Szenario der Hyperbitcoinization

Hallo,

Ich und ein Kumpel hatten heute eine Diskussion, wie die Hyperbitcoinization aussehen könnte, wenn diese denn Eintritt. Wir sind am Ende zu der Theorie gekommen, dass es folgendermaßen aussehen könnte:

Ausgangslage: El Salvador hält an Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel trotz Widerstände aus der eigenen Bevölkerung und des IWFs fest. Aktuell läuft es für den Bitcoin in El Salvador noch eher so lala. liegt natürlich daran, dass man es vielleicht ein wenig überstürzt hat. Die Bevölkerung hat in großen Teilen noch eine relativ geringe Bitcoin-Bildung und die gewünschten Investitionen aus dem Ausland im Bitcoin-Kontext halten sich auch noch in Grenzen. Liegt vielleicht auch einfach daran, dass gerade noch Kryptowinter ist/war. Aber das könnte sich schon beim nächsten Halving ändern. Der Bitcoin schießt dann preislich wieder in die Höhe, die Staatskasse wird sprudeln, da Bukele sich reichlich mit BTC eingedeckt hat und auch der Teil der Bevölkerung El Salvadors, welcher bereits an Bitcoin festhält wird einen Wohlstandszugewinn erleben. Dadurch dass dann wieder Bullenmarkt ist werden auch wieder mehr Unternehmen Interesse an Bitcoin gewinnen nachdem diese im Kryptowinter noch das Weite gesucht haben. Somit steigt auch die Wahrscheinlichkeit dass im nächsten Bullrun auch wieder vermehrt Unternehmen Interesse haben werden in die Bitcoin-Pläne El Salvadors zu investieren, was gut für die salvadorianische Wirtschaft wäre. Resultat wäre, dass auch der Bitcoin-skeptische Teil der Bevölkerung in El Salvador aufgrund des Aufschwungs anfängt sich zum Thema Bitcoin zu informieren um an dem Erfolg partizipieren zu können. Dies ist die Ausgangslage der Hyperbitcoinization in El Salvador.

Diese Situation wird auch an den anderen Mittel- und Südamerikanischen Staaten nicht vorbeigehen, welche ja oft dieselben Probleme haben wie El Salvador: Kriminalität, Korruption, Inflation, schlechte Wirtschaft etc. Inspiriert von dem Erfolg El Salvadors werden zunehmend auch anderer südamerikanische Staaten dem Beispiel El Salvadors folgen um auch die Lage des eigenen Landes zu verbessern. Was man erleben wird ist, dass dominosteinartig ein Mittel- bzw. südamerikanisches Land nach dem anderen auf den Bitcoin-Zug aufspringen wird. Dies ist die Ausgangslage der Hyperbitcoinization in Lateinamerika.

Die Lage in Lateinamerika wird auch an den Afrikanischen Staaten nicht vorbeigehen, da man auch dort ähnliche ökonomische und gesellschaftliche Probleme hat wie in Südamerika, wenn auch nochmal eine Spur krasser. Da viele afrikanische Staaten sowieso mit dem Rücken zur Wand stehen, haben sie nichts zu verlieren und werden auch versuchen den lateinamerikanischen Weg einzuschlagen. Während ich in Lateinamerika im Rahmen der Hyperbitcoinization primär von einer Top-Down-Etablierung wie in El Salvador ausgehe, in welcher die Regierungen den Bitcoin-Weg einschlägt und die Bevölkerung kontinuierlich hineinwächst, gehe ich in Afrika in diesem Kontext von einer Mischung zwischen Top-Down und Bottom-Up Adoption aus. Es wird einige afrikanische Regierungen geben die werden von sich aus von Lateinamerika inspiriert den Bitcoin-Kurs einschlagen, aber es wird vermehrt auch so wie in Nigeria laufen, dass die Bitcoin-Adoption von der Bevölkerung ausgeht um sich dem totalitärem Geldmonopol des Regimes zu entziehen. Gerade da wo viele aktuell unbanked sind, könnte die Hyperbitcoinization besonders schnell gehen. Ist so ähnlich wie bei der Internetadoption wo die Leute vom digitalen Niemalsland direkt in das Smartphone-Zeitalter eingestiegen sind und die Desktop-PC-Phase übersprungen haben. Ähnlich werden auch beim Zahlungsverkehr ganze technologische Evolutionsschritte ausgelassen. Also praktisch vom Bargeld direkt in den Bitcoin, ohne die zentralisierte Fiat-Bankenphase erleben zu müssen. Und so wird nach Lateinamerika auch Afrika zunehmend bitcoinisiert.

Mit Blick auf die USA beginnt nun der interessante Teil. Der US-Dollar verliert aufgrund der amerikanischen Finanzpolitik zunehmend an Vertrauen und die Stellung des US-Dollars als Weltleitwährung ist bedroht. Dies ist bekannterweise problematisch, da die ganze expansive Geldpolitik der USA dann nicht mehr funktionieren. Dementsprechend kann sich die USA ein Scheitern des US-Dollars nicht erlauben, denn scheitert der US-Dollar, scheitert auch die US-Wirtschaft und somit die ganze USA als Weltmacht. Die USA steht also im Zugzwang. Im asiatischen Wirtschaftsraum wird der chinesische Yuan den US-Dollar zunehmend als Resevere-/Leitwährung ablösen, wohingegen in Lateinamerika und Afrika der Bitcoin dem US-Dollar den Wind aus den Segeln nehmen wird. Jetzt steht die USA vor der Wahl: Bitcoin oder Yuan? Was ist das geringere Übel? Da man dem Systemkonkurrenten China nicht das Feld überlassen möchte, wird man sich mit (wenn auch knirschenden Zähnen) dem Bitcoin zuwenden. Vielleicht nicht als „Legal Tender“ aber als Reservewährung für den US-Dollar. Statt einem Gold-Standard wird man den US-Dollar mit Bitcoin hinterlegen um den Vertrauensrückgang in den US-Dollar zu Bremsen.

Jetzt der Blick auf Europa. Hier wird man das Vorgehen der USA höchst Skeptisch betrachten und nach wie vor den Sinn des Bitcoins nicht verstehen und weiter den üblichen FUD verbreiten. Einfach weil wir bei allen digitalen Themen 10 Jahre hinterherhinken. Die wirtschaftliche Lage wird sich aufgrund der Lernresistenz der europäischen Regierungen und der EZB zunehmend verschlechtern. Bis zu dem Punkt, an welchem es für viele systemrelevante Unternehmen existenzbedrohend wird. Ab diesem Zeitpunkt wird der Druck aus den Wirtschaftsunternehmen auf die Regierungen zunehmend größer, sich doch bitte endlich an den USA zu orientieren, die sich durch den Bitcoin gerade noch rechtzeitig den Arsch gerettet haben. Die europäische Politik wird sich nach wie vor sehr lange sträuben, weil man negative Entwicklungen verpennt oder aus ideologischen Gründen ignoriert bis zu dem Zeitpunkt wo es subjektiv betrachtet zu spät ist. Erst jetzt wo die Kuh schon im Wasser liegt, treten zunehmend die europäischen Panikreaktionen ein, die halt so eintreten, wenn man merkt, dass man mal wieder weltbewegende Entwicklungen verschlafen hat. Mit vielen Jahren Verzögerungen wird man sich dann doch noch an den Amerikanern orientieren und den Bitcoin-Weg einschlagen. Aber wie so oft viel zu spät und dann vermutlich wieder völlig überreguliert.

In Asien werden wir die Situation erleben, dass die chinesische Regierung nicht so erfreut über die zunehmende Hyperbitcoinization sein wird, da der Bitcoin in Konkurrenz zum digitalen Yuan stehen wird. Das Erfolgsmodell Chinas besteht darin, die totale Kontrolle über die eigene Bevölkerung sowie auf viele andere Staaten auszuüben um somit das eigene System abzusichern. Dazu gehört auch die Kontrolle des Geldes. Der Bitcoin hingegen lässt sich nicht kontrollieren und würde dem chinesischem Staat Teils die Macht entziehen, was die chinesische Regierung unter keinen Umständen Zulassen wird. Es werden sämtliche Maßnahmen ergriffen um den Bitcoin im eigenen Land auszubremsen und die Besitzer zu kriminalisieren. Die Mehrheit der chinesischen Bevölkerung wird den Anti-Bitcoin-Kurs aufgrund ihrer kollektivistischen Prägung unkritisch akzeptieren oder gar befürworten, solange der wirtschaftliche Erfolg Chinas dadurch nicht gefährdet wird. Auch der Druck auf Hong Kong wird zunehmend verschärft, die verhältnismäßig Bitcoin-freundliche Stimmung abzulegen, aus der Angst heraus, dass sich davon etwas auf die Bevölkerung von „Mainland China“ übertragen könnte. Außenpolitisch wird man versuchen so viele wirtschaftlich assoziierte Staaten wie möglich vom Bitcoin fernzuhalten und stattdessen den internationalen Handel mit dem digitalen Yuan zu pushen. Jetzt zahlen sich die großen Infrastruktur-Investitionen Chinas in der dritten Welt sowie der Aufkauf vieler nicht-chinesischer Firmen in dem Sinne aus, dass man nun ein Druckmittel den besagte Staaten gegenüber hat um den digitalen Yuan international zu forcieren. Drittweltländer die stark von chinesischen Investitionen abhängig sind, stehen nun vor der schwierigen Entscheidung sich entweder für den Yuan zu entscheiden oder sich dem Bitcoin zuzuwenden, mit dem Resultat in der Missgunst Chinas zu stehen mit sämtlichen Konsequenzen die daraus resultieren. Da sich das geschwächte Russland nach wie vor in einem Konflikt mit dem Westen befindet und die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit diesem aufgrund der westlichen Sanktionpolitik weiterhin massivst eingeschränkt ist, wird sich auch Russland in diesem Kontext aufgrund der gestiegenen wirtschaftlichen Abhängigkeit zu China eher dem Yuan zuwenden. Die aufstrebende Wirtschaftsmacht Indien hingegen hat bis zu diesem Zeitpunkt aufgrund des eigenen Aufschwungs das nötige Selbstbewustsein sich auf keine Seite ziehen zulassen und wird einen neutralen Kurs fahren um sich überall die Rosinen rauspicken zu können.

Zusammenfassend wird es vermutlich langfristig auf eine währungstechnisch bipolare Weltordnung hinauslaufen. Bitcoin als das freie Geld und der Yuan als das totalitäre Gegenstück. Wer das Rennen schlussendlich macht? Natürlich der Bitcoin. :sunglasses:

Was haltet ihr davon? Wie realistisch ist das oben geschilderte Szenario?

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Bezüglich des Dollars als Leitwährung würde ich noch hinzufügen, dass eine Verkleinerung des Wirtschaftsraumes vom Dollar auch wahrscheinlich eine Inflation des Dollars bedeuten kann. Die USA hat quasi Geldscheine gedruckt, welches in Fremde Länder exportiert wurden (kann auch digital passieren) und dafür Gegenwerte wie Rohstoffe erhalten. Solange das Geld in den anderen Ländern bleibt oder die jeweiligen Kredite (Dollar bekommen ohne Gegenwert zu erhalten) getilgt werden ist das Gut für die USA weil sie Geld drucken und damit zwar die Geldmenge anheben, dieses Geld aber nicht in der heimischen Wirtschaft auftaucht und dort nicht Inflationär wirkt. Das mehr-Geld teilt sich auf mehr Menschen und andere Länder auf. Wenn diese Länder sich jetzt aber entscheiden sich dem Bitcoin oder dem chinesischem System anzuvertrauen, dann fließen die exportierten Dollar wieder zurück in die USA was mehr Geld dort bedeutet aber es werden auch mit dem Geld Warengüter gekauft die es dort dann nicht mehr gibt.
In den USA wird es dann also weniger Waren aber mehr Dollar geben und zu einer Inflation kommen.

Sollte es also die ersten Austritte aus dem Dollar geben, dann denke ich dass es sehr schnell gehen wird dass der Dollar fällt und je nachdem wie viele Länder aussteigen in eine Hyperinflation übergehen wird während gleichzeitig deren Markt von fremden Dollars leergekauft wird. Diese Instabilisierung des Geldsystems wird weitere Länder dazu bewegen auszutreten und ihre Dollars zurückzugeben. Die USA sollten und werden sich also auf so ein Szenario vorbereiten. Bitcoin wäre eine Lösung von vielen Geldsystemen, denen sie sich anschließen oder neu erfinden könnten.

In Hinblick auf Europa bin ich ehr optimistischer, sobald die USA auf ein anderes Geldsystem umgestiegen ist wird es in der EU auch nicht mehr lange dauern. Ich persönlich schätze die Souveränität der EU als sehr gering ein. Wenn die USA zuckt, warum auch immer, dann wird hier darüber diskutiert. Wenn Russland oder China zuckt wird das meist schulterzuckend hingenommen.
Bedeutet, dass wenn die USA als Wärung den Bitcoin einführen würde, dann gibt es sehr schnell eine Lobby, die auch mit Bitcoin mit den USA handeln will und die Regierung wird sich shcnell umstimmen lassen.

Bezüglich China denke ich dass du zu pessimistisch bist. China ist nicht so Kontrollausübend wie es hierzulande oft dagestellt wird (gegenüber anderen Ländern). Solange sich am Zustand des Dollars nichts dramatisch verändert stehen die Drittländer also vor der Wahl den stabilen Dollar zu verwenden und sich den USA unterzuordnen (dass sie ihre Macht ausnutzen sieht man am rauswurf von Russland), sich China unterzuordnen, die zumindest außenpolitisch anders als der Westen kein Druck wegen Moral und Wertevorstellungen ausüben und somit den anderen Ländern Souveränität versprechen (was sich in Zukunft aber natürlich ändern könnte) oder eine eigene Währung mit all den vor und Nachteilen zu erstellen. Eigene Währungen sind zu klein und können schnell geschluckt werden was momentan auch auf den Bitcoin zutrifft.

Aktuell sieht es noch sehr gut für den Dollar aus aber es kann schnell ein Stein ins rollen gebracht werden der den Dollar schnell beseitigt und die Situation für die Drittländer ändert. Fällt der Dollar, dann fallen auch viele Geldsysteme der Drittstaaten die sich dann China zuwenden oder vielleicht Bitcoin wählen. Umso mehr sich dann Bitcoin zuwenden umso stabiler wird er dann, allerdings sehe ich die Chance dafür als sehr gering an gegenüber dem Marketing von China und der Größe von Bitcoin. Das heißt fast nur idiologisierte Chinafeinde werden nicht auf den Remmimbi umsteigen sollte der Dollar in die Hyperinflation kommen, was ja auch mit Vertrauensaufbau der USA wieder verhindert werden könnte. Und dass die USA sich Bitcoin anschließt oder mit aller Macht versucht sein eigenes Geld zu retten ist auch relativ Ungewiss. Für die Menschheit wäre es wohl sinnvoller auf Bitcoin zu setzen, aber es zerren eben sehr viele Mächte an dieser Entscheidung und die Netzwerkeffekte der Leitwährung und von China sollte man nicht unterschätzen gegen Bitcoin.

Damit meine ich nicht dass ich denke dass Bitcoin verboten werden kann, aber es ist nicht gewiss dass sich Bitcoin in den nächsten 10 Jahren wirklich durchsetzt sondern dass es durchaus noch ein anderes Geldsystem geben kann bevor die Menschen den Vorteil eines manipulationssicherem Geldsystem erkennen können.

Aber auch ich hab hier nur spekuliert und keine Glaskugel.

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