Ist Bitcoin das trojanische Pferd der Unfreiheit?

Roman bezeichnet Bitcoin ja oft als das trojanische Pferd der Freiheit.

Ich stelle mal eine – provokante – Gegenthese in den Raum, für die ich in diesem Forum sicher geteert und gefedert werde, aber das ist ok, ich wusste es vorher :blush:

Warum halte ich es für möglich, dass Bitcoin das trojanische Pferd der Unfreiheit ist ?

Gerüchte gibt es schon lange. Bitcoin sei ein Experiment der NSA, ein Vorläufer der CBDC’s usw. Ich habe dem auch keine große Bedeutung beigemessen, weil für mich war das Versprechen von „Your keys – your coins“ genug, um das als Unsinn abzutun. Niemand kann mir das nehmen, wenn ich es nicht will, das war mein Credo bislang.

Was hat mich nun zum Nachdenken gebracht? Im Kern war es der Umgang der Staaten/Behörden mit Monero. Monero ist ja der Coin mit dem höchsten Privacy-Versprechen. Und scheinbar ist dieses Versprechen gerechtfertigt, denn man kann Monero bei so gut wie keiner nennenswerten/regulierten Kryptobörse mehr kaufen. Und dort wo es überhaupt noch geht (bspw. Kucoin), ist dann ein Übertrag der Monero auf bspw. eine andere Wallet nicht mehr möglich. Zusammengefasst: Für Otto Normalverbraucher, der sich nicht in die P2P-Welt begeben möchte, sondern der mit Fiat bei regulierten KYC-Börsen/Brokern kaufen will, ist Monero eigentlich Geschichte. Auch Rücktausch von Monero in Fiat ist „unter normalen Umständen“ nicht mehr möglich. Und das alles still und ohne großes Aufsehen durchgeführt, durch steten Druck der Behörden auf die Börsen.

Warum macht man das eigentlich nicht mit Bitcoin, der ja immer von halbinformierten Journalisten als digitales Geld von Kriminellen verunglimpft wird ?

Weil die Möglichkeiten Bitcoin-Besitzer zu kontrollieren oder ihnen auch den Zugang zu ihrem Geld komplett zu versperren, sehr vielfältig sind. Das ist meines Erachtens auch der Grund, warum man Bitcoin „gewähren“ lässt und ihm keine größeren Steine in den Weg legt.

Ich will das näher ausführen:
Erinnert Ihr Euch noch an den Vorschlag der CDU von vor ein paar Monaten, dass man von allen Bitcoin-Besitzern in Deutschland sämtliche Bitcoin-Adressen erfassen möchte?
Es geht jetzt hier nicht darum, wie die Situation aktuell ist. Sondern was ein sich der Überwachung und totalen Kontrolle verschreibender Staat tun kann, wenn er es will.

Der Weg geht so:
Variante 1:

Die absolute Mehrheit aller Bitcoin-Besitzer kaufen ihre Sats mittlerweile bei regulierten Börsen. Hier könnte der Staat direkt und ohne Umstände sofort – wie bei klassischem Fiat – den Zugang zu den eigenen Vermögenswerten sperren. So weit, so unspektakulär, Du hast eben keine Keys, wird der Bitcoiner sagen.

Variante 2:
Der etwas versiertere Bitcoin-Besitzer kauft sich eine Hardware-Wallet und transferiert seine Sats dorthin. Dafür muss er eine Auszahlungsadresse seiner Hardware-Wallet der Börse mitteilen.
Ab hier sind die über KYC gekauften Bitcoin für immer 100 % nachverfolgbar. Du kannst deine Sats zwar auf andere Adressen verschieben, aber es ist eben alles komplett nachvollziehbar. Und zu sagen: „Hey, das war ein Freund, dem ich da was geschickt habe – oder einer, dem ich ein altes Auto abgekauft habe usw.“ – dieser jämmerliche Versuch der Anonymisierung per storytelling kostet mit Geldwäschefahndung Beauftragte nur ein müdes Lächeln.

Der berühmte Bootsunfall der Bitbox ist zwar ein running gag – aber keine Option, wenn ihr die Sats jemals im Leben wieder bewegen wollt – die öffentliche Blockchain ist eben genau das – für jeden einsehbar.
Coin-Mixer lassen wir mal außen vor, diese Möglichkeit wird aktuell schon geahndet und staatlicherseits demnächst ausradiert werden, da bin ich sicher.

Variante 3:
Ihr habt schon Sats auf der Bitbox und die Transaktionen dort sind schon lange her, unwahrscheinlich, dass der Staat diese Auszahladressen noch recherchieren kann.
Hier greift nun der Ansatz der CDU: Ihr müsst - dank neuem Gesetz- euren gesamten Bitcoin-Bestand incl. der Adressen, auf denen sie sich befinden, den Behörden melden. Ob das nun im Rahmen einer speziellen Krypto-Gesetzgebung oder im Rahmen eines europäischen Vermögensregisters erfolgt, ist erst mal irrelevant. Fakt ist: Man könnte darüber lachen und es ignorieren und einfach alles verschweigen – allerdings ist dann klar, dass auch hier der bequeme Weg über ein späteres Auscashen über KYC-Börsen/Broker unmöglich gemacht wird. Denn was technisch möglich ist, wird auch irgendwann gemacht, gerade wenn es um die Aufhebung von Privacy in Verbindung mit Besteuerung geht. In diesem Fall wäre das bspw. eine per Gesetz verlangte verbindliche Abfrage der KYC-Börsen beim zentralen Vermögensregister, ob eure (ColdWallet)-Sats, die ihr gerade versucht auf Kraken zu transferieren, auch wirklich als Euch zugehörig registriert sind. Wenn dann im Vermögensregister steht: „Hans Hodler, 12345 Musterstadt“ hat einen registrierten Bestand von: 0 sats – zack wird die Einzahlung abgelehnt - Meldung an die Steuerfahndung/Geldwäschebehörde folgt automatisch.

Was ich mir auch noch vorstellen kann: Da alles einsehbar und nachvollziehbar ist, könnte der Staat auch anfangen den KYC-Börsen die Annahme von Sats aus bestimmten „verdächtigen“ Adressen zu untersagen. Dafür könnte er eine eigene „Blacklist“ an die KYC-Börsen herausgeben. Die Annahme von Coins von diesen Adressen – und ihren späteren Empfangsadressen- ist verboten. All das ist rein technisch überhaupt kein Problem. Aber noch einfacher wäre wie gesagt das komplette Whitelisting von Adressen. KYC-Börsen dürfen dann überhaupt nur Sats von Adressen annehmen, die beim Staat per „Whitelisting“ registriert sind.

Ich weiß schon welcher Einwand nun kommt: Das ist alles richtig, aber es ist nur ein Problem, solange man die Fiat-Gateways zur Rückumwandlung seiner Bitcoin benutzt. Das ist natürlich korrekt. Aber das ist nun mal der Weg für 99,9 % aller Menschen in entwickelten Industrieländern, die Bitcoin besitzen und irgendwann damit etwas anfangen wollen. Und keine 40 Jahre mehr auf einen reinen Bitcoin-Standard warten können.

Ich kann mit meinen mühevoll per DCA gesammelten Sats weder meinen Fliesenleger noch meinen Automechaniker, noch meinen Urlaub oder Bäcker bezahlen.

Fazit: Man kann Dich nicht zwingen deine Bitcoin rauszurücken, wenn es hart auf hart kommt. Du kannst den Zugang dazu ja wirklich verloren haben. Aber man kann deine Adresse für jedes Fiat-Gateway sperren. Oder sie ist gar nicht auf einer Whitelist.
Der Staat hat im Prinzip schon heute alle Möglichkeiten bei Bitcoin-Besitzern jeglichen bequemen/sicheren Rückweg in Fiat zu verhindern. Die vollkommene Transparenz ist auch ein Traum für jegliche Form zukünftiger Enteignung, angefangen von Steuern auf nicht-realisierte Gewinne, wie sie selbst Kamala Harris in den USA mittlerweile vorschwebt.

Das wird dann bitter für Langzeit-Hodler, die dem Staat dann plötzlich eine horrende Summe Steuern wg. „Besteuerung nicht realisierter Gewinne“ schulden. Aber das ist ein anderes Thema.

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Ich gehe mit all deinen Aussagen mit und halte die beschriebenen Varianten auch für sehr nachvollziehbar. Die Sache ist halt die, dass Bitcoin technisch einfach momentan nicht als Privacy Coin ausgelegt ist, sondern als wertspeichernde Währung, die pseudoanonym, aber nachverfolgbar ist, wie du bei deinen Varianten schon beschrieben hast.

Bitcoin ist schon eine deutlich verbesserte Währung und deswegen ist die Nachfrage auch so hoch. Der Privatsphäre Aspekt ist nur noch nicht wichtig genug, sonst wäre die Nachfrage nach Monero oder Bitcoin mit mehr technischen Privacy Eigenschaften höher. Sind die Steuergesetze zu stark, kann man immer noch das Land wechseln etc.

Bitcoin ist momentan keine 100% Freiheit, aber es ist schon ein deutlich verbesserter Schritt dahin, weil du zumindest deine Arbeitszeit in Bitcoin speichern kannst und die Bitcoins ihren Wert behalten. Dass dies alles anonym passiert, wäre der nächste Schritt, aber ob man das will als Gesellschaft ist fraglich. Denn eine bestimmte Transparenz bei B2B, B2C, C2C Zahlungen, großen Bankenzahlungen, Staatszahlungen etc. ist auch wichtig. Ich denke, dass sich dort ein Mittelweg finden wird, wo Zahlungen für Arztrechnungen etc. schon anonymisiert werden, aber bis zu diesem Punkt dauert es noch einige Jahre, da muss sich Bitcoin erstmal als transparente Weltwährung durchsetzen^^

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Kann euch beiden nur zustimmen - und vielleicht noch eine Kleinigkeit ergänzen

SOLLTE sich Bitcoin langfristig durchsetzen, dann ist es Wahrscheinlich das dies in unterschiedlichen Etappen vor sich gehen wird.
Einerseits wird die bestehende Regulierung versuchen so lange wie möglich die Macht zu erhalten
Andererseits wird es aber auch künftig Innovationen geben - und vermutlich wird es verschiedene Zwischenschritte geben.

In seiner aktuellen Konzeption ist Bitcoin vieles - nur nicht anonym
über diverse Second-Layer / Third-Layer könnte aber durchaus eine alltagstaugliche Anonymität hergestellt werden, die dennoch regulierungskonform funktionieren kann.

Wie das genau aussehen wird, kann heute keiner von uns sagen - aber was über bisq aktuell schon alles läuft und künftig auch die Integration von Liquid vorgesehen ist, könnte ein Hinweis sein, in welche Richtung es gehen kann.

Dem entsprechend … Überwachung ist bereits real … egal ob Bitcoin oder FIAT, die Gegenwart ist nicht der Knackpunkt … die Zukunft ist es, über die wir uns Gedanken machen sollten.

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Bei dem Post stimme ich tatsächlich auch größtenteils zu. Zwar sehe ich die Gefahr abseits von KYC Daten, eher durch die KI kommend, welche mithilfe von Metadaten (über Handy, Internetprovider, evtl multiple VPN-Zurückverfolgung) irgendwann mal die ganze Blockchain de-pseudonymisieren könnte, aber generell ist das Szenario sehr ähnlich.

Meine Sorge ist dabei nicht mal der Staat, der Steuerhinterzieher überführen will (eine Steuer auf unrealisierte Gewinne halte ich übrigens für völlig unrealistisch, sowohl in der eigentlichen Durchführung als auch dahingehend, dass diese Parteien dann wahrscheinlich deutlich weniger Unterstützung bekommen würden, Spenden, Stimmen usw; aber das ist ein anderes Thema). Das eigentliche Problem ist meiner Meinung nach ein anderer großer Usecase von Bitcoin aktuell…

All die Aktivisten, mag die Zahl noch so gering sein (gefühlt ist die Zahl allerdings steigend), die Bitcoin heute als ein Werkzeug sehen, Mithilfe dessen sie das Risiko auf sich nehmen sich mit Regimen in ihrem Land anzulegen, würden in einem solchen Szenario auf dem Präsentierteller serviert. Wenn man die Arbeit von Alex Gladstein verfolgt, gibt es immer mehr „schöne“ Stories, wie sich die Leute in bescheidensten Bedingungen gegen die Übermacht von totalitären Machthabern stellen und dafür auf die eine oder andere Weise Bitcoin nutzen. Sollte wirklich irgendwann mal die Pseudonymität brechen, werden solche Stories kaum noch möglich sein, und damit mindestens EINE, aus meiner Sicht erhebliche, Daseinsberechtigung für Bitcoin wegfallen…

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Genau deswegen habe ich für meine Rente mehr Edelmetalle als Bitcoin oder Monero gespart. Zu viele blenden die Gefahr leider aus oder negieren diese sogar.

Wenn Du deine Edelmetalle physisch hältst, hast Du das gleiche Problem wie die Bitcoiner, wenn es um das Auscashen, sprich der Rücktausch in Fiatgeld, geht.
Du kannst deine 10 Unzen ja zum Schalter deiner örtlichen Bank schleppen - oder zum Edelmetallhändler - aber auch dort wirst Du dich bzgl. Herkunft der Unzen komplett transparent machen müssen.

und seine Wurstsemmel kostet immer mindestens so viel, wie das Goldstückchen wert ist.
Wird oft übersehen.
Rückgoldstückchen gibts nicht.

Stimmt, den Personalausweis verlangt ein Edelmetallhändler.
Wie beim Bitcoin ist natürlich ein privater Verkauf auch möglich.
Mein letzter Verkauf beim Edelmetallhändler war letzter November. Die Herkunft oder Kaufrechnung hat bis jetzt noch keinen Edelmetallhändler verlangt.
Eine Rechnung auf Papier wäre auch einfach zu fälschen.
Digitale Nachweise sind da schon ein anderes Kaliber.

Mit Bitcoin, Gold oder Aktien kauft auch keiner eine Wurstsemmel.
Das wird gespart und bei Bedarf auch wieder in FIAT umgewandelt.

Dann warst du noch nie auf einem bitcoin Event. Natürlich kaufen Leute ständig Dinge mit bitcoin über das lightning netzwerk. Auch einen Kaffee. Genau das ist ja der Punkt, funktioniert mit Aktien und Gold natürlich nicht.

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Meiner Meinung nach (sorry beziehe mich auf den Titel, darunter wurde ein 15‘000 Seiten Kommentar Roman verfasst, lese das alles nicht nach)

Solange man innerhalb von BTC/Lightning/usw. bleibt ist es kein im eigentlichen Sinne trojanisches Pferd. Es ist eher ein schnelles Pferd ausserhalb der trojanischen Stadtmauern.

Verwendet Bitcoin wenn möglich mit eigener Node und macht andere Verbindungen über Tor

Auf einem Bitcoin Event wegen der Show, in Venezuela wegen der Notwendigkeit.
Im deutschen Alltag ? Also i wois ned.
In der Schweiz bei Spar: keine Ahnung, wie das derzeit ankommt.

Gold ist für nach der Krise. In der Krise macht es keinen Sinn.

Sehe es genau wie der TE. Dem Staat fällt schon was ein wie er an unser Geld kommt. Auf die eine oder andere Weise, klar ist, der Bürger verliert. Immer.

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