Der Ethereum Merge – Eine kritische Analyse

In der PoS Welt gibt es seit Jahren eine Diskussion darüber ob PoS oder dPoS (delegated PoS) besser ist.

Projekte wie Ethereum oder Algorand haben sich bewusst gegen dPoS entschieden.

Die Argumente sind dabei ähnlich wie beim Vergleich von direkter und repräsentativer Demokratie. Ein dPoS würde stärker zentralisieren und zu Kartellbildung der Stake Pool Betreiber sowie „Bestechung“ der Delegatoren führen.
Beim dPoS würde sich im Vergleich zum PoS das „Trilemma“ von Dezentralität in Richtung Skalierung verschieben.

Siehe z.B. hier von V. Buterin: https://vitalik.ca/general/2018/03/28/plutocracy.html

Vorsicht: Es folgt Halbwissen meinerseits! :slightly_smiling_face:

Ich vermute, dass diese Argumentation die Realität nur unzureichend beschreibt und deshalb zum falschen Ergebnis führt. Auch wenn ich sicher nicht so tief im Thema stecke wie solche PoS Experten.

Nach meinem Eindruck wird bei diesen Betrachtungen nämlich nur innerhalb des Protokolls argumentiert. Es wird komplett vergessen, dass es auch eine Welt außerhalb gibt, in der jeder machen kann, was er möchte. Lustigerweise hat gerade V. Buterin bei Lex Fridman diesen Punkt angesprochen.

Die bewusste Entscheidung gegen dPoS verhindert z.B. nicht, dass sich auch außerhalb des Potokolls Stake Pools bilden. Also dass es Entitäten gibt, die auf beliebige Art und Weise Coins eintreiben, um dann selbst zu staken. Dabei ist es diesen Entitäten überlassen was sie dafür bieten, ob sie die Teilnehmenden an Strafen beteiligen oder nicht, und ob sie Kartelle bilden.
Man hätte es also auch gleich wie Cardano über ein dPoS im Protokoll integrieren können. Damit wäre wirklich jeder in der Lage zu staken und die Coins blieben in der eigenen Wallet.

Leider gilt mein Kritikpunkt weiterhin, auch wenn die Delegation wie beim dPoS im Protokoll integriert ist, siehe Cardano:

Bei Cardano sind die prozentualen Staking Rewards eines Pools u.a. davon abhängig, wieviel Eigenkapital ein Pool beisteuert („Pledge“), und davon ob ein Pool zuviel Stake angehäuft hat (Sättigungsgrenze). Delegatoren wollen hohen Reward, delegieren also lieber an Pools mit hohem Pledge und mit Gesamtstake unterhalb der Sättigung.
Der Pledge soll dafür sorgen, dass die Stake Pool Betreiber möglichst viel Skin in the Game haben. Die Sättigungsgrenze dafür, dass ein Betreiber nicht die Macht von Unmengen an delegierten Coins missbrauchen kann.
Lars Brunjes und andere Cardano Entwickler haben also zahlreiche Simulationen durchgeführt, um geeignete Parameterwerte zu finden, die zum Nash Gleichgewicht und keiner Monopolbildung der Stake Pools führen.

Funktionieren diese Protokoll-Parameter in der Realität?

Sättigung
Wenn ein Betreiber mehr Stake einsammeln will, betreibt er einfach mehrere Pools.
Glücklicherweise können fast nur Betreiber viel Stake einsammeln, die über Medien und soziale Netzwerke in der Öffentlichkeit stehen. Und in der Öffentlichkeit wird es inzwischen nicht gerne gesehen, wenn eine Person viele Pools betreibt.
Allerdings kann es geheime Zusammenschlüsse geben, von denen man nichts weiß. Zu welchen Attacken auch immer das führen sollte.

Pledge
In der Theorie und den Simulationen wird nicht berücksichtigt, dass ein Pool seinen Delegatoren einfach „Rewards“ außerhalb des Protokolls zahlen kann. So schafft es z.B. Binance mit nahezu 0 Pledge viele Pools zu betreiben, weil sie ihren Kunden aus eigener Tasche exorbitante Rewards zahlen.

Hier hatten wir das schon einmal: Cardano fragen - #4 von skyrmion

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