Markt = Staat?

Mich hat die Doku voll abgeholt, weil sie das Potential hat, dass keiner sie leiden kann. Sie schießt einfach gegen alle :slight_smile: Meine Lessons learnt: die optimale Organisationsform Markt vs. Staat ist noch nicht gefunden. Auch wenn Libertäre, Sozialisten und Co. anders träumen….

Für alle, die eine “kurze” KI Zusammenfassung bevorzugen:

Die wesentlichen Aussagen der Dokumentation konzentrieren sich auf die zentrale Rolle und die historische Konstruktion des Marktes, die komplexe, oft widersprüchliche Beziehung zwischen Staat und Markt, die Merkmale und Ziele des Neoliberalismus sowie die aktuelle Krise und die Rückkehr zu merkantilistischen Tendenzen.

Hier ist eine Zusammenfassung der Kernthesen:

1. Die Vormachtstellung und theologische Überhöhung des Marktes

  • Heute nimmt der Markt eine Vormachtstellung in den Wirtschaftswissenschaften ein und wird von zeitgenössischen Liberalen als zentrales Grundprinzip der Wirtschaft und als unanfechtbarer Gott betrachtet.

  • Diese Sichtweise wird oft durch eine theologisch-ökonomische Denkweise (wie Adam Smiths unsichtbare Hand) gestützt.

  • Die orthodoxe Wirtschaftswissenschaft geht davon aus, dass der Staat im Weg stehe und seine Lösungen schlechter seien als die eines frei agierenden Marktes.

  • Der Glaube an die Wohltaten des Marktes ist quasi-absolut: Der Markt ist ein Selbstzweck, er hat immer Recht, und selbst ein schlechter Markt sei besser als eine gute Reglementierung.

2. Der Markt als historisches Konstrukt

  • Der Markt ist keine natürliche Instanz, sondern eine moderne, historische Erscheinung, die durch Gesetze von Staaten geschaffen wurde (z.B. die Liberalisierung des Getreidehandels im 18. Jahrhundert).

  • Das Konzept, etwas dem Markt zu überlassen, bedeutet oft, Zustände zu akzeptieren, die historisch durch staatliche Eingriffe (wie Sklaverei) entstanden sind und die absolut unfair sind.

  • Auch der Arbeitsmarkt ist ein historisches Konstrukt.

3. Die Koexistenz und Interdependenz von Staat und Markt

  • Entgegen der traditionellen liberalen Ansicht, dass Markt und Staat Gegner seien, gibt es keinen Markt ohne Eingriff des Staates.

  • Markt und Kapital sind koextensiv zum Staat des Kapitals („bourgeoisenstaat“), da der Staat die Regeln für das Kapital und den Markt etabliert.

  • Die kapitalistische Ordnung kann sich nicht selbst etablieren. Der Staat liefert den notwendigen Ordnungsrahmen (Recht, Ordnung, Eigentum, Durchsetzung von Verträgen und Wettbewerb), ohne den Märkte nicht effizient funktionieren können.

  • Sogar moderne Innovationen wie das Internet sind ein hundertprozentiges Erzeugnis der Regierung, das von ihr finanziert und subventioniert wurde, lange bevor der Markt ins Spiel kam.

4. Der Neoliberalismus und seine Auswirkungen

  • Der Neoliberalismus gewann nach den Wirtschaftskrisen der 70er-Jahre die Oberhand und macht den Staat zu einem Handlanger des Marktes. Die deutsche Variante ist der Ordoliberalismus, der besagt, dass freie Konkurrenz durch den Staat geschaffen und gegen Monopole überwacht werden muss.

  • Die Einführung des Neoliberalismus wurde in Chile nach dem Militärputsch von 1973 unter der Leitung der „Chicago Boys“ (Milton Friedman) legitimiert.

  • Das politische Ziel des Neoliberalismus ist die Vernichtung des Marxismus und des Kommunismus.

  • Der Neoliberalismus erschafft einen neuen Menschentypus: den kleinen Unternehmer seines eigenen Lebens. Dieser wird durch Theorien wie die des Humankapitals beschrieben, wobei der Einzelne ein Kapitalbringer ist, der entwickelt und bereichert werden soll.

  • Obwohl der Neoliberalismus gegen den Staat wettert, benötigt er ihn, um Institutionen anzupassen, Arbeitsgesetze zu erneuern, Finanzoperationen auszuweiten und um grundlegende Institutionen wie die Polizei oder Rüstungsaufträge zu kontrollieren.

  • Der Neoliberalismus wird als gewaltiger Betrug angesehen, da er globale Mobilität von Kapital und Arbeit verspricht, die faktisch durch staatliche Beschränkungen (z.B. Visa) verhindert wird.

5. Krisen und der Wandel des Machtgefüges

  • Wirtschaftliche Krisen (wie die Finanzkrise 2008/09), die laut Mainstream-Ökonomen nicht mehr auftreten sollten, stärken das System anstatt es zu schwächen.

  • Heute sind viele Unternehmen mächtiger als die Mehrzahl der Staaten in der UNO. Die Anhäufung enormer Reichtümer ermöglicht einigen wenigen Unternehmern eine unangemessen große, antidemokratische Kontrolle über Regierungen.

  • Ökonomen verzichten auf die Rolle von Vordenkern und sehen sich heute eher als „Installateure“, die sich auf das Reparieren lokaler Probleme konzentrieren, anstatt neue soziale Systeme zu entwickeln oder über die Entwicklungskurve des Kapitalismus nachzudenken.

  • Die Definition der aktuellen Situation als Krise (die seit 40 Jahren anhält) ist fragwürdig. Eine Krise herrscht nur, wenn sich die institutionelle Struktur maßgeblich wandelt.

6. Neomerkantilismus, Konflikt und Militarisierung

  • Es zeichnet sich eine Rückkehr des Staates ab, möglicherweise in Form einer staatlich geführten Umstrukturierung der Ökonomie.

  • Dies könnte zu einer Wiederverstaatlichung der Wirtschaft führen, die kriegerisch und merkantilistisch ist, ähnlich dem 17. Jahrhundert.

  • Staaten wie China und die USA betreiben bereits einen Neomerkantilismus, bei dem sie ihre großen, monopolistischen Unternehmen in weniger mächtigen Gebieten durchsetzen. Merkantilismus beruht auf Protektionismus bei Importen und Aggressivität beim Export, um Reichtümer anzuhäufen, die Armeen finanzieren.

  • Die Militarisierung der Nationalstaaten (explodierende Marine- und Militärbudgets) deutet auf diesen Trend hin.

  • Wirtschaftlicher Handel ist dem Wesen nach konfliktgeladen („weniger geben, um mehr zu bekommen“). Dies führt angesichts knapper werdender Ressourcen und ungezügelter Konkurrenz zwangsläufig zu neuen Konflikten, wobei aktuelle Wirtschaftskonflikte (USA vs. China) als plausibler Anlass für bewaffnete Auseinandersetzungen gelten.

  • Historisch gesehen haben schlechte Lebensverhältnisse und verzweifelte „industrielle Reservearmeen“ immer schon zu kriegerischen Auseinandersetzungen geführt.

1 „Gefällt mir“

Habe zwei dieser Folgen passiv nebenbei gehört. Manchmal fand ich es etwas unklar. Aber insgesamt intressant. Besonders die Aktienrückkäufe und die sogenannten unersetzlichen CEO/Manager. Hatte diese versteckte Bereicherung nicht auf dem Schirm.

2 „Gefällt mir“

Die zweite habe ich noch nicht gesehen. Aber bereits vorgemerkt. Bin gespannt…

Philosophische frage:

Kann es das überhaupt mit dem faktor Menschen geben?

Der mensch ist voller “fehler” und passt aich unglaublich schnell an Gegebenheiten an. Ich denke, die optimale Organisationsform kann es gar nicht geben.

Im Grunde das, was ich hier auch immer erzähle. Freier Markt gibt es nicht und kann es nicht geben, weil es eine Instanz geben muss, die die Regeln überwacht und im Zweifel auch durchsetzt. Gibt es diese Instanz(en) nicht, haben wir eine Art “Wilden Westen” in dem die Starken machen was sie wollen.

Also die Entwicklung ist von klein zu groß und das ist kein Zufall.

Libertäre wollen das alles nochmal durchspielen und Staaten abschaffen, was wir schon historisch gehabt haben.

Den Gedanken hatte ich auch. Die Antwort kennt wohl nur die Evolution, sofern sie das Gleichgewicht findet.

Im Kommunismus gibt es kein Geld. Und insofern auch keinen Markt im heutigen Sinne.

Und das wurde tatsächlich noch nie ausprobiert. Wenn man mal von irgendeinem Urzustand absieht.

Wenn man die Sendung nur hört, kommen einem gewisse Schlussfolgerungen seltsam wiedersprüchlich vor. Besonders die Thesen der Neoliberalen Welt und der Tatsache das all diese Aussagen, besonders wenn Französich gesprochen wurde, man unweigerlich merkte dass gerade die letzten Kapitel bei Frankreich (Staatsschulden/Regierungskrisen) gar nicht mit einbezogen sind. Mit diesem Hintergrund hört es sich nach einem grossen intellektuellem Palaver an. Aber wie gesagt einzelne Überlegungen fand ich interessant.

Ich hatte auch den Eindruck, dass verschiedene Meinungen gegeneinander gestellt wurden. Darin, dass der Markt nicht ohne Staat existieren kann, schienen sie sich jedoch einig zu sein.

@Doktor, Kommunismus ohne Geld? Wie soll die Wirtschaft funktionieren?

Ich glaube nicht, dass die Lösung für unser zukünftiges System in der Vergangenheit liegt. Eher in einer Kombination der besten Eigenschaften aus den vergangenen Systemen.

Jeder bekommt das was er braucht und jeder tut das was er kann.

Ist eine schöne Idee, wird in der Praxis aber nicht funktionieren, denn das setzte ein völlig anderes Bewusstsein voraus. Also einen neuen Menschen sozusagen. Vielleicht gab es diesen Menschen ursprünglich auch einmal. Also zu Beginn vielleicht, in kleinen Gemeinschaften, in der sich eben jeder nach seinen Möglichkeiten einbrachte und getauscht wurde, was man so herstellte.

Letztlich ist die Arbeit oder das Produkt an sich eben der Wert. Man arbeitet nicht für Geld, sondern weil man erkennt, dass das was man tut nützlich ist und gebraucht wird.

Wenn der Mensch so denkt, braucht man kein Geld, sondern man tauscht einfach die eine “Nützlichkeit” gegen die andere ein.