Die Kreditwirtschaft unter einem Bitcoin-Standard

Unter einem Bitcoin-Standard würde sich einiges in puncto Kredite ändern: die Rolle der Banken, Kreditgeldschöpfung und der Zins

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Danke für den Artikel @Tristiano - wie immer sehr interessant.

Basierend auf der Zeitpräferenz würden Kredite auch in ihrer Dauer sehr wahrscheinlich viel kürzer genommen werden. Denn über einen langen Zeitraum ist es schwer den Kaufkraftgewinn den der Bitcoin nehmen würde oder zumindest könnte zu übertreffen, zumal die höheren Zinsen ein exponentielles Wachstum über die Zeit bringen. Das ein Kreditgeber einen niedrigeren Zins über einen längeren Zeitraum (indem die BTC verliehen sind und daher ein Ausfallrisiko besteht) nimmt, als über einen kürzeren, dürfte auch nicht passieren.
Zumal in kurzen Zeiträumen kleinere „Geldpakete“ benötigt werden, als wenn gleich auf 10, 15 oder 20 Jahre geplant wird.

Kurze Zeiträume bedeuten i.d.R. eine bessere Risikoeinschätzung und damit bessere Chancen, Kredite zurückzuzahlen.

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Danke und gerne :slight_smile:

Ich kann mir das auch vorstellen, dass es kürzere Kreditdauern geben würde!

Aber wie im Artikel beschrieben: Der Zins wird auch nicht astronomisch hoch sein, wegen dem Kaufkraftzuwachs des Geldes. Wenn dein Geld beispielsweise 5 % an Kaufkraft pro Jahr zulegt, dann können auch 5 % Zinsen reichen, wenn eigentlich 10 % angemessen gewesen wären ohne die Kaufkraft mit einkalkuliert zu haben.

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Stell dir eine Welt vor mit nur 2 Personen und einer fixen Geldmenge von 100 Geldeinheiten (GE).

Person A besitzt 100 GE.

Person B besitzt 0 GE.

A leiht B 100 GE für 1 Jahr mit 3% Zins p.a…

A lebt 1 Jahr lang völlig autark. A müsste somit nach Rückzahlung 103 GE besitzen, was aber niemals gehen wird, weil ja die Geldmenge fixiert auf 100 GE ist.

A ist sauer auf B. B muss in den Knast oder bei A die Schulden abarbeiten.

Durch Ändern der Anzahl an Personen und Verteilung der GE kann eine solche Situation nicht ausgeschlossen werden.

Unter einem BTC-Standard wird es weiterhin Pleiten geben und das Kreditwesen wird sich drastisch ändern oder sogar verschwinden?!

@Tristiano mega Artikel. Auf den habe ich schon lange gewartet :slight_smile:

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Danke dir!

Ich verstehe aber nicht ganz, was du mit diesem Beispiel aussagen möchtest.

Aber ja, es wird weiterhin Pleiten geben, das Kreditwesen wird sich ändern, aber höchst wahrscheinlich nicht verschwinden.

Meine Interpretation des Beitrags von @asdf wäre, das Kredit und damit verbundener Zins in einer reinen Bitcoin-Welt nicht funktionieren kann. Da durch den Zins die Geldmenge ansteigen muss (da über die Zeit mehr zurückgezahlt werden muss, als geliehen wurde).

So wie unsere Wirtschaft aktuell funktioniert gehe ich mit dem Gedankengang sogar mit - doch unter einem Bitcoinstandard wären die Rahmenbedingungen andere. Der Markt würde diese Kredite und Zinsen automatisch bereinigen, sobald keiner mehr Einspringen kann (da Geldmengenausweitung eben keine Option ist).

Aus meiner Sicht kann es durchaus Kredit geben - aber entweder der Kreditnehmer generiert genügend Einnahmen (durch Produkte und Dienstleistungen, die wirklichen Mehrwert bieten und qualitativ gut sind), um den Kredit zurückzuzahlen. Alternativ geht der Kreditnehmer pleite - und auch der Kreditgeber verliert das nicht zurückgezahlte Geld. Daher wird sich sowohl die Arte wie Kredite vergeben werden als auch das Wesen von Krediten selbst (Tokenisierung?) stark verändern.

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Ich finde den Artikel interessant.
Da die meisten Themen ja nur kurz angerissen werden: Wann kommen die nächsten Artikel, die diese Themen vertiefen?

Es gibt noch einen zweiten Thread zum selben Thema:

Vielleicht wäre es sinnvoll, die beiden Threads zu vereinen? :thinking:

Das meinte ich in meinem Post mit „Themen nur angerissen“ bzw. nicht zu Ende gedacht.

Das, was im Beispiel mit den 100 GE von asdf beschrieben wird, wirft nämlich ein ganz logisches Problem auf, weshalb es in einer BTC-Wirtschaft a la Trstian kein Kreditwesen geben kann.

Ökonomisch betrachtet muss man das ad infinitum denken. Es können ohne Geldschöpfung nur Darlehen vergeben werden, die bereits vorhandene Bitcoin weiter verleihen. Ein Darlehen wird im ökonomischen Kalkül des Kreditgebers immer nur mit Zins vergeben. Daraus entstehen zwei Probleme.

  1. Auf sozialer Ebene sorgt dieses System für eine ständige Umverteilung von unten nach oben. Die Kreditgeber (mithin die Reichen) akkumulieren immer mehr Bitcoin.
  2. Ad infinitum gedacht, funktioniert dieser Prozess aber gar nicht. Es muss ganz logisch dazukommen, dass sich alle Bitcoin bei den Kreditgebern sammeln und die Zinsen können irgendwann nicht mehr beglichen werden, da die BTC alle beim Kreditgeber sind und der Schuldner keine BTC mehr auftreiben kann, um den Kredit zu bezahlen. Kreditvergabe mit (notwendigen) Zinsen muss zu mehr Geld führen oder es ist logisch unmöglich.

Vielleicht übersehe ich aber hierbei etwas?

Es gibt keine BTC-Wirtschaft a la Tristan :smiley:

Dieses Beispiel zeigt nicht, dass es keine Kredite mehr geben wird. Würden wir so argumentieren, dann hätte es auch unter dem Goldstandard ohne Zertifikate keine Kredite gegeben. Da haben die Zinsen auch das Geldmengenwachstum (Gold hat eine Inflation von rund 2%) überstiegen. Und auch heute gibt es Zeitperioden, in denen die Geldmenge nicht steigt.

Kreditvergabe mit Zinsen muss nicht zu mehr Geld führen.

Wenn du dir einen Bitcoin leihst, dann wirst du auch beispielsweise 1,1 Bitcoin in einem Jahr zurückzahlen können. Du musst nur sinnvoll mit dem Geld umgehen können und einen Mehrwert schaffen.

Man kann argumentieren, dass die Reichen ja nur mehr Bitcoin so akkumulieren, weil sie das Geld Risiken aussetzen indem sie es verleihen. Und wenn man sein Geld Risiken aussetzt, dann kann man es auch wieder verlieren.

@Terra @BessereZukunft

Ja, das Geld sammelt sich bei denjenigen, die am Effizientesten sind das Geld einzusammeln.
Ich würde nicht sagen von unten nach oben, denn die Reichen leute haben auch einen ausgeschweiften Lebenstiel und damit ist das Geld auch sehr schnell wieder weg.

Und @asdf
Deine Geschichte hat leider einen Denkfehler: Es stimmt zwar, dass theoretisch mehr Geld zurückgegeben werden muss als existiert, allerdings gehst du in deinem Extrembeispiel nicht darauf ein, dass es um Geld geht und der Wert des Geldes durch Handel bestimmt wird.

Wenn die beiden einzigen Personen in der Geschichte also nie miteinander handel betreiben außer dass sie den Kredit aufnemen/ausgeben, dann hast du recht dass der Kreditgeber etwas unmögliches verlangt, da ja bei herrausgabe der 100 GE schon fest steht, dass 103GE zurückgezahlt werden sollen obwohl es nur 100GE existieren.

Dieser Handel zwischendurch ist aber entscheidend. Denn ein Jahr lang kaufen sich die beiden Personen wieder ständig was ab, und bei diesem geben und nehmen bekommt der Kreditgeber insgesammt 3 GE mehr als ihm eigentlich durch den Handel zustehen würden.
Der Kredit ist also mit Sachleistungen bezahlt worden die 3 GE entsprechen. Dafür müssen nicht 103 GE existiert haben, die 100 GE reichen dafür komplett aus.

Auch im Fiat stimmt es nicht, dass die Banken dadurch immer reicher werden weil die Zinsen exponentiell mehr werden. Denn die Banken vollziehen eine Dienstleistung (Geld leihen) und werden dafür mit 3% vom verleihwert bezahlt. Davon müssen sie Miete für die Filialen, Angestellte, Strom usw bezahlen. Das heisst dieses Geld geht auch wieder im Umlauf und bleibt nicht einfahc bei der Bank.

Dieses Beispiel wird oft als Ursache der Geldmengenausweitung genommen, ist aber eigentlich falsch. Die Geldmengenausweitung in Fiat kommt nur dadurch zustande, dass immer mehr leute Kredite aufnehmen und dass Das Geld aus dem Nichts erzeugt wird. Eine Ursache ist die Geldpolitik der zentralbank, dass die Leitzinsen um 0% sind, also das leihen von Geld quasi kostenlos ist.

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Es gibt bereits vertiefende Artikel, wie den über Deflation.

Was würdest du dir denn wünschen zur Vertiefung?

Nein, das ist kein valides Argument. Eine Welt, in der es temporäre Geldmengenschrumpfung gibt, ist keine BTC-Welt. Eine BTC-Welt ist eine Welt, in der die Geldmenge fix ist.
Auf individueller Mikroebene kann ich natürlich die 1,1 BTC zurückzahlen. Auf der Makroebene, die die Gesamtheit aller Marktteilnehmer umfasst, geht das logisch nur dann, wenn noch genügend „freie“, d.h. im Umlauf befindliche, BTC existieren.
Wenn es also keine vollständige Transparenz darüber gibt, wie viel BTC als Kredit vergeben sind und sich zudem alle Marktteilnehmer streng kollektiv rational verhalten, kommt es zur Liquiditätsfalle, weil es nicht genügend freie BTC gibt, die die Annuitäten begleichen könnten.

Btw, dass die Reichen das Geld wieder unter die Leute bringen (trickle down economics) gilt als empirisch widerlegt.

Aber wir sind uns doch einig, dass nur ein Bruchteil der BTC verliehen sein wird für die Leute, die nutzenstiftende Sachen damit machen.
Dann ist es doch kein Problem für diese Akteure, wenn sie gute Arbeit machen, an die nicht verliehenen Bitcoin der Menschen zu kommen.

Wie würdest du dann erklären, dass es Kreditvergabe unter einem Goldstandard gab, als noch nicht auf Zertifikate zurückgegriffen wurde?

Zu dem Thema, dass Reicher reicher werden würden: Meiner Meinung nach ist Bitcoin die beste Möglichkeit, mehr Gerechtigkeit in die Welt zu bringen auch wenn Reiche immer reicher werden würden. Wichtig ist doch, dass es den ärmeren immer besser gehen wird und da denke ich, dass ein Geld in dem man sparen kann da helfen kann.
Hast du denn eine bessere Alternative?

Mmh, ich gehe in diesem Punkt nicht 100%ig mit. Aus meiner Sicht ist „sinnvoll“ eine normative Kategorie. Die passende ökonomische Kategorie bei der Vergabe von Krediten ist mE Rendite. Es werden genau so viele Kredite vergeben, wie es renditeträchtige Kreditnehmer gibt. In einer BTC-Welt ist das allerdings durch die Menge an zur Kreditvergabe zur Verfügung stehenden BTC limitiert. Ökonomisch betrachtet würde also die renditestarke Rüstungsindustrie in Indien einen Kredit bekommen und die renditeschwache Kinderklinik nebenan nicht (weil das Kreditangebot ja eben nicht elastisch ist). Oder warum sollte das in der BTC-Welt anders sein?
Und wie gesagt muss man das ad infinitum denken, also bis in die Unendlichkeit. Und dabei akkumulieren sich die BTC in den Händen weniger (oder weniger Länder wie im Goldstandard), weil sie immer mehr Zinsen und Zinseszinsen einsacken. Da braucht es schon ein echtes Argument, warum das nicht passieren sollte.

Der Goldstandard ist mE nur ein hinkender Vergleich. Zum einen war die Welt vor 100 Jahren eine andre als heute. Gold wurde immer weiter „geschöpft“, das geht bei BTC nicht. Und naja, es gibt ja gute Gründe, weshalb der Goldstandard bzw. Golddeckungen nicht dauerhaft funktioniert haben (s. oben Akkumulation). Hier muss man sich schon einmal die Mühe machen, hinzugucken, warum diese Systeme nicht persistent sind. Und zwar unter einer ökonomischen Linse die Dysfunktionalitäten benennen und diese ggf. beheben.

Ich selbst bin auch von dem Gedanken überzeugt, dass sehr viel Geld nur zu noch mehr Geld führen kann.

Allerdings konnte ich das Argument, dass auch reiche Familien ihre Vermögen über Jahrhunderte verlieren würden (z.B. wegen Krisen), nicht widerlegen. Ich kenne weder Untersuchungen, die den Anteil der „absteigenden“ Familien aufzeigen, noch Untersuchungen, die zeigen, das superreiche Familien nie wieder verarmten. Du?

Ich würde das Thema etwas anders betrachten.
Dass es auf einer individuellen, z. B. Familienebene, immer mal wieder Auf- und Absteiger gibt, ist unstrittig. Allerdings ist damit das Problem der Akkumulation keineswegs gelöst. Es stellt vielmehr die Ausnahme der Regel dar.
Die Regel lässt sich mE aus empirischer Sicht (Vermögenskonzentrationen weltweit) als auch auf theoretischer Ebene (Zinsenzinseffekt) gut validieren.

Die Frage, die wir uns im Kontext einer BTC-Welt stellen müssen, ist, wie kann man verhindern, dass das noch schlimmer wird? Tristan hatte bereits in seinem Artikel herausgearbeitet, dass die Zinsen in der BTC-Welt deutlich höher (2% vs 12%?) ausfallen werden (fehlende Elastizität des Kreditangebot, Zeitpräferenz, selbstverstärkende Effekte des Kapitalsparens). Daraus lässt sich auf dem ersten Blick nur der Schluss ziehen, dass höhere Zinsen zu einer viel schnelleren und massiveren Anhäufung bei den Habenden führen wird.
Mir fällt zumindest kein Gegenargument ein?!

Das kann man spaßeshalber mal in einem Renditerechner durchrechnen. Der Effekt des höheren Zinses ist ganz enorm.

Als erster Impuls würde mir das Anreizsystem in den Sinn kommen, welches zu ganz anderen Ergebnissen führen sollte (weshalb ein langsamer Umstieg auch wichtig wäre).
Heute wird Schulden machen belohnt - egal ob Konsum oder Investitionsschulden und egal ob man das versteht oder nur gefühlsmäßig nutzt. Firmen machen das gezielt, da ihre Schulden im Laufe der Zeit entwerten. Aber selbst die Teile der Bevölkerung, die zunehmend konsumieren und sich sogar dafür verschulden, gehen diesem Effekt nach - einfach weil das Anreizsystem dafür da ist (heute ist Geld mehr wert als „morgen“ → „morgen“ im Sinne von in der Zukunft).

Dieser Anreiz verkehrt sich in einer bitcoinisierten Welt ins Gegenteil. Folglich profitieren weder Firmen noch Privatpersonen davon einen Kredit zu nehmen - es sei denn, sie sehen hervorragende Chancen, profitabler zu werden und daher auch inkl. Zinsen mehr Bitcoin zu verdienen. Wir würden also wahrscheinlich sehr viel weniger Kredite sehen - aber es ist eben nicht ausgeschlossen.
Die Welt läuft dann zu großen Teilen nicht mehr auf Pump sondern auf aufgebauten Werten - und einen kleinen Anteil an Kredit und die damit verbundenen Zinsen führen eben nicht zu einer Geldmengenauswertung, zumal Fehlallokationen/Pleiten durch den Markt bereinigt werden.

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Lieber Terra,

ich sehe deine Bedenken, aber ich frage mich, wofür du argumentierst. Findest du es aktuell besser oder denkst du, dass es noch eine bessere Alternative geben könnte?

Aktuell sehen wir, dass die Reichen immer reicher werden, weil sie Vermögenswerte (Immobilien, Unternehmen) haben. Die armen haben maximal ein bisschen Cash, das mit der Zeit entwertet.
Alleine schon die Tatsache, dass das Cash an Wert gewinnen würde mit Bitcoin als Geld und dass Vermögenswerte es schwieriger haben würden könnten, wäre doch eine Verbesserung.

Die Zinsen wären vermutlich auch nicht astronomisch hoch, da die Nachfrage nach Krediten nicht sehr hoch wäre und der Kaufkraftzuwachs niedrigere Zinsen rechtfertigt.