Wenn Bitcoin hauptsächlich mit Überschussstrom betrieben werden würde

Ich bin kein Kritiker, keine Sorge. Aber ich verstehe etwas nicht was Roman immer wieder erwähnt.

Er sagt, dass Mining hauptsächlich mit Überschussstrom betrieben wird weil es sich sonst nicht lohnen würde. Jetzt ist es aber so, dass Überschussstrom nicht immer da ist. Es ist zum Beispiel in Nächten, an windigen und sonnigen Tagen usw. da. Klar, das Wetter ist unterschiedlich auf der Welt, aber müsste man das nicht an der aktuellen Hashrate sichtbar sein? Müssten da nicht deutlich mehr Schwankungen zu sehen sein? Die gibt es aber nicht oder nur kaum. Vorallem nicht wenn man die einzelnen großen Pools ansieht (dort sind es keine berechneten Werte, sondern tatsächliche Hashrates). Und da gibt es keine Schwankungen die auf Abschaltungen wegen zu wenig Ü-Strom hindeuten würden.

Und der zweite Punkt: Hierzulande ist Ökostrom teuerer als „normaler“. Ist das anderswo anders oder wieso sollten die Miner denn dann freiwillig grünen Strom verwenden?

Bin auf Eure Antworten gespannt und es würde mich freuen wenn Roman sich dazu hier oder in einem der nächsten Videos äußern könnte.

Überproduzierter Strom müsste tatsächlich schwanken, die Frage ist nur, ob sich das über die Welt nicht ausgleicht. Statistiken dazu kenne ich aber leider nicht. Was du aber dabei beachten must ist, dass die Sonne aus dem Weltraum gesehen immer mehr oder weniger die gleiche Energie liefert. Schwankungen könnten also für Solarstrom theoretisch nur durch unbesiedelte Ozeane hervorgerufen werden (wenn man davon ausgeht dass die Miner und Solarzellen gleichverteilt auf der Landfläche sind.)
Dazu kommt das Grundrauschen der Windenergie und sogar eine Grundlast der Wasserkraftwerke.
All diese Energien zusammengerechnet könnten schonzu einer relativ gleichmäßigen Versorgung führen, zumal die geschätzte Hashrate ja auch nur auf zufall basiert, also wann zufällig mal ein Miner einen Block findet, was genauso rauschen generiert.

Ich kann mir gut vorstellen, dass all diese Effekte einen guten Mittelwert bilden, aber wie gesagt hab ich keine Statistiken dazu. Die Grundlast von 20% bis 30% durch herkömmlichen Strom (Kohle, Gas, Atom,…) ist ja auch in der Hashrate enthalten.

Hier in Deutschland ist der konventionelle Strom eh viel zu teuer, du kannst ab ungefähr 6 Cent pro Kilowattstunde profitabel minen. Alleine herkömmlicher Strom hatte 30 bis jetzt 60 Cent pro Kilowattstunde, das sind Preise die Leute nur aus liebhaberei das Netzwerk sichern wollen oder andere Nebenprodukte wie Wärme generieren wollen. Im größeren Stiel passiert das nicht da die Miner verlust machen würden. Außerdem bedeutet Ökostrom ja nicht, dass der Strom aus der Stekdose durch Windkraft oder Solar erstellt wurde. Es ist lediglich ein Aufpreis diese Kraftwerke mehr zu fördern, aber wenn du neben einem Atomkraftwerk wohnst, dann bekommst du von diesem auch den Strom, egal was du für einen Vertrag hast.

Als normaler Stromkunde kommst du nicht an überproduzierten Strom herran, dazu müsstest du an die Strombörse gehen und den Strom abkaufen wenn er gerade billig ist. Aber auch dann kannst du nicht garantieren dass es nicht doch ein AKW ist, das seinen Strom irgendwie loswerden muss.

Überproduzierten Strom zu nutzen bedeutet, dass du an einer Solarzelle oder an die Windräder Miner stellst und jederzeit entscheidest ob du den Strom an der Börse verkaufst oder über deine Miner verbrennst. Das hauptproblem ist nähmlich, dass wenn deine Solarzelle oder dein Windkraftwerk wirklich Strom produziert, dann machen das 100000 andere Anlagen in der Nähe auch. Es gibt dann also meist zu viel Energie sodass diese nicht an das Netz abgegeben werden kann. Dann kann das Mininggerät die Energie aufnemen anstatt sie verpuffen zu lassen (und dafür sogar von den Stromkunden eine Entschädigung erhalten). Aber auch hier hast du richtig erkannt, dass die Mininggeräte nicht rund um die Uhr laufen können. Bei Wasserkraft aus den Bergen sieht das aber anders aus. Aber durch dieses Konzept könnte man die Energie-Ableitungsumlage auflösen was den Strompreis für alle anderen wieder günstiger machen würde. Das wäre ein Vorteil für die Energiewende → aus mangel an Stromspeicher die Erneuerbaren trotsdem monetarisieren zu können und so die Energieifrastruktur ausbauen falls das normale Netz doch mal mehr Strom braucht.

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Gleich vorweg - ich bin kein Experte auf diesem Gebiet. Wer hier mehr weiß, bitte einfach ergänzen/berichtigen.

Soweit ich weiß, liegt der höhere Strompreis im Wesentlichen an 2 Faktoren.
Zum einen gibt es die EEG Umlage - und damit einen staatlichen Eingriff, welcher den Anbietern von erneuerbaren Energien zusätzliche Anreize gibt. Diese bezahlen letztendlich die Abnehmer drauf - und der Strom wird teurer, obwohl die Produktionskosten zum Teil viel niedriger sind.

Zweiter Faktor ist das Merit-Order Prinzip. An der Strombörse zählt immer der Preis des letzten Anbieters (also des teuersten noch abgenommenen Strom), welcher den Preis für alle vorgibt. Einerseits sind dadurch auch die Kraftwerke rentabel, die Grundlastfähig sind und die Netzstabilität gewährleisten - andererseits wird sehr günstiger Strom (Wind/Solar) dadurch zeitweise enorm teuer.
Seit geraumer Zeit sind diese teuersten Erzeuger nämlich Gaskraftwerke. Auch in Deutschland wären für erneuerbaren Strom Preise unterhalb von 10 Cent pro kWh möglich, wenn es ausschließlich nach den echten Kosten der Energielieferanten gehen würde (natürlich mit Gewinnmarge).

Natürlich gibt es auch Länder in denen das anders ist. Wenn ich mich recht entsinne deckt Paraguay 100% des Stroms mit Erneuerbaren (Großteil durch Wasserkraftwerke an Staudämmen) und exportiert den Strom sogar in Nachbarländer.

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Die Antwort von @DasPie ist da eigentlich schon super ausführlich. Dem möchte ich nur noch hinzufügen, dass die tatsächliche „Hashrate“ garnicht in „Echtzeit“ (ja ich weiß, Echtzeit ist Rechtzeit!) messbar ist. Jede Hashrate ist nur eine Schätzung und Mittelung über eine gewisse Anzahl von Blöcken.

Die exakte Hashrate ist nicht messbar, sondern nur schätzbar!

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Mal als Ergänzung:

Das ist zwar ein sehr langes Video, aber auch relativ interessant. Hans Werner Sinn zeigt hier den von ihm benannten Zappelstrom für Deutschland, also genau die von dir benannten zufälligen Ergeignisse wann die erneuerbaren Strom liefern und wann nicht. Die gezeigten Statistiken sind allerdings nur für Deutschland, aber man sieht schon, dass sich das statistisch relativ gut ausgleichen kann (aber natürlich nicht muss). Und es geht hier natürlich um den „Normalstrombedarf“, also Haushalt und Industrie. Mining wird (glaub ich) nicht erwähnt.

Das Video erklärt nicht komplett deine Frage, ist aber vielleicht gutes Hintergrundwissen über die Energiewende.

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Dass eine Hashrate nur schätzbar ist ist nicht richtig und gilt nur für die globale HR. Ein Pool gibt die tatsächliche HR in Echtzeit an. Er bezahlt ja den Miner auch danach und weiß natürlich wieviel HR von jedem einzelnen Miner kommt. Und bei den 5 größten Pools würde man da schon sehr deutlich sehen wenn Abschaltungen passieren. Vorallem bei Pools wie Foundry wo wohl so gut wie ausschließlich US-Miner sind müsste man größere Wetterphänomene und Tag/NAcht Effekte erkennen. Konnte ich bislang aber nicht. BTW: Video muss ich erst anschauen.

Bei kleineren Pools wie Braiins (Sechstgrößter Pool) hatte ich solche periodischen Abschaltungen aber bereits sehen können. Allerdings nur eine temporär, eine Woche oder so. Also wenn eine Farm abdreht, dann sieht man das prinzipiell sehr wohl und es ist unwahrscheinlich dass absolut zeitgleich eine andere wieder hochfährt. Ich verstehe Eure Ideen, bin aber der Meinung dass das nicht die ganze Wahrheit sein kann.

Danke für die Antworten!

Danke für Deine ausführliche Antwort. An einige Deiner Ausführungen hab ich vorher gar nicht gedacht.

Nein, auch die kann der Pool nur abschätzen. Das versuchen die Polos aber natürlich so genau wie möglich zu halten weil deren Monetarisierung daran hängt.

Wenn du ein eigenes Mininggerät betreibst, dann minest du quasi mit deutlich geringerer Difficulty. Das bedeutet du findes Blöcke die andere Nodes ablehnen würden und reportest diese dem Pool. Daraus kann der Pool aber deine hashrate bestimmen und dich so anteilig bezahlen. Deine lokale Difficulty kann zB. so angepasst werden dass du im durchschnitt alle 5 Sekunden einen „gültigen“ Block findest. Und jehnachdem welche Difficulty du im Vergleich zur Globalen Difficulty erreichst, nach diesem Verhälltniss wirst du bezahlt. Dieser Messprozess ist aber den gleichen Schwankungen unterworfen wie der globalen Hashrate.

Wortklauberei: Ich würde sagen die Hashrate ist messbar, aber jehnachdem wie du misst kommen andere Werte herraus. Das ist genauso wie wenn du die Land/Wasserkante von Inseln in der Länge abmessen willst. Jehnachdem was für ein Lineal du daranhällst wirst du eine andere Länge „messen“ weil jeh nach Größenordnung du manche Buchten in der Länge vernachlässigst oder mit berücksichtigst. Und genauso ist es mit der hashrate, jehnachdem in welchen Zeitintervallen du nachschaust wirst du unterschiedliche Werte bekommen. Trotsdem ist es ein Messprozess, deren Fehlertolleranz abgeschätzt werden muss. Keine Messung in der Physik ist exakt. Es gibt immer Fehler und tolleranzbereiche.

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Ist das so?
Dann denk nochmal darüber nach, welche Aufgabe ein Poolbetreiber hat und was dagegen die Miner in diesem Pool machen.

Ein Pool weiß nicht, wie viele Versuche ein Miner für die aktuelle Aufgabe benötigt! Ein Pool bekommt auch nur eine Mitteilung, wenn ein gültiger Block gefunden wurde.
Stelle dir mal das Datenvolumen eines einzelnen ASCIs vor:

  • Antminer S19 Pro 110TH/s
  • Ich kenne das genaue Protokoll für die Kommunikation zwischen Miner und Pool nicht, aber gehen wir einfach mal von 30 Byte Nutzdaten aus. Dazu kommen dann noch Internetprotokoll-Daten, dann landen wir ganz schnell bei 40 Byte und mehr.
    Das multipliziert mit 110TH/s sind 4,4 PetaByte/s pro ASIC…
    das sind 4.400.000 GByte/s pro ASIC… du glaubst doch nicht ernsthaft, dass der Pool jeden ungültigen Versuch mitbekommt?
    Ey das wäre höchst ineffizient!

Eine Alternative dazu wäre noch, dass der ASIC selber seine Versuche zählt und nach der Zeit x diese mitteilt. Ich bin selber Hardwareentwickler und auch im Bereich FPGA-Design tätig und glaube mir, so einen Zähler implementiert kein Entwickler! Das ist unnütz und Ressourchenverschwendung (wenn auch nur im kleinen Maße). Bei ASICs reden wir aber von Effizienz bis ins kleinste Detail! Da werden keine Zähler implementiert, die sporadisch abgefragt werden können, damit irgendjemand eine Statistik XY aufstellen kann.

Nein, Leute, hier passiert überhaupt nichts in Echtzeit! Egal was die Pools auf ihrer Webseite veröffentlichen oder was sie an Sammelseiten kommunizieren, das sind alles nur Schätzungen anhand der Difficulty und der Blockzeiten.

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Pools haben intern eine niedrigere Difficulty (d.h. es werden auch „ungültige“ Blöcke die dieses Target erfüllen an den Pool Server veröffentlicht), sodass sehr genau abgeschätzt werden kann welcher Miner wie viel beiträgt und damit auch wie hoch die Hashrate im Pool ist.

Irgendwie muss der Pool schließlich auch wissen wie er die Anteile fair auszahlen muss. Die Miner im Pool verdienen sich anhand der niedrigen Difficulty ihre „Shares“. Ansonsten würden Miner die kaum Hardware haben nie einen einzigen Satoshi verdienen…

Das ist natürlich richtig, aber diese Schätzungen sind bei niedriger Share Difficulty relativ genau, so wie die Schätzung aufs gesamte Netzwerk bezogen auch relativ genau ist.