Gedanken und Fragen nach dem Eintritt in den Kaninchenbau

Hallo,
mir war Bitcoin schon seit ca. 2016 ein Begriff - während ich diesen damals noch „abgeschaselt“ habe, bin ich in den letzten Monaten in den Kaninchenbau gefallen. Ausschlaggebend für mich war, dass ich mich immer mehr gefragt habe, ob Inflation der richtige Weg ist - prompt hat Bitcoin einen Lösungsansatz gegeben. Nachdem ich nun mehrere Bücher und gefühlt 100 Videos und Podcast geschaut/gehört habe, habe ich das Gefühl noch immer erst am Anfang dieser Reise zu stehen. Daher wie folgt Fragen zu Bitcoin, die mich beschäftigen:

-) Worin seht Ihr die größten technischen Gefahren von Bitcoin? Aktuell scheint eine Monopolisierung der Rechenleistungen ja unwahrscheinlich?
-) Welche sozial/politischen Gefahren seht ihr für Bitcoin, damit sich dieser nicht weiter etablieren kann?
-) Wenn ich das richtig verstehe, kann kein Staat jemanden um seine Wallet enteignen - zieht diese Machtlosigkeit des Staates gegenüber seiner Bürgern nicht vermutlich auch neue notwendige Regelungen/Gesetze nach sich? (bspw. jemand stiehlt Geld und lädt es auf seine Wallet, bevor er gefasst wird. Jetzt kann man die Person zwar einsperren, aber das Geld ist weg. Deto wenn jemand bspw. einen/mehrere Kredite aufnimmt und dieses Geld in seine Wallet spielt ohne jemals daran zu denken den Kredit zurückzuzahlen. Wieder kann man die Person strafen, aber die Kohle ist weg; gibt hierfür sicher noch andere passende Bsp.)
-) Ich lese immer wieder Vergleiche über den jetzigen Zustand von Bitcoin und das Internet in den 90igern, nämlich dass wir uns noch in den Kinderschuhen befinden. Welche Alltagsthemen denkt ihr werden zukünftig (in z.B. 10Jahren) durch Bitcoin und dessen Dezentralisierung ebenfalls beeinflusst werden?

Danke euch und schöne Grüße,
Beppo

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Ich mache mir keine großen Sorgen:

  • Ja, Bitcoin wird reglementiert. Das verschreckt einige, die auf Anonymität pochen. Die Mehrheit wird das aber nach meiner Einschätzung hinnehmen - die Vorteile sind einfach zu verlockend.

  • Ja, Bitcoin wird volatil bleiben, solange es ein unreglementiertes Spekulationsobjekt ist.

  • Nein, ich glaube nicht, dass es das Zeug hat, eine vollständige Währung zu sein, denn: Für die Geldversorgung der Wirtschaft brauchst Du eine sich gesund (!) ausweitende Geldmenge um das Wirtschaftswachstum auch finanzieren zu können. In einem gesunden Finanzsystem ist die Geldmenge mit dem Produktionskapital und den produzierten Gütern gedeckt, eine Ausweitung ist insofern ok. Bitcoin kann das meines Erachtens nicht vollumfänglich leisten, wird aber Gold als Wertspeicher ablösen, weil es viel besser handelbar und handhabbar ist. Es hat einen Grund, weshalb der Gold Standard gescheitert ist…

genau aber eben dieser grund trifft ja auf bitcoin nicht zu… die staaten können bitcoin nicht aufhalten oder in einem ausmaß kontrollieren wie es bei gold möglich war - eben weil es so einfach handelbar und neutral ist

am ende ist es immer besser in bitcoin zu sparen und wenn ich es mir aussuchen könnte würde ich auch gerne in bitcoin für meine arbeit bezahlt werden - während ich den euro einfach nur los werden will.

das geht am ende nicht auf und führt dazu dass der euro krass gegen den bitcoin verliert, völlig unabhängig davon was der staat für ein wirtschaftssystem bevorzugt, hartes geld ist stärker.

:v:

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Der Gold Standard (= die Gold gedeckte Währung) hatte nichts mit dem privaten Besitz oder dem privaten Handel mit Gold zu tun, das beides tatsächlich längere Zeit verboten war. Und tatsächlich hatte auch hier der Staat kaum eine Handhabe, um das Verbot durchzusetzen.

… war irgendwann aber nicht mehr gold gedeckt. warum? weil der staat überhaupt erst die möglichkeit hatte die deckung aufzuheben. das ist mit bitcoin nicht möglich, da man bitcoin erst gar nicht verbieten kann.

Der Gold Standard hat insofern etwas mit privaten Besitz zu tun als das beispielsweise die 1 Dollar Note ein sog. Silver certificate darstellte. Es stand sogar auf der Note „X dollars in silver coin payable to the bearer on demand“.

Die Denkweise, dass es eine ausweitende Geldmenge benötigt, um Wirtschaftswachstum anzukurbeln, stimmt nur in einer „idealen“ Welt. In der realen Welt wird immer mehr Geld gedruckt (40% of US dollars in existence were printed in the last 12 months // Stand 05/2021 - ja ich weiß Corona etc. der Trend war aber davor schon da). Das Problem ist wir wollen Produktivität in einer Welt messen, in der wir jetzt schon wissen das quasi jegliches Gut (ebenso wie deine und meine (Arbeits)Zeit - also auch die Produktivität die wir erzeugen wollen) morgen weniger Wert sein wird. Die Deflation, welche durch BTC möglich wäre, würde hier eine ganz neue Denkweise schaffen. Ein spannendes Stichwort hierzu lautet Zeitpräferenz. Ich empfehle hierzu das Buch jeff booth the price of tomorrow.

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Völlig richtig - in der Praxis wird mehr Geld gedruckt. Aber auch die dem BTC innewohnende Deflation ist nicht unproblematisch. Ich kenne das empfohlene Buch nicht… Aber geht das auch von einer idealen Welt aus?

Edit… OK, ich lese gerade rein… Sehr interessant - DANKE!

Unternehmen können sich auch ohne neu geschaffenes Geld am Kapitalmarkt finanzieren. Entweder mit Eigenkapital (Unternehmensanteile wie z.B. Aktien), oder mit Fremdkapital (z.B. Anleihen).

Der Vorteil dieses Marktes ist sogar, dass sich die entsprechende Dividende oder der Zinssatz als „Marktpreis“ des Geldes einstellen. Das ist denke ich ein besserer Mechanismus, um gute Unternehmen zu fördern und Zombieunternehmen auszusortieren, als wenn eine Bank die Bonität in manchen Phasen mal mehr und mal weniger anspruchsvoll beurteilt.

Wenn das ausgegebene Geld nur durch das damit finanzierte Produktionskapital gedeckt ist, entspricht das einem Schuldgeldsystem mit Fiat-Geld wie heute.

Das Problem ist, wie schon angesprochen wurde, dass die Staaten damit nicht umgehen können. Wenn es wirklich mal Not tut, wie zu Kriegszeiten, ist es dann plötzlich ok, Geld auch gegen Papiere mit hohem Ausfallrisiko auszugeben. Das ist laut Ingo Sauer der Hauptgrund, der zur Hyperinflation führt.

Selbst bei einer Gold-Deckung oder in einem Vollgeld-System, wären Staat und Zentralbank in schlechten Zeiten versucht, das ganze aufzuweichen. Bei Bitcoin wäre das nicht möglich; es gäbe die Versuchung also erst gar nicht.

Aber sicher, genau dieser Kampf hat doch vor einiger Zeit begonnen und kommt so langsam in die Phase, wo es ernst wird. Es wird mehr und mehr reguliert, durch Börsen-KYC, Wallet-KYC, Begrenzung der transferierten Mengen, neue Pflichten zur Nachverfolgung etc. .

Der Moment, in dem die Staaten kapieren werden, dass sie das nicht in den Griff bekommen können, wird spannend. Entweder spielen sie mit, geben bisherige Vorteile auf, gewinnen aber durch die stabile/deflationäre Währung selbst auch neue und sind vorne mit dabei. Oder sie versuchen es mit Komplettverboten, die technisch nicht durchgesetzt werden können, sondern nur durch eine sehr schwierige Strafverfolgung.

Insbesondere Lightning finde ich in dem Kontext interessant. Hier wird Geld von nicht lokalisierbaren Rechnern über Onion-Routing transferiert, ohne also den Sender und den Empfänger zu kennen. Eine öffentliche Transaktionshistorie gibt es ebenfalls nicht.

Der einzige Hebel, an dem Gesetzgeber und Strafverfolgung ansetzen können, sind Pflichten und Kontrolle für Gewerbetreibende wie Exchanges und Händler, die Produkte oder Dienstleistungen verkaufen. Aber ich vermute wenn immer mehr Menschen verstehen, welche Nachteile das Fiat-System für sie hat und welche Vorteile Bitcoin hat, wird es einen immer weiter wachsenden Schwarzmarkt geben. Insbesondere sobald die Inflation noch stärker anziehen wird.

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