Die Demokratisierung von Assets – oder: Wie man Retail-Investoren scammt

Ich habe mich mit dem folgenden Thema nicht umfassend beschäftigt. Es war vielmehr Zufall, dass ich einige Details aufgeschnappt habe, die im Zusammenhang ziemlich niederträchtig wirken. Deswegen will ich für diese Sache bisschen Aufmerksamkeit schaffen. Es ist vielleicht auch ein Beispiel, wie hinterhältig das Netzwerk aus Politik, Finanzeliten und Finanzdienstleistern sein können.

Achtung, nach dem Lesen könnte man spontan den emotionalen Impuls verspüren, mehr Bitcoin zu kaufen :slight_smile:

Angefangen hat es mit einem Stream von Florian Bruce (ab Minute 23:35). Florian kommentiert da die Ankündigung, dass für die Rentenkassen in den USA die Möglichkeit geschaffen werden soll, in Bitcoin zu investieren. Blocktrainer berichtete davon.

In der offiziellen Erklärung des Weißen Hauses ist die Rede von „Demokratisierung des Zugangs zu alternativen Anlagevermögen”. Florian hat sich diese Erklärung angesehen und bezweifelt, dass es sich eigentlich auf Bitcoin bezieht. Es gibt eine Auflistung von Assetklassen, die für die Rentenkassen geöffnet werden sollen. Unter anderem sogenannte Private Equity. Das ist, soweit ich verstehe, die Möglichkeit, in Unternehmen außerhalb der Börse zu investieren.

Und jetzt der Knackpunkt: Florian sagt, dass es den Private Equity Investoren nicht gut geht und ihnen die Abnehmer fehlen. Auch sagt er, dass viele dieser Investoren zu den großen Köpfen der Finanzwelt gehören und daher gute Verbindungen in die Politik pflegen. Ich will es hier kurz machen. Ihr könnt euch das Video von Florian anschauen, wenn ihr mehr Details wollt. Was im Grunde möglicherweise passiert, ist, dass diese Private Equity Leute zu Trump gehen und sagen, dass sie neue Abnehmer für ihre Investments brauchen. Und das Ganze wird dann in dieses Paket geschnürt, wo dann die Rentenkassen nun Zugang zu eben genau diesen scheiße laufenden Papieren bekommen sollen. Der Grund, wieso Florian zu dieser Theorie kommt, ist seine persönliche Erfahrung im Umfeld von, wie er sagt, sehr großen Finanzleuten. Er wurde öfter zu privaten Treffen von solchen Leuten eingeladen, um über Bitcoin zu reden. Und da bekam er mit, wie es gängige Praxis ist, dass, wenn die Rede von „Demokratisierung von Assets” war, dass es fast immer darum ging, für schlecht laufende Investments naive Abnehmer im Retailmarkt zu finden, damit sie ein profitables Exit bekommen können.

Das hatte ich in der Form zum ersten mal gehört und dachte mir ok, krass, klingt plausibel und glaubwürdig. Und dann habe ich gestern von der Ankündigung von Trade Republic gehört dass sie nun zu einem „Vermögensverwalter“ werden wollen und den Zugang zu Private Equity demokratisieren wollen. Der Zugang soll nun für Retail einfach und günstig sein. Ab 1€! Das Narrativ lautet dass vorher fast nur superreiche in Private Equity investieren konnten und jetzt kann es jeder Hans und Peter, ab 1€! Oh wow?! :smiley:

Trade Republic ist so ein typischer Retail Broker, der den Zugang zu Investitionen vereinfacht und günstiger gemacht hat. Eine gute Sache, heißt es. Schafft mehr Bewusstsein für Investitionen und hilft dabei, dass Leute ihre Ersparnisse auf dem Konto nicht weginflationieren lassen. Dem schließe ich mich eigentlich an. Gleichzeitig ist ein solcher Anbieter natürlich ideal, wenn man den Retail erreichen will. Und im Zusammenhang mit dem, was Florian erzählt, klingt das echt übel.

Hinzu kam dann, dass ich gestern ein Video von Finanzfluss (im Überfluss Kanal) zu diesem neuen Angebot von TR gesehen habe. Thomas hat komische Ansichten über Bitcoin, aber wenn es um die klassische Finanzwelt geht, ist er durchaus eine gute Anlaufstelle. Thomas scheint von dem neuen Angebot von TR nicht besonders angetan und kritisiert Kosten und die mangelnde Transparenz. Es sei gar nicht so klar, in was man eigentlich investiert. Einiges kann man nachschauen und recherchieren, aber dürfte viele Retail Investoren überfordern. Was die meisten vermutlich hören werden, ist: Es gibt da jetzt ein neues, cooles Angebot, wo vorher nur Superreiche investieren konnten und jetzt kommst auch DU in diese Königsdisziplin und kannst wie die Reichen investieren. Ist das nicht cool und demokratisch?

Scheiße, nein! Bin ich da zu misstrauisch, oder läuft hier genau das ab, wovor Florian warnt? Ein paar reiche Leute mit viel Einfluss wollen ihre schlecht laufenden Investitionen beim Retail abladen, um für sich einen guten Exit zu finden?

Stream von Florian Bruce. Ab Minute 23:35:

Der Kommentar von Thomas:

Der Keynote von Trade Republic, wo sie auch immer wieder von „Demokratisierung für Retail“ sprechen:

Und hier kriegt man von einem Rapper erklärt, wieso das alles so gut ist und dass du jetzt wie die Superreichen investieren kannst:

Habe mich (weil kein US Bürger) nicht mit diesem 401k Problem genauer befasst. Jedenfalls nicht so wie du es hier ausführlich tust. Aber ohne gross Beweise zu haben, es werden die Renten der US Sparer (401k) in komplexe Investitionen verpackt. Dass es nicht um harte Assets geht, sondern um irgendwelche Coins die auf Sand bauen, davon gehe ich aus. Es werden Rentnertragödien entstehen. Die US-Administration liberalisiert alles, nur damit ein paar wenige zu ihrem Reichtum kommen. Die Zeche bezahlen viel Leichtgläubige Renter und Rentnerinnen.

Würde mich in dieser Frage gerne täuschen, wenn es jemand besser beschreiben kann, nur zu wäre wirklich erleichtert, auch wenn das alles in den USA passiert.

Renten sind tatsächlich immer Scam. Sie mögen in manchen Fällen mit ehrenwerten Vorsätzen aufgesetzt worden sein, aber selbst dann mutieren sie in kurzer Zeit zu einer Enteignungsstrategie der Betreiber.

Bei unseren deutschen Riester / Rürup Verträgen sieht man das gut, bei der GRV auch. Ebenso ist das bei den US 401k Versicherungen.

Den Leuten erzählt man etwas von Steuerbefreiung / steuerliche Förderung, sagt aber nicht dazu, dass Steuer viel billiger wäre als Inflation.

Wenn es wirklich darum ginge dem Gemeinwohl zu dienen, wäre es fürchterlich einfach jeden Monat staatlich Goldmünzen zu kaufen - oder seit sagen wir seit 2017 Bitcoin - oder eine Mischung daraus.

Die Komplexität verschleiert die Parasiten im System, und genau das ist was Bruce Warnlampen aufleuchten lies.

Ich stimme Bruce und @DeTec zu, dass man das als Scam betrachten kann.

Mehr oder weniger läuft es immer so:

  • wir werden in ein System mit Parasiten geworfen
  • uns wird gesagt, dass das nunmal so funktioniert
  • etwas anderes machen? „Du bist Exot… denk nach, es hat schon alles seinen Sinn!“
  • außerdem ist es „steuerlich gefördert“
  • Bis Du Dich aus dem Blödsinn befreist, bis Du meist 50 oder 60… wenn überhaupt.

Für die 401k Betreiber ist das also mehr oder weniger ein ganz natürlicher Vorgang. Nicht mehr oder weniger Scam, als jede Rente.

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nun ja, immer ist ein wenig hart, wenn auch das System wenig effizient ist, ist aber für große Bevölkerungsgruppen praktisch die einzige Chance, für das Alter Vorsorge zu treffen.
Die Gründe lassen wir mal vor, müssen wir, glaube ich, nicht weiter diskutieren.

Für den Rest muss ich dir fast uneingeschränkt zustimmen.
Es geht da ja noch weiter, es gilt doch auch für die betriebliche Altersvorsorge nach dem Vermögensbildungsgesetz.
Betrug läuft da schon während der Ansparphase und geht bei der Auszahlphase weiter.

Der neueste Scam wird die monatliche Zahlung von 10 Euro pro Kind für die Altersvorsorge die bis zur Rente nicht angefasst werden darf. Die Banken reiben sich die Hände.

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insbesondere dann, wenn es Banken und Versicherungen läuft

Der Meinung war ich lange Zeit auch. Mittlerweile habe ich verstanden, dass die GRV Teil der Zentralbank / Inflationsstrategie ist. Du kannst größere Gruppen nur Basis-Verrenten, wenn Du die Geldmenge gleich hältst.
Dann entgeht Dir aber die gigantische Zusatz-Enteignung.

Daher sehe ich das mittlerweile generell als schmutziges Spiel. Wie gesagt, anfangs mit möglicherweise guten Motiven gepaart mit gewissem Unwissen über Ökonomie / Inflation. Aber nach kurzer Zeit ist das alles dann nicht mehr so dem Gemeinnutzen verpflichtet…

Es ist eben nicht die einzige Chance, nur die einzige, bei der man die „Zusatz-Steuer“ namens Inflation abgreifen kann. Auch Geringverdiener und unerwartete Frührentner könnten vom System getragen werden… aber eben nicht inkl. Inflation.

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es sagt niemand, dass die bestehende Rentenversichern das Gelbe vom Ei ist. Aber eine grundlegende Reform, gleichgültig mit welchem Ziel kann nur eine langfristige Entwicklung sein.
Zudem, wer hat schon eine tragfähige Idee und Lösung, die sch nicht nach wenigen Jahren als Schnellschuß erweist. Reine Kapitalbasisrt, wenn du daran denkst, bringts auch nicht durch alle Wirtschaftzyklen.
Sieht man etwas irgendwo weltweit. Auch das norwegische hat so seine Tücken.

Vermutlich ist das kein Zufall, weil das folgende evtl. von Bruce als Beispiel verwendet oder sogar gennant wird, aber das beschriebene klingt für mich gruselig stark nach dem Ursprung von „The Big Short“.

Seit Blüms „Renten sind sischer“ sind Jahrzehnte vergangen… ich würde empfehlen nicht zu warten bis unsere jungen Leute marodierend durch die Straßen laufen… das wäre definitiv ein Fehler. Es ist SPÄTESTENS seit 35 Jahren klar, dass das bisherige System zusammen brechenwird.

Was ich meinte und oben vorgeschlagen habe, funktieniert nur nach Abschaffung von Geldausweitung / EZB, ist also natürlich auch in sofern fiktiv, da damit sekundär auch Staatsschulden beendet werden müssten. Das ist also relativ weit weg, von allem was Du kennst.

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Von Staatlicher Seite sollte mam bisnauf Ausnahmen, nur ihn weit gestreute Assets wie ETF investieren dürfen, oder halt in Bitcoin

warum glaubst du, dass ich aus der Rentenversicherung raus bin?
Mir wurde schon vor 1980 von der Rentenversicherung schon angedeutet, dass es schwierig werden könnte …

Also schon vor Nobby

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Schon klar… aber wir beide sind halt 80 Mio zu wenig.

Ich war nie drin… also außer einem HiWi-Job an der Uni vielleicht => 0,73 EUR Rente pro Monate oder so

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ja schon.
Abe glaubst du noch an Weihnachtsmann? Sollte sich wirklich mal eas andern, stehen Banken und Versicherungen wieder mit ihren Selbstbedienungsprogrammen parat.
Riester fühlt oder fühlte sich zumindest nach seiner Regierungszeit wohl bei der Finanzindustrie, der andere glaube ich auch.

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Was ist jetzt dein Punkt?

Es wurde einiges über die Rentenversicherung geschrieben. Was haltet ihr denn von Trade Republic und dass sie im Prinzip komplexe und schwer durchschaubare Assets jetzt für Retail andrehen wollen? Was haltet ihr von der These, dass wenige einflussreiche Reiche, die diese Private Equity Wertpapiere halten, sich damit lediglich mehr Liquidität für ihren eigenen Exit schaffen wollen?

Einerseits gibt es den konkreten Fall der US-Rentenfonds, die nun auch Zugang zu Private Equity erhalten sollen, und andererseits den aktuellen Fall von Trade Republic und der Art und Weise, wie dies für Kleininvestoren beworben wird.

Habe ich heute auf Reddit gesehen :smiley:

Das ganze scheint ein neuer „Trend“ zu sein. Auch der Neobroker Scalable Capital hat vor einigen Monaten ein Private Equity Angebot gestartet:

Diesem wachsenden Interesse entsprechend bietet nun der Neobroker Scalable Capital gemeinsam mit dem Vermögensverwalter Blackrock eine einfache Lösung. Bisher waren Investitionen in ELTIFs nicht über normale Broker bzw. Wertpapierdepots möglich. Zukünftig können Scalable-User über das eigene Depot in entsprechende PE-Investments in Form von ELTIFs investieren.