Bitcoin und Futures-Handel

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Freund, der mir vor rund 1 Jahr sagte: „Schau Dir den Goldpreis an. Der wird seit Jahrzehnten über den Futures-Markt künstlich unten gehalten. So wird es Bitcoin auch gehen, da man über Futures riesige Mengen ohne das zugrundeliegende Produkt bewegen kann. Der Präsenzmarkt zieht dann meist aus Angst nach, wenn der Futures-Preis unter dem tatsächlichen Kurs liegt.“

Wie seht ihr das ?

Ich seh das anders. Wie funktioniert denn dieser Mechanismus, einen Preis „über den Futures-Markt künstlich unten“ zu halten? Das funktioniert dadurch, dass Futures ungedeckte Leerverkäufe sind, wenn kein physisches settlement stattfindet.

Da hast du am einen Ende des Spektrums Gold, wo Futures nie physisch gesettlet werden, weil Goldbewegung und -lagerung zu aufwändig sind. In der Mitte des Spektrums hast du commodities, wo futures wenigstens zum Teil physisch gesettlet werden, und ganz am anderen Ende des Spektrums ist Bitcoin, wo physisches settlement und proof of reserves so trivial sind, dass die Gefahr recht gering ist, in ein mit Gold vergleichbares fractional reserve banking zu geraten.

Das klingt nicht richtig, grad im Goldmarkt kommt es so weit ich weiß fast nie zu backwardation.

Hi mowtan,

hier ein Auszug von einer JP Morgan - Analyse:

„Die jüngste Erholung lässt die JPMorgan-Analysten allerdings unbeeindruckt. So deutet die niedrige Bewertung des Bitcoins auf dem Future-Markt aus Sicht der Profis auf eine schwindende Nachfrage großer, institutioneller Investoren hin. Diese seien häufig in Future-Kontrakten investiert. Im Jahr 2018 hat es bereits eine ähnliche Situation gegeben: Der Bitcoin-Kurs brach um 75 Prozent ein, nachdem er im Jahr zuvor eine Rally hingelegt hatte. Auch damals lagen die Futures-Kontrakte unter dem damaligen Bitcoin-Kurs.“

Ich denke, der Bitcoin-Kurs wird von Institutionellen über den Futures-Markt gedrückt, die echten Bitcoin kauft man sich dann zu niedrigen Kursen über die Exchanges.

Bin mir nicht sicher, was du mit diesem Auszug sagen willst, es steht da jedenfalls nicht drin, dass „der Bitcoin-Kurs […] von Institutionellen über den Futures-Markt gedrückt“ wird.

Wenn du dieser Meinung bist, solltest du erklären können, wie dieser Mechanismus genau funktioniert. Also ich sag nicht, dass du unrecht hast, nur dass dieser Kommentar ohne genauere Beschreibung eines möglichen Mechanismus nicht viel wert ist, weil man dann nicht darüber reden kann, ob es stimmt oder nicht.

Z.B. ist die Beschreibung deines Freundes, wie Manipulation im Goldmarkt funktioniert, in Teilen sicher nicht richtig: Wie gesagt liegt im Goldmarkt der Futures-Preis so gut wie nie unter dem Spot-Preis, und der Mechanismus, durch den sich Futures-Preis und Spot-Preis angleichen ist nicht „Angst“, sondern Arbitragehandel.

Hier als Diskussionsgrundlage wie ich es sehe:

Eine Institution verkauft Bitoin-Futures unter dem Spot-Preis. Arbitrageure machen reverse-cash-and-carry, also verkaufen Bitcoin, kaufen die Futures und streichen die Preisdifferenz als Profit ein. Dadurch sinkt der Spot-Preis und steigt der Futures-Preis, bis die Arbitrage weg ist. Wenn die Futures dann später gesettlet werden, muss entweder die Institution Bitcoin kaufen und dem Arbitrageur liefern, oder den Wert in Cash liefern und der Arbitrageur kauft sich davon seine Bitcoin zurück. Dadurch steigt der Spot-Preis wieder.

Wie funktioniert in dieser Situation also die langfristige Preismanipulation, die du hier in den Raum stellst, wenn am Ende des future contracts anders als bei Gold ein physisches settlement auf der Blockchain stattfindet?

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Ich denke es gibt ein großes Interesse institutioneller Investoren in den Bitcoin zu investieren. Gleichzeitig halte ich den Preis für Bitcoin für relativ leicht manipulierbar. Im letzten Crash sind angeblich viele Retail-Investoren in fallende Kurse hinein ausgestiegen und die von größeren Investoren gekauften Bitcoin wurden großteils (angeblich, lt. Gunnar Schuster, YT) auf Hardware-Wallets transferiert, was für eine längerfristige Anlage spricht.

Mich machte halt die Aussage des JP Morgan-Analysten misstrauisch, der mit der Differenz zwischen Futures- und Spotmarktpreisen für weiter fallende Kurse argumentierte, da mir die Aussage meines Bekannten wieder in den Sinn gekommen ist. Deine Einwände bzgl. Arbitrage zwischen Future- und Spotmarkt sind aber sicherlich berechtigt. Ich kann dies nicht widerlegen, ich wollte nur einen Denkanstoß dazu geben, danke für die sich daraus entwickelnde Diskussion.

Was dort angesprochen wird, ist keine Marktmanipulation, sondern die Tatsache, dass es für Institutionen immer noch viel einfacher ist, mit klassischen Derivaten zu handeln als direkt mit Krypto, deshalb zeigt sich die Einstellung von Institutionen besser im Futures- als im Spot-Markt.

Das heißt natürlich nicht, dass ich sage, es gibt keine Marktmanipulation, selbstverständlich gibt es die.

Mit deinem ursprünglichen Vergleich mit Gold legst du nahe, dass es dir um langfristige Marktmanipulation geht, aber wenn die institutionelle Motivation, wie du schreibst, das günstige Aufbauen einer BTC-Investition ist, kann die Manipulation ja wohl nur kurzfristig sein – warum kümmert dich das überhaupt?

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