Anfängerfragen zu Lightning

Schülern und Studenten erzählt man zwar, dass es keine dummen Fragen gibt, aber das ist eine Lüge. Hier liefere ich den Beleg dafür. :wink:

Aufgrund der zurzeit hohen Transaktionsgebühren habe ich für kleinere Beträge (v.a. Spenden) ein Lightning-Wallet auf Blockstream Green aktiviert (die App nutze ich mit dem Jade). Von meiner Lieblings-Börse Kraken konnte ich über das Lightning-Netzwerk problemlos und mit minimalen Gebühren BTC an dieses Wallet schicken. Soweit so gut, aber nun die Unklarheiten.

  1. Kann ich dieses Lightning-Wallet auch mit BTC über die Blockchain befüllen, also Coins von der Bitbox oder dem Jade direkt dorthin transferieren?
  2. Und umgekehrt: Kann ich aus diesem Wallet an „normale“ BTC-Adressen überweisen?
  3. Wenn nicht, was würde mit der Transaktion passieren? Wäre das Geld einfach weg? In anderen Worten: Muss ich Sorge haben, Geld zu verlieren, wenn ich an eine normale BTC-Adresse verschicke?
  4. Falls Lightning ausschließlich mit Lightning-Wallets funktioniert, habe ich eine letzte Frage: Pocket tauscht Euro in BTC und überträgt die automatisch auf meine Bitbox02 - transferiert also offenbar BTC an ein normales Bitcoin-Konto über das Lightning-Netzwerk (die Transaktionsgebühren sind vernachlässigbar). Wie und warum geht das?

Anmerkung: Über Lightning-Nodes und die Eröffnung von Kanälen habe ich zwar viel gelesen, das Thema bleibt für mich jedoch ein spanisches Dorf, das ich nicht verstehe. Für kleine Beträge spare ich mir die Mühe und vertraue Anbietern wie Blockstream oder Phönix.

Wichtig zu verstehen ist, dass Lightning an sich gar keine Wallet ist.
Lightning besteht immer aus Kanälen zwischen zwei Nodes.

Stell dir ein PVC Rohr vor, welches du mit einer gewissen Menge Wasser füllst und dann an beiden Seiten versiegelst. Danach wird das Rohr wie eine Wippe bewegt. Die beiden Seiten repräsentieren die Nodes.

Die Menge an Wasser kann nicht verändert werden. Ja nach Stand dieser Wippe, ist mehr Wasser rechts oder links.

Zu 1.) Nein, da eine Lightning Wallet keine richtige Brieftasche ist, sondern eben dieses oder mehrere PVC Rohre. Eine Lightning Node kann über eine „normale“ Bitcoin Adresse BTC empfangen, diese sind aber nicht Lightning, sondern vorerst im Bitcoin Netzwerk mit allen Vor- und Nachteilen.

Zu 2.) Nein, siehe oben.

Zu 3.) Du hättest eigentlich gar keine Adresse, an die du schicken könntest. Bitcoin Adressen fangen immer mit 1…, 3…, btc1q… oder btc1p an. Bei allen anderen Formaten sind die Coins verloren, oder, im besten Fall, lässt die Wallet dich so eine Transaktion gar nicht erst durchführen. Es ist immer sicherzustellen, dass einem eine Adresse wirklich gehört, bevor eine Transaktion angestoßen wird.

Im Lightning Netzwerk wird in der Regel nicht an Adressen gesendet, sondern es werden Rechnungen erstellt, die dann bezahlt werden. Also nicht „push“, sondern in der Regel „pull“.

Zu 4.) Pocket kenne ich nicht. Aber Bitcoin im Lightning Netzwerk werden auf der Bitcoin Blockchain vorerst gar nicht bewegt, also nicht versendet.

Wird ein Lightning Kanal erstellt, werden die Bitcoin im Hauptnetzwerk von beiden Seiten „gesperrt“.
Pocket könnte also ein Kanal zu dir erstellen und einen Bitcoin sperren, deine Seite bleibt leer (kein Wasser). Dieses Sperren kostet relativ hohe Gebühren.

Danach kaufst du immer 0,1 BTC. Die Wippe wird immer weiter bewegt, dass das „Wasser“ zu dir schwappt. Diese Aktion kostet so gut wie nichts. Ist das 10x passiert, ist alles „Wasser“ auf deiner Seite. Mehr BTC kannst du erstmal nicht kaufen. Es müsste eine neue „Wippe“ gebaut werden.

Wird der Kanal geschlossen, also das Wasser der Wippe wieder in die Bitcoin See freigelassen, werden wieder „hohe“ Gebühren fällig. Dadurch wird der 1 BTC aus dem Beispiel auf eine deiner BTC Adressen ausgezahlt.

Ich hoffe, so wird es klarer.

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Nein, Pocket schickt beim klassischen Kauf deine Bitcoin ganz normal über das Bitcoin-Netzwerk an deine BitBox02. Die Transaktionsgebühren sind hier relativ gering, da an mehrere Kunden gleichzeitig ausgezahlt wird, und du nur anteilig für deinen Eintrag in der Transaktion zahlen musst. Das hat erstmal gar nichts mit Lightning zu tun.

Es gibt zwar die Option, bei Pocket Bitcoin direkt auf eine Lightning-Wallet zu kaufen. Aber das ist eben eine alternative Option, die dann natürlich auch nur mit Lightning-Wallets wie Phoenix oder Breez funktioniert.

Vielleicht hilft dir:

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Ein schönes Bild!

Das PVC Rohr bei Lightning Kanälen hat nur Glaseinsätze an den Enden, während die utxos (die Adressen) in deinem Wallet durchsichtig sind.

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Danke Euch allen für die Beseitigung der Unklarheiten, v.a. das sehr anschauliche Bild mit dem Rohr. Aber kompliziert ist das alles schon. Es wird wohl noch eine Weile dauern bis Leute wie ich oder Tante Emma Lightning routinemäßig verwenden werden.

@sutterseba: Jetzt ist mir klar, warum die letzte Pocket-Transaktion (aus der Bitbox kopiert) im Mempool ca. 18 BTC mit einer Gebühr von über 400.- Dollar ausgewiesen hat. 18 BTC übersteigt meine Bitcoin-Reserven (leider) deutlich. Außerdem ist mir jetzt klar, warum Pocket die Coins nicht gleich sondern immer erst spät abends weiter schickt. Das Blocktrainer-Forum, die unerschöpfliche Wissensquelle.

Das ist ja der große Vorteil von Bitcoin. Emma kann eine eigene Node betreiben, muss es aber nicht.
Am Bankensystem kann man sich nicht selbst anschließen und ist gezwungen, ein Konto bei einer Bank zu eröffnen.

Wenn Emma Bitcoin nutzen möchte, aber keine eigene Node betreiben kann, könnte sie zum Beispiel das Wallet of Satoshi nutzen. Der Aufwand und das Wissen, welches erforderlich ist, gehen gegen Null. Dafür ist es ein zentralisierter Service, dem man vertrauen muss.

Eine Anfängerfrage hätte ich auch gerade:
Gibt es Lightning Wallets die mit einer ganz normalem Seed-Phrase geschützt sind? Kann ich eine BIP 39 Lightning Wallet erstellen und durch Weitergabe nur der Wörter Sats verschenken?
Dann könnte ich gut OnChain Transaktionen vermeiden.

Nur das on-chain Bitcoin Wallet wird mit den Recovery Wörtern wiederhergestellt.
Da Lightning, wie oben beschrieben, eigentlich kein Wallet ist, kann es auch nicht so einfach wiederhergestellt werden.

Warum erstellst du nicht eine „normale“ Bitcoin Wallet und verschenkst dessen Wörter?

Meinst du den mnemonic, also die 24 Wörter?

Das kann man so nicht verallgemeinern, weil zum Wiederherstellen eines lightning wallets (node) auch ein channel backup notwendig ist. Das sind diejenigen Transaktionen die zwischen den channel Partnern zwar ausgehandelt, aber nicht veröffentlicht werden.

Wenn du eine custodial lightning wallet verwendest, kann es gut sein, dass es sich auch über einen mnemonic wiederherstellen lässt. Das hieße, dass du dich über den seed und einen daraus abgeleiteten Schlüssel beim Anbieter authentifizierst und der custodian dir dann das entsprechende Guthaben anzeigt.

Bei non-custodial lightning wallets ist es zumindest denkbar, dass der Anbieter für das channel backup sorgt, z.B. für den Fall dass man das Smartphone verliert. Wenn das der Fall ist, dann könntest du auch nur mit dem mnemonic das gesamte Wallet wiederherstellen. Das ist aber unbedingt beim Anbieter sicherzustellen.

Was möglich ist, hängt also vom Anbieter ab. Man sollte sich deshalb genau mit dem Angebot des Anbieters befassen.

Siehe oben.

Abgesehen davon verwendet mindestens LND das AEZEED Format. Die wordlist ist zwar die gleiche, aber Prüfsumme und Metainformationen nehmen mehr Platz ein. Sie sind in den seed codiert, und die effektiv für Entropie verwendeten Wörter sind nur 12(?).

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Richtig. Die Erklärungen hier sind toll, aber ich fühle mich trotzdem nicht fit genug, mit relativ wenig Zeitaufwand da jetzt tiefer in die Materie einzusteigen. Und ich bin schon „relativ“ offen für Neues. Ich schätze 99 % der normalen Bevölkerung werfen bei Lightning das Handtuch. Keine Seed-Phrase, eigene Node, deine Bitcoin stecken in einer Art „Rohr“, channel backup - ihr habt es gut erklärt, aber da steigt Otto Normalverbraucher einfach komplett aus.
Ich kann meiner Mutter nicht mal das mit den 24 Wörtern näherbringen.

Das ist auch verständlich.

Man muss da nicht abtauchen, aber dann passieren halt Dinge, über die man sich wundert.

Man kann z.B. Breez als App installieren. Dann bekommt man eine Zahlung und wundert sich, warum ein paar tausend Sats fehlen. Das liegt dann daran, dass Breez für die Zahlung einen Channel eröffnet. Der unbedarfte Nutzer denkt dann, er wurde beklaut, weil nicht das ganze Geld angekommen ist, oder wendet sich ab, weil die Lightning Gebühren ja doch nicht wie versprochen extrem günstig waren, sondern im Gegenteil teurer als eine normale on-chain Transaktion.

Vielleicht könnt ihr Eure Erwartungen/Wünsche etwas genauer formulieren und die Tradeoffs die ihr bereit seid einzugehen.

Genau das meinte ich. Es muss einfachere Lösungen geben. Einfachheit und Berechenbarkeit sind unabdingbar um aus der Nische zu kommen.

Die Alternativen sind ein Nischenprodukt ohne Massenadaption oder eine reine Konzentration auf einen digitalen Wertspeicher.