Hallo Riffy willkommen im Forum.
der Zusammenhang ist nicht ganz so einfach. Intuitiv und sehr stark vereinfacht hast du recht dass die neu geschaffenen Bitcoins mit neuem Geld (Dollars/Euros usw) gedeckt werden müssen, also abgekauft werden müssen damit der Preis stabil bleibt.
Praktisch ist das aber nicht wirklich der Fall. Stell dir mal vor du findest durch viel Glück den nächsten Block und bekommst 6,25 neue Bitcoins. Fließt deswegen Geld in das Bitcoin Netzwerk? Nein sondern erst wenn du diese Bitcoin verkaufst und auf den Markt schmeißt, dann kommt von irgendwo Geld, das zu dir umverteilt wird während du die Bitcoins frei lässt.
Es ist genauso wie mit der Geldmenge des Dollars oder des Euros und was die MMT-Leute verleugnen: Geld drucken führt zwar nicht sofort zur Inflation (Reduzierung des Geldwertes) aber langfristig schon. Auch für Geld gilt die ökonomische Regel: Angebot und Nachfrage regeln den Preis auf einem freien Markt. Denn nur auf einem Markt (der auch virtuell sein kann) kommen die Menschen zusammen und bewerten ihre angebotenen Waren gegeneinander. Und das passiert immer höchst individuell. Der eine Käufer ist bereit mehr Dollar auszugeben und ein andere eben nicht während die Verkäufer mal für mehr Geld verkaufen und andere für weniger. Der Käufer der bereit ist am meisten seines Geldes abzugeben bekommt die Ware (Bitcoin) während der Verkäufer, der bereit ist sich für den geringsten Wert zu verkaufen den Zuschlag bekommt.
Das kannst du dir so vorstellen dass die Verkäufer an die Börse geben und sagen ich: verkaufe 1,5 Bitcoin für 30000$. Dann kommt ein Anderer und sagt ich verkaufe 0,5 Bitcoin für nur 29999$ und der nächste muss dringend verkaufen und sagt ich verkaufe 10 Bitcoin für 28000$. All diese Angebote werden gespeichert und warten auf Käufer. Gleichzeitig kommen die Käufer und sagen ich kaufe 3 Bitcoin für 25000$. Ein anderer sagt ich kaufe 0,5 Bitcoin für 27000$. Solange diese Angebote so bleiben kommt es nicht zum Handel weil die Preisvorstellungen nicht zusammen passen. Erst wenn ein Verkäufer für unter 27000$ Bitcoin anbietet kommt es zu einem Handel oder wenn es einen Käufer gibt der bereit ist die 28000$ auszugeben. So entstehen die Kurspreise, immer genau dann wenn die Kauf- und Verkaufsvorstellungen sich überschneiden kann es zu einem Handel/Austausch kommt.
Damit ist die Wertbeimessung zwar immer höchst individuell aber über die Masse bildet sich somit ein Wert heraus auf den sich Käufer und Verkäufer von Bitcoin einigen. Und diese Betrachtungsweise ist ersteinmal komplett unabhängig von der gesamt verfügbaren Geldmenge sondern nur von den Individuellen Entscheidungen der Handelspartner!
Warum sage ich jetzt es gibt doch einen Zusammenhang zur Geldmenge? Weil es statistisch einen Unterschied macht wie viel der Ware Bitcoin auf dem Markt ist. Denn steigt die Nachfrage an Bitcoin, so steigt eben auch die Bewertung von Bitcoin an den Handelsplätzen. Es gibt mehr Käufer die die niedrigsten Angebote wegkaufen und der Rest muss sich mit den höheren Preisen begnügen. Aber auch die Verkäufer sind ja nicht dumm und versuchen so viel Geld wie möglich aus ihren Bitcoins zu holen sodass sie ihre Bitcoins nicht weit unter den aktuellen Handelswert verkaufen. Nur wenn die Nachfrage nachlässt, es also weniger Käufer gibt oder wenn es auf einmal mehr Verkäufer gibt, dann dreht sich der Spieß um. Jetzt unterbieten sich die Verkäufer mit ihren Preisen in der Hoffnung Käufer zu finden die ihnen die Bitcoins abkaufen. Das ist die grundlegendste ökonomische Regel: Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Weil es schon sehr viele Händler weltweit gibt sehen wir auch viele Kursschwankungen weil jeder Handel einen individuellen Preis in Dollar oder Euro bekommt.
Was hat das jetzt aber mit der Geldmenge zu tun? Ersteinmal nichts direkt. Aber stell dir mal Fiatgeld vor, dass beliebig von einer Partei (den Banken) erstellt werden kann. Diese können natürlich auf so einen Markt cheaten indem sie neues Geld schaffen und somit die Preise anheben und somit langfristig den Wert des Geldes Senken weil du die Gegenware immer nur durch höhere Geldwerte bekommst. Das ist ein indirekter Zusammenhang weil die Banken zwar immer neues Geld erschaffen aber dieses Geld sich auf verschiedene Märkte verteilt. Nicht alle Märkte sind also sofort und gleichmäßig von der Inflation betroffen (was die MMTler veranlasst zu behaupten es gäbe keinen Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation).
Damit zurück zu deiner Frage: Ja Bitcoin inflationiert täglich um aktuell 900 Bitcoin aber das bedeutet nicht dass täglich 900 Bitcoin auf den Markt kommen und die Preise senken. Es kommen nur potentiell 900 Bitcoin hinzu die die Preise senken könnten. Aber die Bitcoins können auch gehalten werden oder ohne Börsen von Mensch zu Mensch übertragen werden, in beiden fällen haben sie überhaupt keinen Einfluss auf den Dollarwert. Erst wenn der Gewinn der Bitcoins realisiert wird, also wenn sie gegen Dollar oder Euro verkauft werden, dann haben sie Marktauswirkung und somit einen Einfluss auf den Handelspreis.
Müssen deswegen täglich ungefähr die 25000$ * 900 Bitcoins kapitalisiert werden? Nicht zwangsläufig jeden Tag aber durchschnittlich würde ich sagen ja. Denn jeden Tag 900 Bitcoins mehr im Umlauf bedeuten es gibt jeden Tag eine höhere Chance dass mehr Bitcoin auf dem Markt angeboten werden. Und damit der Preis nicht absinkt muss es also einen Gegendruck im Markt geben der sich entweder durch neue Käufer bemerkbar macht (was viele Leute veranlasst Bitcoin als Schneeballsystem anzusehen) oder durch ein absinken des Bitcoinwertes. Die Börsen kannst du dir wie eine Waage vorstellen wo Käufer und Verkäufer jeweils Gegengewichte sind. Das Gewicht wird durch die jeweilige Anzahl der Käufer und Käufer bestimmt aber eben auch durch die Bereitschaft Bitcoins zu kaufen bzw. zu verkaufen also durch die für jeden Menschen individuellen Preisvorstellungen. Ob sich dieser Gegendruck genau durch die 25000$ * 900 ausdrückt oder nicht kann ich spontan nicht sagen intuitiv würde ich aber sagen dass das als Richtwert stimmt. Anders ausgedrückt: Sollte mehr Geld durchschnittlich in Bitcoin fließen steigt der Preis, sollte es hingegen weniger Geld durchschnittlich geben dann fällt der Preis wieder.
Auch diese Frage lässt sich mit dem Grundprinzip Angebot und Nachfrage leicht beantworten: Sollten statt jetzt 900 Bitcoins nurnoch 450 Bitcoins pro Tag in den Umlauf kommen dann sinkt auch die Chance ab, dass Bitcoins auf den freien Markt verkauft werden, das Angebot sinkt also ab. Damit überwiegt aber die Käuferseite die sich Stück für Stück überbietet während die Verkäufer die Preise setzen können, natürlich immer weiter nach oben um mehr zu verdienen. Die Preise werden also ansteigen. Wie genau kann natürlich keiner sagen weil das von der Gesammtheit der Käufer abhängt, wer wie viele für welchen Preis kauft. Genauso gut ist es denkbar dass die Käuferseite auch den Bedarf an Bitcoins verliert und der Preis sich nicht ändert (was ich aber nicht glaube).

Was sind denn alles Gründe dafür, dass die Kaufkraft im Fiat-System (Bsp. Dollar) nicht im gleichen Masse abnimmt wie neues Geld gedruckt wird?
Was ich über den Bitcoin-Markt gesagt habe gilt genauso für alle Märkte: Nahrung, Aktien, Gold, Stühle usw. Gerade für Stühle kommt noch eine weiteres Kaufkriterium hinzu: Die Qualität weil nicht jeder Stuhl ist gleich und somit nicht austauschbar wie Bitcoins. Deswegen kann sich auch für einen hochwertigen Königssessel ein höherer Preis festlegen als ein Massenwarenplastikstuhl. Trotzdem gilt: Jeder Kauf passiert individuell von Menschen die sich immer individuell in ihren Erfahrungen, Ansichten, Körperkraft, Intelligenz usw. unterscheiden. Was sind also Gründe dafür dass Menschen sich Entscheiden eine Ware für einen Preis zu kaufen oder es eben nicht zu kaufen? Individuell kann alles ein Grund sein, blöde Kindheit, Hochzeit, Freundschaften aber auch Wetter oder Religion.
Jetzt kannst du nur hingehen und Kaufentscheidungen statistisch erfassen und zu sagen: Die Deutschen kaufen weniger Immobilien sodass die Preise sinken. Woran kann das nur liegen? Die Deutschen kaufen weniger Gas zum heizen, woran kann das nur liegen? Die Deutschen kaufen mehr Gemüse, warum? usw.
Die Inflation wird in Deutschland offiziell mit einem Warenkorb bemessen. Die Statistiker gehen also hin und schauen was ein durchschnittlicher Bürger so kauft und verbraucht und was er dafür zahlt. Aber je nach Gewichtung einzelner Waren kannst du die Inflation künstlich hoch oder runter rechnen. Die Immobilien sind zB. in den letzten 10 Jahren um 150% bis 200% im Preis gestiegen während die offizielle Inflationsrate der letzten 20 Jahre nur bei ca. 70% liegt. Oder schau dir mal die Dönerpreise vom Jahr 2000 an, jetzt kostet ein Döner in Berlin das dreifache wie früher. Es muss also Waren geben die in der Zeit auf ein drittel gefallen sind um das auszugleichen oder wir wurden mit dem Warenkorb einfach beschissen.
Generell denke ich dass das neu gedruckte Geld der letzten 10 Jahre in den Immobilienmarkt und den Aktienmarkt geflossen ist, also da wo größtenteils die reichen Leute die das neue Geld durch den Cantilioneffekt zuerst bekommen investieren. Und diese Bereiche sind eben nicht im Warenkorb vertreten sodass diese Inflation nicht aufgefallen ist. Jetzt durch die Coronakriese wurde noch viel mehr Geld gedruckt und zusätzlich sickert das neue Geld der letzten Jahre langsam in die Bevölkerung sodass es auf die Märkte trifft, die Leute können sich durch das mehr Geld auch mehr kaufen aber die Preise steigen natürlich auch an weil die Verkäufer merken dass es mehr Geld zu holen gibt.
Das meine ich mit Langfristig gibt neues Geld einen Inflationären Druck. Aber dieser Druck kann auch durch Wachstum beispielsweise verringert werden. Böse gesagt: Wenn man neues Geld druckt und es in die dritte Welt länder verschifft, dann ist das neue Geld zwar da, aber nicht in unseren Märkten und es gibt hier somit keine Inflation. Erst wenn das Geld wieder zurück kommt und sich hier sammelt gibt es Inflation.
Ich hoffe das beantwortet einige Fragen aber vielleicht hast du noch mehr?