Kredit in einer Bitcoin Welt

Moin Moin Zusammen

mich treibt seit einigen Monaten ein Gedanke umher den ich mir bis dato noch nicht final beantworten kann, trotz vieler Bücher und haufenweiser Videos.

Wie kann bei einer genau definierten und nicht ausweitbaren Geldmenge Kredit verliehen werden?

Hierzu stelle ich mir folgendes vor. Angenommen es gibt 50 Menschen in einem abgeschotteten Dorf und diese haben ein Tauschmittel welches 100 Einheiten, sagen wir Goldmünzen, aufweist um damit Ihre täglichen Geschäfte zu erledigen (ob diese aufteilbar sind oder nicht sei erstmal dahingestellt). Jetzt etablieren wir in unserem fiktiven Dorf einen Herrn Bank. Dieser nimmt sich der Aufgabe an, das Geld der Leute sicher aufzubewahren und Kredite zu vergeben. Wenn er nun Kredite mit den Einlagen der Leute vergibt, verlangt er natürlich einen Zins um sich evtl. Ausfallrisiken bezahlen zu lassen. Angenommen der Zins beträgt 10% dann muss eine Person die einen Kredit zu 10 Münzen aufnimmt 11 zurückzahlen.

Man muss sich fragen woher kommt die elfte Münze? Der Kreditnehmer muss mehr Rendite mit seiner Unternehmung erwirtschaften als er Zinsen bezahlen muss. Von dieser Rendite kann er dann den Zins zurückzahlen. Dieses Geld (Rendite) bekommt er von anderen Dorfmitbewohnern die seine Waren / Dienstleistungen wollen.

Bei fester Geldmenge und Produktivitätsanstieg fallen somit die Preise. Zudem kann es auch vorkommen, dass gelegentlich eine der Münzen verloren geht was ebenso zu Deflation führt (ebenso bei Bitcoin). Somit wird es immer schwerer den Zins zurückzubezahlen, vor allem bei gescheiterten Unternehmungen, da die Kaufkraft immer weiter zunimmt und somit der nominale Ertrag für Arbeit immer geringer wird.

Einige argumentieren deshalb das die Basis Geldmenge (in diesem Fall unsere 100 Goldmünzen) um den Betrag des Zinses ausweitbar sein sollte, sodass die Kreditnehmer nicht in eine Art Schuldknechtschaft gezogen werden, in der sie nie mehr in die Lage kommen den Kredit zurück zu bezahlen. In diesem Szenario gäbe es keine Inflation da die steigende Geldmenge immer einer steigenden Gütermenge gegenüberstehen würde und wenn ein Kredit ausfällt wird ergo nichts Nachgefragtes produziert und Herr Bank muss aus seinem Eigenkapital den ausgefallenen Kredit bezahlen, aber keinen Zins (Geldmenge bleibt gleich)

Nun meine Fragen :blush:

Ist das sinnvoll, bzw. welche Probleme ergeben sich daraus? Ist es einfach, dass die Möglichkeit die Geldmenge auszuweiten immer dazu führt dieses Vehikel zu missbrauchen und so zu Inflation führt? Aber wie kann dem Problem der Schuldknechtschaft entgangen werden oder muss einfach akzeptiert werden, dass das Risiko eines Unternehmens sehr groß ist und man sich somit dreimal überlegen sollte ob es sinnvoll ist? Oder werden in einem System mit fester Geldmenge mehr Unternehmungen gegründet welche aus Ersparnissen der Leute selbst kommen, weil sie wieder die Möglichkeit zum Sparen bekommen? Wie kommen Mittelose an Geld, wenn es sehr teuer ist, nur indem Sie für Geld arbeiten oder ist Geld auf lange Sicht gar nicht so teuer, weil der Zins mit der Zeit immer weiter abnimmt, da sich schon geringe nominale Zinsen bei einem harten Geld lohnen?

Ein weiterer Punkt den ich schon gelesen habe ist, dass man keinen nominalen Zins mehr braucht da man vom Kaufkraftgewinn des Geldes profitiert. Warum sollte jemand, wenn der Zins im Kaufkraft Zugewinn liegt überhaupt sein Geld verleihen? An stattdessen kann er das Geld einfach behalten und profitiere ebenso vom Kaufkraftgewinn allerdings mit viel geringerem Risiko.

Noch ein Gedanke, auch bei 100 % gedeckten Einlagen können Bankruns entstehen, da sobald Herr Bank einen Kredit vergibt nicht mehr alle von den Dorfbewohnern hinterlegten Goldstücke in der Bank liegen und so defakto nicht jeder abheben kann. Mir ist bewusst das in so einem System die Wahrscheinlichkeit viel geringer ist, aber möglich ist es.

Die Hauptfrage die sich mir also stellt ist, kann es zu wenig Geld geben um eine Wirtschaft am laufen zu halten?

Die Wirtschaft läuft unabhängig von Geld.

Menschen müssen essen usw.

Das Wirtschaftswachstum wird schwächer, da die Umlaufgeschwindigkeit sich reduziert.

Es wird von manchen Ökonomen angenommen die Wirtschaft könnte „nicht laufen“, aber das ist nur weil das Schuldenkonstrukt der Fiatmatrix das so erscheinen lässt.
Was aber eigentlich gemeint ist ist, dass das Schuldenkonstrukt bei zu wenig Wachstum zusammenbricht.

Wenn eine Wirtschaft auf langsamem Wachstum aufgebaut ist, kann sich das auch so stabilisieren.
Aber dann bekommen Bauern ihren Kredit für neue Maschinen z.B. schwerer und müssen länger auf alten ineffizienten Maschinen arbeiten.
Einen Kredit bekommen diese aber auch unter Bitcoin noch, wenn das Vertrauen in das Wachstum des Bauerns groß genug ist.
Also wenn der Bauer für die Bank gut nachweisen kann, dass die neue Maschine einen größeren Produktivitätszuwachs bringt, als der Kredit Zinsen schluckt.

Dann würden die anstehenden Kunden ausbezahlt werden und merken, dass alles gedeckt ist und sie umsonst stundenlang in der Schlange standen.
→ Bankruns als Zeichen von fehlendem Vertrauen (momentan 100% zurecht) nehmen immer weiter ab.
Falls zu viel verliehen wurde kann es etwas länger dauern, evtl. über Insolvenz oder der Staat springt ein. Eigentlich im Moment gut geregelt, da muss nichts groß verändert werden.
Wenn der Kunde unzufrieden ist mit der Bank kann er ja selbst seine Bitcoin verwalten und der Staat deckt bis zu einer Höhe die das Überleben sichert ab.

Danke für die schnelle Antwort. Ich verstehe es aber immer noch nicht ganz.
Auch wenn der Bauer der Bank gut nachweisen kann, dass die neue Maschine einen größeren Produktiwitätszuwachs bringt, gibt es immer noch das Risiko dass etwas schief geht. Wie kann der Bauer jemals seine Schulden zurückzahlen wenn sie immer mehr Wert werden. Vielleicht kannst Du nochmal anders erklären was die Fiatmatrix anders erscheinen lässt :)

Wenn der Staat einspringt haben wir wieder das Prodblem, dass die Kosten auf die Gesellschaft übertragen werden, sollte er für die/das Bitcoin/Gold aufkommen.

Das geht natürlich nicht soo schnell, also ich kann mir Vorstellen, dass der Zins relevanter ist als der Kaufkraftzuwachs, wenn sich ein Bitcoinstandard zuvor vollkommen etabliert hat.

Die Bank hat natürlich ein entsprechendes Ausfallrisiko einzuplanen. Nur wenn selbst mit Ausfallrisiko und allen anderen Faktoren am Ende der Bilanz eine sehr positive Rendite steht wird das Geschäft getätigt.
Wenn der Bauer nicht mehr zahlen kann wegen Ernteausfall, dann hat er weiterhin Schulden bei der Bank wie jetzt auch. Wenn er diese nicht zahlt hat die Bank das hoffentlich zuvor sauber in ihrem Ausfallrisiko eingeplant.

Das ist natürlich die Aufgabe des Staates.
Wenigstens müssen diese Kosten dann ehrlich mit Steuern eingenommen werden und nicht durch Inflation. Dann kann in einer Demokratie die Gesellschaft entscheiden wie viel Absicherung zum Überleben reicht oder ob ein BGE das abdeckt und die Nutzung einer Bank vollkommen eigenes Risiko ist und bei einer Insolvenz das Geld der Kunden nur noch ein Schuldzugeständnis ist.

Meinst Du das Wirtschaftswachstum wäre dann prozentual so viel geringer, dass der Kaufkraftzugewinn nicht so stark ins Gewicht fallen würde und dem Bauer auch nicht so schwer zu tragen kommt? Falls ja, würde das dem Argument dass unter einem harten Geld mehr Innovation geschaffen wurde, ergo „großes“ wirtschaftliches Wachstum vorherscht nicht wiedersprechen?

Fair Point :+1:

Genau, es wäre dann natürliches Wachstum aufgrund von z.B. Effizienzsteigerung und nicht mehr durch Fiatgeld erzwungenes Wachstum.

Nein, da kurzfristiges Wachstum nicht auf langfristiges Potential schließen lässt.

Vergleich mal eine Kresse mit einem Baum.
Die Kresse wächst in Tagen im Rekordtempo, aber wenn das nicht nachhaltig ist stirbt sie einfach ab.
Auch kann die Kresse nie so weit wachsen wie ein Baum, aber dafür wesentlich schneller.

Der Baum lässt sich dafür Zeit, kann aber immer weiter wachsen und dadurch sehr mächtig werden.

Wenn du an Albert Einstein denkst, hätte dieser mit mehr ordentlicher Arbeit sicher mehr Wirtschaftswachstum herbeiführen können. Damals arbeitete er in einem Patentamt und hätte kurzfristig sicher mehr Wirtschaftswachstum produziert, wenn er dort länger und härter gearbeitet hätte.

Aber wie viel Wachstumspotential wäre verloren gegangen, wenn er nicht die Zeit gehabt hätte nebenbei die Relativitätstheorien usw. zu formulieren?

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