesamtgeldmenge? An dem BIP eines Landes? An dem, was einem die Zentralbank vorgibt? Jeder Mensch nimmt sich also jetzt eine andere Bewertungsgrundlage und kommt somit auch zu einem anderem Ergebnis.
In unserem Geldsystem ist es egal, ob ein Haus 50.000€ oder 500.000€ kostet. Wenn ein Haus 500k€ kostet, dann kostet ein Apfel vielleicht 1€, wenn das nur Haus 50k€ teuer ist, dann gibt es den Apfel schon für 10 Cent. Das Problem ist also, dass unser Geldsystem keinen wirklichen Ankerpunkt mehr hat und die Bewertungen somit beliebig zueinander verschoben werden können. Es ist also egal, wie viel Geld ein Gegenstand also wirklich im Zahlenwert kostet aber es ist immer noch wichtig, wie viel Geld es in Relation zu anderen Objekten kostet.
Für unsere Kreditwelt bedeutet es: wenn du heute einen Kredit über 500.000€ aufnimmst, dann kannst du dir vielleicht ein Haus davon kaufen. Aber du erhörst damit die Geldmenge auf dem Markt und somit steigen die Preise. Der nächste müsste also schon einen Kredit von der Bank über vielleicht 510.000€ aufnehmen um ein vergleichbares Haus zu kaufen. Der übernächste einen Kredit von 530.000€. Das gleiche geht natürlich auch deflationär, sodass die nächsten weniger Kredit aufnehmen müssten, aber das ist geldpolitisch nicht gewollt. Die Zentralbank sorgt dafür, dass es Inflation gibt durch ihre Zentralbankpolitik.
Und gewissermaßen auch verständlich.
Man stelle sich vor, das Kartenhaus bräche zusammen. Du hast gestern ein Haus für 500k€ verkauft und mit steigenden Mieteinnahmen kalkuliert. Plötzlich ist Dein Haus nur noch 300k€ wert und perspektivisch wird die Miete in einem deflationären Umfeld sinken. Zudem wird Dein Arbeitslohn mit der Zeit sinken. Dein Kredit der eben noch für 30 Jahre gedacht war beschäftigt Dich plötzlich bis an Dein Lebensende.
Ein Wechsel des geldpolitischen Kurses würde temporär für eine Menge Leid sorgen. Profitieren würden dennoch einige, die klassisch in Geld gespart haben (die Verlierer der Gegenwart), denn sie hätten nun relativ betrachtet an Kaufkraft gewonnen. Menschen mit vielen Assets dagegen würden hohe Verluste verbuchen. Wer von diesen beiden Menschentypen Politik macht, das wissen wir alle. Insofern wird das Spiel wohl noch etwas weitergehen.
Bis Bitcoin sich durchsetzt.